Saisonstart in der Formel E: Grün oder laut
An diesem Wochenende startet die Formel E in Hongkong in ihre dritte Saison. Kann die Rennserie aber zur ernsthaften Konkurrenz für die Formel 1 werden?
In dem ganzen Wirbel um das WM-Duell, den Motorschaden von Lewis Hamilton und die Verschwörungstheorien rund herum ging es fast ein bisschen unter: Mercedes, der große Formel-1-Dominator seit drei Jahren, verkündete zu Beginn dieser Woche, sich einen Platz als Neueinsteiger in die Formel E ab der Saison 2018/19 gesichert zu haben.
„Wir haben das Wachstum der Formel E mit großem Interesse verfolgt. Derzeit sehen wir uns alle verfügbaren Optionen für die Zukunft des Motorsports an. Umso glücklicher sind wir, dass uns diese Vereinbarung die Möglichkeit sichert, ab der fünften Saison an der Serie teilzunehmen. Elektrifizierung wird eine wichtige Rolle in der Zukunft der Automobilindustrie spielen“, sagt Mercedes-Sportchef Toto Wolff. „Der Rennsport war schon immer eine Forschungs- und Entwicklungsplattform für die Industrie, wodurch die Formel E in der Zukunft sehr an Bedeutung gewinnt.“
Dass die Formel E mit ihrem reinen Elektroantrieb für die Automobilindustrie im Moment attraktiver zu sein scheint als die Formel 1, ist offensichtlich. In dieser Saison, der dritten in der Geschichte der noch jungen Kategorie, die an diesem Wochenende in Hongkong beginnt, ist mit Jaguar bereits ein neuer Premiumhersteller dabei. Auch Audi wird beim deutschen Abt-Schaeffler-Team immer wichtiger, nächstes Jahr will man dann ganz offiziell als Werksteam antreten. Hinter dem französischen Venturi-Team, das – mit einer anderen Abteilung – gerade auch durch neue Geschwindigkeits-Weltrekorde aufhorchen ließ, steckt mit ZF ein ganz großer deutscher Zulieferer der Automobilindustrie als Technologiepartner. Der deutsche Fahrer dort ist mit Maro Engel einer aus der Mercedes-Piloten-Gilde. BMW hat sich mit dem amerikanischen Andretti-Team zusammengetan, um Erfahrungen zu sammeln, in zwei Jahren soll der werksseitige Einstieg folgen – wie eben auch bei Mercedes.
Vettel und Hamilton wünschen sich die „alte“ Formel 1 zurück
In der Formel 1 ist die entscheidende Frage, die sich jetzt im Fahrerlager in Suzuka viele stellen: Kann die Formel E angesichts des großen Herstellerinteresses tatsächlich zur Konkurrenz für die heutige Königsklasse werden? Und wenn ja, wie sollte die Formel 1 darauf reagieren?
Es gibt durchaus auch Zweifler, die nicht so wirklich an den großen Hype rund um die Formel E glauben. „Alles gut und schön, aber das Einzige, was ich an echten Zahlen und Fakten sehe, ist, dass die Serie bis jetzt dreimal so hohe Verluste wie Einnahmen hat“, sagt der Schweizer Sky-Experte und Ex-GP-Fahrer Marc Surer. Das verstärkte Herstellerengagement könnte das Marketingpotenzial und die Einnahmemöglichkeiten der Formel E nun aber vergrößern, bis jetzt zahlen die Seriensponsoren angeblich nur knapp über drei Millionen Euro im Jahr – im Vergleich zu den in der Formel 1 aufgerufenen Summen fast lächerlich.
Soll sich die Formel 1 also angesichts möglicher Konkurrenz dem Zeitgeist Richtung Elektromobilität noch weiter anpassen und vor allem die gerade bei den langjährigen Hardcore-Fans verpönte Hybridtechnologie weiter pushen? Die großen Hersteller mit Mercedes an der Spitze sagen kompromisslos Ja, auch einige einflussreiche Medienvertreter sind dieser Meinung. Aber es gibt auch genügend Gegenpositionen.
Warum nicht bewusst einen Gegenpol schaffen, pures Racing mit den alten Beigaben Lärm, Emotion und Power pur, befreit vom grünen Mäntelchen und allen Storys vom Technologietransfer? Selbst Sebastian Vettel und Lewis Hamilton zum Beispiel lassen immer wieder mal Bemerkungen fallen, wie sehr sie der „alten“ Formel 1 mit ihren lauten V-10-Motoren nachtrauern. Warum nicht einen Motorenhersteller wie früher Cosworth, der seine relativ unkomplizierten Triebwerke an alle Teams verkauft, mit Ausnahme von Ferrari vielleicht. Und ein Reifenhersteller, der Gummis produziert, mit denen man das ganze Rennen über attackieren kann. Die Fans würden laut Umfragen auch eine solche Formel 1 lieben. Es gibt nur einen ganz großen Haken: Mit der derzeitigen Führung des Weltverbandes Fia, die auch die Formel 1 als ihr Aushängeschild für Umweltfreundlichkeit und absolute Sicherheit sieht, ist das nicht zu machen.
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