Gewalt im Berliner Fußball: Hertha-Schiedsrichter bewusstlos geprügelt
Nach einem Faustschlag durch einen Spieler verliert Hertha-Schierdsrichter Gerlad Bothe sein Bewusstsein. Er verschluckte seine Zunge erstickt beinahe, doch er hat Glück im Unglück. Der Angreifer hat mit Konsequenzen zu rechnen.
In einem Spiel der Senioren-Landesliga eskalierte die Gewalt. Nach zwei Elfmeterpfiffen und einem Platzverweis in der Partie zwischen Medizin Friedrichshain und TSV Helgoland bekam auch Hakan. G in der 83. Minute die Gelb-Rote Karte wegen Meckerns. Wie das Fachmagazin Fußball-Woche berichtete, rastete der Helgoland-Spieler daraufhin aus und versetzte Schiedsrichter Gerald Bothe (Hertha BSC) einen schweren Faustschlag. Bothe fiel um und verlor das Bewusstsein.
Glücklicherweise war sofort professionelle Hilfe zur Stelle: Ein Spieler aus dem Team von Medizin Friedrichshain ist Pflegedienstleiter der Rettungsstelle in einem Berliner Krankenhaus. Weil Bothe seine Zunge verschluckt hatte, musste der ausgebildete Rettungssanitäter den Unparteiischen vor dem Ersticken retten. Das Spiel wurde abgebrochen und Gerald Bothe wurde ins Klinikum Friedrichshain gefahren. Nach der Behandlung verließ er auf eigenen Wunsch das Krankenhaus. Einen Tag später wurde Bothe wegen starker Schmerzen wieder eingeliefert, die Ärzte diagnostizierten Blutungen im Kopf.
Der Hertha-Schiedsrichter hat Strafanzeige gegen den Angreifer stellt. Gerd Liesegang, Vizepräsident des Berliner Fußball-Verbands (BFV), bestätigte das und sagte: "Wir leisten Schiedsrichtern in solchen Fällen rechtlichen Beistand."
Liesegang zeigte sich entrüstet. Fälle wie dieser seien zwar nicht die Regel, gerade im Seniorenbereich (Ü32) habe man aber Probleme mit körperlicher Gewalt. Als Grund hierfür sieht er eine "verlorene Generation". Diese habe sich schon als junge Spieler miserabel aufgeführt, da man ihre Erziehung auf dem Feld vernachlässigt habe. "Viele tun so, als sei der Fußballplatz ein rechtsfreier Raum." Mit den Jahren habe sich das aber gebessert, so Liesegang. Grundsätzlich seien die größten Probleme mittlerweile – auch in der Jugend – verbale Gewalt und Respektlosigkeit. Darin spiegele das Miteinander auf dem Feld den Umgang im Alltag wider, so der BFV-Mann.
Der Verein Medizin Friedrichshain fordert ein hartes Vorgehen gegen den Spieler. Hakan G. müsse vom Verband auf die Schwarze Liste gesetzt werden. Dann dürfte er in keinem Verein des BFV mehr spielen. Ähnlich sieht das auch der Vereinsvorsitzende von TSV Helgoland, Marcus Becker. "Den Spieler sofort aus dem Verein auszuschließen", sei sein erster Gedanke, schrieb Becker im Fußball-Forum "Die Fans". Nach einem Telefongespräch mit Liesegang werde er das bis zur Sportgerichtsverhandlung aber nicht tun. Das Gericht könne über vereinslose Spieler nämlich nicht urteilen, so Becker weiter. Hakan G. solle "seine gerechte Strafe" bekommen und sei vom Trainings- und Spielbetrieb ausgeschlossen.
Hierin sieht Liesegang eine positive Entwicklung. "Früher hätten Vereine ihre Spieler auch in solchen Fällen noch geschützt. Mit den Jahren hat sich aber auch bei ihnen die Einsicht durchgesetzt, dass man grundsätzlich gegen Gewalt vorgehen muss, auch wenn eigene Spieler die Schuldigen sind."
Rund 35 000 Amateurfußballpartien werden in Berlin pro Saison ausgetragen. Abgebrochen werden davon jährlich rund 65 Spiele; etwa die Hälfte davon wegen Gewalt oder Pöbeleien. Negativrekord der vergangenen Jahre war die Saison 2001/2002, in der 109 Partien vorzeitig beendet worden sind.