zum Hauptinhalt
Helmut Marko spricht mit Sebastian Vettel.
© dpa

Formel 1: Helmut Marko: „Toto Wolff werden wir nicht mal ignorieren“

Helmut Marko, Motorsportberater von Red Bull, spricht im Interview mit dem Tagesspiegel über den Zoff zwischen Red Bull und Mercedes und Vettels neuen Teamkollegen.

Herr Marko, Mark Webber wird Ihr Team nach der Saison verlassen. Bringt die ungeklärte Fahrersituation weitere Unruhe?

Nein, es war ja zumindest dem Boss schon länger bekannt. Wir hatten ja angekündigt, dass wir uns im Sommer entscheiden würden.

War die Affäre in Malaysia, als Sebastian Vettel die Stallorder ungestraft missachtete, für Webber der letzte ausschlaggebenden Faktor?

Das weiß ich nicht, aber man muss bedenken, dass Mark 36 Jahre alt ist. Er tritt auf dem Höhepunkt seiner Leistung ab und findet ein tolles anderes Betätigungsfeld. Ich halte das für eine bewundernswerte Entscheidung, denn die meisten übersehen diesen Zeitpunkt und gehen erst dann, wenn sie keine richtigen Angebote mehr bekommen.

Begrüßen Sie die Entscheidung auch, weil nach den Vorfällen von Malaysia die Paarung Vettel/Webber für Sie kaum noch zu moderieren gewesen wäre?

Malaysia hat die Teamharmonie schon etwas gestört. Aber man muss es ja auch so sehen: Malaysia war vielleicht der Höhepunkt. Dass das Verhältnis zwischen den beiden Piloten nicht das beste war und ist, ist ja bekannt. Aber mit der Entscheidung von Mark, sich im nächsten Jahr mit Porsche in der Sportwagen-Welt zu bewegen, hat sich das ja sowieso erledigt.

Red Bull hat immer viel Wert auf Kontinuität im Team gelegt, jetzt bricht ein wichtiger Faktor weg. Ist das eine Schwächung?

Wir haben drei Mal die Konstrukteurs- WM gewonnen, das heißt, dass beide Fahrer entsprechende Leistungen bringen müssen. Mark war ein harter Gegner für Sebastian, der auf gewissen Strecken fast unschlagbar war und der ihn auch gefordert hat. Da einen adäquaten Ersatz zu finden, der auch teamintern entsprechend hart arbeitet, das ist jetzt unsere Aufgabe. Darum müssen wir schauen, dass wir da die richtige Person finden. Aber wir übereilen nichts, werden uns alle Faktoren und Komponenten genau anschauen und alle entscheidenden Parameter berücksichtigen.

Der Lotus-Pilot Kimi Räikkönen und die beiden Toro-Rosso-Piloten Ricciardo und Vergne stehen auf der Liste weit vorne. Wäre Räikkönen die Idealbesetzung?

Kimi ist sicher eine Bereicherung. Idealbesetzung, das ist schwer zu sagen, denn es gibt da ja eben mehrere Punkte zu berücksichtigen. Aber, wie gesagt, wir haben Zeit und wir studieren das in Ruhe.

Ist ein Punkt, dass Räikkönen kein Freund von PR-Arbeit ist? Wie weit könnte Red Bull ihm da entgegenkommen?

Gewisse Verpflichtungen gibt es nun einmal. Wir sind inzwischen wohl eines der am besten mit Sponsoren ausgestatteten Teams, und Sponsoren wollen eine Gegenleistung. Da muss das Verhältnis dann auch stimmen.

Haben Sie die Probleme mit der Abnutzung der Reifen inzwischen im Griff?

Zu dieser Saison: Haben Sie die Probleme mit der Abnutzung der Reifen inzwischen so im Griff, dass keine unliebsamen Überraschungen mehr zu erwarten sind?

Das würden wir nicht behaupten. Bereits geringe Temperaturänderungen oder andere Veränderungen, zum Beispiel der Windrichtung, können eine andere Beanspruchung bedeuten.

Sehen Sie sich dennoch als Favoriten für den Rest der Saison?

Wir sind gut aufgestellt, aber ich muss halt auch nur auf letztes Jahr verweisen. Da lagen wir nach Monza 44 Punkte hinten und haben die WM gewonnen. Jetzt sind noch zwölf Rennen und es sind nur 36 Punkte Vorsprung. Aber wir gehen immer mit der gleichen Einstellung heran: Das nächste Rennen so gut wie möglich abzuschließen und dann sehen: Wo stehen wir, müssen wir noch mehr nachlegen? Das ist Teil unserer Rennkultur, dass wir permanent weiterentwickeln, manchmal in größeren Schritten, manchmal in kleineren. Aber es gibt keine Veranstaltung, wo wir nicht mit irgendwelchen Neuigkeiten kommen.

Sie haben voriges Jahr gesagt, Sebastian Vettel werde immer noch stetig besser. Hat er sich auch 2013 noch einmal gesteigert?

Er ist noch einmal besser geworden. Das an einzelnen Punkten festzumachen ist allerdings nicht so leicht. Aber er wird nächste Woche 26, das ist für Formel-1-Verhältnisse sehr, sehr jung – vor allem mit drei WM-Titeln. Ich glaube, das beste Beispiel war das Rennen in Kanada. Das war von dem einen leichten Mauerkuss abgesehen eine absolut perfekte und dominante Vorstellung, die ausdrückt, wie er als Gesamtes, als Fahrer und als Person, weiter gereift ist. Und ich sehe noch immer nicht den Zenit.

Wie sind die Red-Bull-Perspektiven für 2014, wenn größere Regeländerungen anstehen als in den letzten Jahren?

Wann immer eine drastische Regeländerung gab, war ein Auto unseres Designers Adrian Newey vorne. Nur spielt diesmal das ganze Thema Motor-Antriebsstrang natürlich eine sehr zentrale Rolle. Aber wir sind da zuversichtlich, die Zusammenarbeit mit Renault wurde intensiviert. Renault ist relativ weit, und wir haben auch den Status innerhalb der Kooperation, dass wir ganz klar das Nummer-eins-Team sind, was bei so einer Neuentwicklung ganz wichtig ist. Man kann nicht immer Änderungen sofort auf drei oder vier Teams übertragen.

Herr Marko, als erfolgreichstes Team der vergangenen Jahre hat Red Bull offenbar inzwischen mehr Feinde als Freunde.

In Österreich sagt man, Neid muss man sich hart verdienen. Und wer sehr lange vorne ist und noch dazu keinen automobilen Hintergrund oder eine entsprechende Historie hat, der hat es mit der Dauer der Erfolge immer schwerer.

Ihr Lieblingsgegner ist derzeit Mercedes. Ihr Landsmann und Konkurrent Toto Wolff hat gesagt, Mercedes dürfe nicht ewig einem Brause-Hersteller hinterherfahren.

Solche unqualifizierten Äußerungen ignorieren wir nicht einmal – wortwörtlich bitte!

Sie selbst waren höchst verärgert über das Ihrer Meinung nach zu milde Urteil in der Testaffäre um Mercedes.

Das ist vorbei und abgehakt. Aus, Schluss – damit beschäftigen wir uns jetzt gar nicht mehr.

Karin Sturm

Zur Startseite