Mehr als sechs Milliarden Steuergeld: Hamburg plant Olympia als Bundesjugendspiele
11,2 Milliarden Euro sollen die Olympischen Spiele 2024 in Hamburg kosten – mehr als die Hälfte davon soll vom Bund kommen.
Auch das beherrschende Thema dieser Tage hat für Hamburgs Ersten Bürgermeister etwas mit den Olympischen Spielen 2024 zu tun. Sehr viel sogar, wenn es nach Olaf Scholz geht: „Wir brauchen Wachstumsprozesse, um Flüchtlingen eine Zukunft in unserer Stadt zu bieten“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Bürgermeistersaal des Rathauses. Das größte Sportfest der Welt soll zum Motor dieser Entwicklung werden. Scholz sagte: „Wir brauchen den olympischen Boom, um ihnen eine Perspektive zu schaffen.“
Mit dieser Verknüpfung beugte er geschickt unausgesprochenen Sorgen vor, die Stadt könne sich mit Flüchtlingsunterbringung und Olympischen Spielen übernehmen. 6000 Flüchtlinge sind allein im September in Hamburg aufgenommen worden. „Mit unserer Finanzkraft können wir das stemmen“, versprach Scholz, der auch wie gehabt verdeutlichte, dass Olympische Spiele in Hamburg vor allem ein gigantisches Projekt zur Stadtentwicklung seien: Ohne sie werde es keinen Wohnungsbau auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook geben. Dort soll das zentrale Olympiagelände entstehen.
Was es kosten wird, den „olympischen Boom“ zu erzeugen, weiß die Öffentlichkeit nun. Fast 700 Bauprojekte hat die Steuerungsgruppe über Monate bepreisen lassen. Fünf bis sechs Millionen Euro sind für diese Planungen ausgegeben worden. Daraus ist der 114 Seiten starke und sehr detaillierte „Finanzreport für Olympische und Paralympische Spiele in Hamburg“ entstanden. 11,2 Milliarden Euro soll die Großveranstaltung in neun Jahren demnach kosten (die Spiele von London hatten insgesamt 13,8 Millionen gekostet. Auf den deutschen Steuerzahler entfielen 7,4 Milliarden Euro. Die Einnahmen sollen bei 3,8 Milliarden Euro liegen, davon kommt eine Milliarde Euro als Garantiesumme vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Hamburg übernimmt nach diesen Berechnungen 1 bis 1,2 Milliarden Euro.
Diese Summe teilt sich nach dem möglichen Zuschlag vor Paris, Los Angeles, Rom und Budapest in Lima im September 2017 auf 200 Millionen Euro von 2018 bis 2024 auf. „200 Millionen pro Jahr sind unsere absolute Obergrenze“, sagte der Erste Bürgermeister und spielte den Ball damit zur Bundesregierung weiter. Denn der Löwenanteil der Kosten soll nach Hamburger Verständnis aus Berlin kommen – mindestens sechs Milliarden Euro. Die Abstimmung mit dem Bund über die Kosten soll „ohne Druck und Eile“, so Scholz, bis Februar 2016 abgeschlossen sein. Ohne eine Bundesbeteiligung an den Olympia-Kosten in dieser Höhe zöge Hamburg die Bewerbung zurück. Scholz sagte: „Der Bund wird sich unsere Unterlagen noch zehnmal durchschauen. Ich würde keine Bewerbung abgeben, die die Finanzkraft der Stadt überfordert.“ Er wird es sicher gerne gehört haben, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Austragung der Olympischen Spiele 2024 für wichtiger hält als die der Fußball-EM.
Scholz schloss aus, dass für Olympische Spiele in Hamburg Schulden gemacht, Kitas geschlossen oder schon geplante Straßen und Wohnungen nicht gebaut würden. „Wir werden Olympische Spiele nicht zu Lasten anderer wichtiger Dinge veranstalten.“ An der Stichhaltigkeit der vorgelegten Zahlen ließ er keine Zweifel: „Das sind die am besten durchgerechneten Olympischen Spiele ever.“ Preissteigerungen und die Inflation seien berücksichtigt worden. Dadurch stehe manches Projekt „doppelt so teuer in den Rechnungen“, als es zu heutigen Preisen üblich sei, sagte Scholz – schöne Grüße von der Elbphilharmonie.
Ob die Ideen und Zahlen der Olympiaplaner die Menschen in der Stadt überzeugen, wird man am Abend des 29. November wissen. Dann steht das Ergebnis des Referendums fest, in dem die wahlberechtigten Hamburger in einfacher Mehrheit darüber abstimmen, ob ihnen Olympische Spiele eine Milliarde Euro Steuergelder wert sind oder nicht.
Am meisten wird nach den vorliegenden Berechnungen für Mobilität ausgegeben, 2,1 Milliarden Euro. Dazu gehören zu bauende oder zu erneuernde Brücken und Straßen, Großparkplätze, Bahnhöfe, U-Bahnen, Züge und Fähren. Die Olympischen Stätten schlagen mit knapp zwei Milliarden Euro zu Buche, wobei das Olympiastadion für 60 000 Zuschauer 596 Millionen Euro kosten soll. Die Kosten der Segelwettbewerbe in Kiel sind mit 146 Millionen Euro berücksichtigt.