Noch viele Karten für das erste Heimspiel zu haben: Hertha BSC braucht Fortschritte, Fans warten ab
Erstmals seit Oktober 2020 spielt Hertha im Olympiastadion vor Zuschauern. Für die Partie gegen Wolfsburg meldet sich Davie Selke zurück.
So einige Spiele mit Zuschauern hat es für Hertha BSC in den letzten Wochen schon gegeben. Da war etwa das 4:3 gegen den FC Liverpool in Innsbruck in der Vorbereitung vor 12 000 Fans. „Von der Stimmung her hast du gedacht, dass es Champions League ist“, sagt Trainer Pal Dardai. Auch in den ersten Pflichtspielen beim SV Meppen und dem 1. FC Köln war viel los. „Die Menschen wollen wieder in die Stadien“, sagt Dardai.
Am Samstag gegen den VfL Wolfsburg (15.30 Uhr, live bei Sky) trägt Hertha erstmals seit Oktober 2020 ein Heimspiel in der Fußball-Bundesliga vor Zuschauern aus. Auch hier wollen die Menschen wieder ins Stadion – allerdings wohl weniger als zugelassen sind. Beim Ticketkauf zeigt sich deutliche Zurückhaltung.
„Wir würden uns freuen, wenn das Stadion voll ist“, sagt Sportdirektor Arne Friedrich. Und ergänzt: „Wir freuen uns über jeden Einzelnen.“
15 000 Tickets waren bis Donnerstag verkauft worden, insgesamt 25 000 Zuschauer sind im Olympiastadion erlaubt. Für den Zutritt gilt die 3G-Regel – Getestete, Geimpfte und Genesene dürfen ins Stadion, wenn sie einen Nachweis vorlegen können. Fans können sich im Stadion impfen lassen.
Zudem verteilt Hertha für die Partie 500 Freikarten an Menschen, die sich während der Coronavirus-Pandemie besonders für das Gemeinwohl eingesetzt haben. Im Rahmen der Aktion stehen in dieser Saison insgesamt 5000 Tickets zur Verfügung.
In der Saison 2018/19 – in der zum vorerst letzten Mal bis zum Ende Zuschauer zugelassen waren – lag Herthas Schnitt bei gut 47 000 pro Spiel. Nun ist der VfL Wolfsburg seit jeher nicht der Gegner, der dem Heimteam das Stadion allein durch seinen Namen füllt.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]
Aber vor zwei Jahren kamen zu Herthas erstem Heimspiel der Saison gegen den VfL 42 000 Fans. Auch sonst waren es oft um die 40 000. „Man muss berücksichtigen, dass die Menschen aktuell verständlicherweise noch ein bisschen vorsichtig sind“, sagt Friedrich.
Es herrscht generell eine gewisse Zurückhaltung, wie sich zum Saisonstart am vergangenen Wochenende zeigte. Nur vier von neun Vereinen schöpften die maximal zugelassene Kapazität voll aus, in Wolfsburg beispielsweise kamen dagegen nur gut 8500 Besucher. Die lange Stadionpause für die Zuschauer und die nun schrittweise Gewöhnung an das früher Selbstverständliche sind ein Grund für leere Plätze.
Hertha BSC hat zuletzt viel Kredit verspielt
Allerdings muss gerade Hertha BSC auf der anderen Seite einiges an Kredit beim Anhang zurückgewinnen. Die vergangene Saison hatte fast mit dem Abstieg geendet, auch in der Spielzeit zuvor ging es im Klub öfter drunter und drüber.
Nun also soll es viel besser werden. Wurde es in Köln auch – für etwa 30 Minuten. Da sah es sehr gut aus, was Hertha, zu dem Zeitpunkt 1:0 in Führung, anbot. Dann kam der Gegner auf und Hertha – eine Parallele zu zahlreichen Spielen der letzten Saison – tauchte weitgehend ab. Am Ende hieß es 1:3.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Dies zu ändern, sei ein „Lernprozess“, sagt Dardai. Es wäre hilfreich, wenn die Mannschaft schnell lernt und Punkte holt. Denn nach dem Heimspiel gegen Wolfsburg reist das Team zum FC Bayern München, danach steht bereits die erste Länderspielpause an.
Nach der Niederlage in Köln kritisierte Dardai Offensivspieler Matheus Cunha, dessen Spiel irgendwann nur noch wenig mit den taktischen Vorgaben zu tun hatte, zunächst öffentlich.
Unter der Woche bat er ihn zu einem persönlichen Gespräch und hat dort noch einmal seinen Unmut geäußert: „Das war nicht nett, das war ehrlich. Aber wir sind Freunde wie früher.“ Am Donnerstag betonte Dardai dann, er hoffe, „dass sich am Wochenende keiner einen Spaziergang leistet bei uns“.
Cunhas Einsatz in der Startelf offen
Matheus Cunha hatte in der Woche zwischenzeitlich wegen Oberschenkelproblemen ausgesetzt. Nun ist er laut Dardai fit. Ob der Brasilianer aber gegen Wolfsburg erneut von Anfang an aufläuft, ließ der Trainer offen. Ob Cunha zukünftig überhaupt noch für Hertha aufläuft, gilt ebenfalls als offen.
Immer wieder wird über Interesse von Vereinen aus dem Ausland am Olympiasieger berichtet, zuletzt wurde Atletico Madrid genannt. Sportdirektor Friedrich sagte, dem Verein würden keine Anfragen vorliegen.
Währenddessen lobte Dardai einen Spieler überschwänglich, der in Köln wegen einer leichten Gehirnerschütterung gefehlt hatte und jetzt ein heißer Kandidat für die Startelf ist: Davie Selke. „Davie hat im positivsten Sinne einen Dachschaden. Er will unbedingt spielen. Ich bin froh, dass wir solch ein Mentalitätsmonster haben. Das tut unserer Mannschaft gut. Wir brauchen ihn.“