Eishockey: Hart wie Eisen
Die Kanadier schwärmen für den robusten deutschen NHL-Profi Christoph Schubert, weil er die Aggressivität ihres Nationalsports Eishockey repräsentiert.
Das freut die Fans: Er ist noch keine fünf Sekunden auf dem Eis, da sprintet Christoph Schubert schon mit kräftigen Schritten quer übers Spielfeld und wirft sich mit voller Wucht auf den Gegner. Einen Spieler der New Jersey Devils, der sich rasant dem Tor von Schuberts Ottawa Senators näherte, bringt Schubert mit kämpferisch gebeugter Schulter frontal zum Halt. Kurz darauf bremst der blonde Hüne mit den breiten Schultern krachend einen zweiten Kontrahenten auf gleiche Weise aus. Die 20 000 Zuschauer im ausverkauften Scotiabank-Stadion in der kanadischen Hauptstadt Ottawa jubeln.
„Von diesem Kaliber bräuchten wir mehr Spieler", sagt Sportreporter Glenn Kulka. „Der Mann geht ran, spielt hervorragend, und er hat keine Hemmungen.“ Und genau aus diesem Grund sind die Kanadier so begeistert von dem Importspieler aus Deutschland, dessen fremd klingenden Namen der Verein zum besseren Verständnis immer auch in Lautschrift angibt: KRIHS-tawf SHOO-burht. Schubert spielt einfach hart und mit vollem Körpereinsatz – „hard as nails“. Was das bedeutet, hat Schubert vor dem Spiel im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärt: „Es gehört für mich einfach dazu, dass es auf dem Eis ein bisschen härter zugeht.“ Darin sieht der 26-jährige Bayer, der vor sieben Jahren aus München den Sprung nach Kanada wagte und inzwischen zum Stammpersonal der Senators gehört, einen der wichtigsten Unterschiede zwischen deutschem und kanadischem Eishockey. „In Deutschland schreiten die Schiedsrichter beim Einsatz von Körperspiel immer gleich ein“, sagt er. „Das ist schade, denn es macht das Spiel kaputt.“ In der nordamerikanischen Profiliga NHL hingegen können die Spieler sich ungebremster am Gegner reiben – sehr zur Freude von Schubert, der mit seinen 192 Zentimetern und einem durchtrainierten 100-Kilo-Körper auch ohne die voluminöse Eishockeyausrüstung einen imposanten Eindruck macht.
Schubert bekommt für seinen Einsatz ein Jahresgehalt von 870 000 Dollar. Das ist wenig verglichen mit dem Gehalt vieler seiner Teamkameraden, von denen 14 mehr als eine Millionen Dollar und bis zu 6,5 Millionen Dollar verdienen. Trotzdem lieben die Fans Schubert. Und Schubert liebt Kanada.
Aus seiner Sicht ist es das Traumland für einen Eishockeyspieler. Vor allem, weil der Sport tief in der Kultur des Landes verankert ist: „Das ist wie in Deutschland mit dem Fußball – jedes Kind, das hier aufwächst, kriegt sehr früh eine Eishockey-Ausrüstung in die Hand“, sagt Schubert. Die Zahl der offiziell registrierten Eishockeyspieler wird in Kanada mit einer halben Million angegeben. Die Sportart wird sogar mit einer Hockey-Szene auf dem kanadischen 5-Dollar-Schein gewürdigt. Christoph Schubert fühlt sich an die eigene Jugend erinnert, in der ihn seine Eltern unterstützten und in der jede freie Minute dem Eishockey gewidmet war. „Ab und zu würde es mich schon reizen, mal wieder einfach auf einen Weiher zu gehen und ein bisschen rumzuhauen“, sagt er.
Wer in Kanada herumfragt, wieso Eishockey hier die alles dominierende Sportart ist, hört vor allem von älteren Kanadiern immer wieder nostalgische Geschichten aus der eigenen Jugend, in denen die klaren, kalten Wintertage und das Hockeyspiel im Park um die Ecke die Rede ist. Außerdem schwärmen viele vor allem wegen des großen Unterhaltungswertes und der Authentizität der Zusammenstöße für Eishockey. „Es gibt mehr Action und es fallen mehr Tore als beim Fußball“, sagt ein Senators-Fan. „Und unsere Spiele täuschen keine Verletzungen vor wie Eure Fußballer, sondern das ist hier alles echt.“
Aller Freude über die kanadische Hockeybegeisterung zum Trotz: Schubert denkt inzwischen oft darüber nach, wieder nach Deutschland zu kommen. „Ich hoffe, dass ich noch so lange gesund bleibe, um hier vier, fünf, sechs Jahre weiter in Kanada spielen zu können - solange es mein Körper mitmacht“, sagt er. „Aber ich will auf jeden Fall meine Karriere in Deutschland beenden. Das habe ich zu wenig genossen, gerade mal zwei Jahre.“ Die Entwicklung der deutschen Eishockey-Landschaft verfolgt Schubert mit Freude, wie er sagt. Die Arbeit der deutschen Nationalmannschaft unter Bundestrainer Uwe Krupp findet der NHL-Profi schlicht „überragend“: „Uwe macht einen sehr guten Job, er fördert junge Spieler hervorragend und gibt ihnen das nötige Selbstvertrauen.“ Bei der Eishockey-WM, die im Mai in Kanada stattfindet, könnte Deutschland gut abschneiden: Wenn sich die Nationalmannschaft weiter so entwickelt wie bisher, „hat Deutschland gute Chancen, ins Viertelfinale zu kommen“.
Schubert selbst wird in dem Fall jedoch dazu nicht beitragen, wie er einschränkt: „Ich würde gerne mal wieder für Deutschland spielen – aber in diesem Jahr schaut es schlecht aus.“ Solange die Senators es noch in die Play-offs schaffen und um den Meistertitel, den Stanley, Cup mitspielen können, will Schubert seinem Team die Treue halten – was wahrscheinlich bedeutet, dass er an der WM nicht teilnehmen kann. Die Wahl fällt ihm nicht leicht, sagt er, aber der Stanley-Cup sei nach allem, was er bisher erreicht hat, „der letzte große Traum, den ich noch habe“.
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