Tibor Pleiß wechselt in die NBA: Großer Wurf für großen Werfer
Basketball-Nationalspieler Tibor Pleiß wagt den großen Sprung: Der 25-Jährige unterschrieb einen Dreijahresvertrag beim NBA-Team Utah Jazz. Doch der Wechsel birgt für den Center auch Gefahren.
Berlin - Ein richtiger Brocken ist Tibor Pleiß immer noch nicht, er wird auch keiner mehr werden. Für Menschen, die 2,18 Meter groß sind, ist es manchmal eben nicht ganz so einfach, Gewicht und Muskelmasse zuzulegen. Dass Pleiß ein begabter Basketballer ist, weiß man aber spätestens seit der EM 2009, als der damals 19-Jährige spindeldürr im deutschen Nationalteam debütierte. Seitdem ist Pleiß nicht mehr in die Höhe gewachsen, aber zumindest ein wenig in die Breite. Über Bamberg und das spanische Spitzenteam Vitoria führte der Weg des Centers zuletzt zum FC Barcelona. Von dort aus wagt Pleiß nun den ganz großen Sprung: Der 25-Jährige unterschrieb einen Dreijahresvertrag beim NBA-Team Utah Jazz, der ihm laut US-Medien zehn Millionen Dollar einbringen soll.
„Es war immer mein Traum, in die NBA zu gehen“, sagte Pleiß der dpa. „Dass dieser Traum wahr wird, bedeutet mir sehr viel.“ Nach Dirk Nowitzki und Dennis Schröder ist er aktuell der dritte gebürtige Deutsche, der in der kommenden Saison in der stärksten Basketballliga der Welt spielen wird. Hinzu kommt der eingebürgerte Chris Kaman. Während seiner Zeit in Spanien hat Pleiß noch einmal enorme Fortschritte gemacht: Er verfügt über einen guten Wurf und ein für einen Center außergewöhnliches Passspiel. Allerdings hindert ihn seine Körpergröße daran, explosiv und hoch zu springen oder besonders schnell zu sprinten. Im von Teamtaktik geprägten europäischen Basketball sind diese Schwächen nicht so sehr ins Gewicht gefallen, in der von Athletik und Eins-gegen-Eins-Duellen geprägten NBA wird es Pleiß schwerer haben.
Die Rechte an dem Bergisch Gladbacher hatte sich Oklahoma City Thunder bereits 2010 gesichert, dann aber darauf verzichtet, Pleiß sofort in die NBA holen zu wollen. Im Februar gaben die Thunder die Rechte an Pleiß an Utah ab, die Jazz begutachteten den Center und entschieden sich, ihn für die kommende Saison unter Vertrag zu nehmen.
"Er ist groß und kann werden"
„Er ist groß“, sagte Jazz-Geschäftsführer Dennis Lindsey über die Qualitäten seiner Neuverpflichtung. „Er ist groß und er kann werfen. Und er ist kräftiger, als wir gedacht haben. Aber wir werden ihm dabei helfen müssen, noch stärker zu werden.“ Lindsey glaubt nicht, dass die Umstellung auf den NBA-Basketball allzu problematisch für den Deutschen wird. In der vergangenen Saison hatte der 23 Jahre alte Franzose Rudy Gobert – wie Pleiß ein 2,18 Meter großer Center – in seinem zweiten Jahr in Utah einen großen Entwicklungsschritt gemacht. „Ich glaube, dass ich da ganz gut reinpasse, weil ich von außen werfen kann und wir uns gut ergänzen“, sagte Pleiß über Gobert. Laut Lindsey wollen die Trainer Pleiß dazu ermutigen, viel aus der Distanz zu werfen. Beim spanischen Vizemeister FC Barcelona war Pleiß im Angriff zuletzt keine wichtige Option. In der Saison zuvor, seiner bislang stärksten Spielzeit, hatte er in Vitoria noch deutlich mehr Vertrauen vom Trainer bekommen und in der Euroleague im Schnitt zwölf Punkte erzielt.
Für die deutsche Nationalmannschaft bedeutet Pleiß’ Wechsel vor der Heim-EM im September einen kleinen Rückschlag. Die NBA verbietet es ihren Profis, vor dem 1. August ins Teamtraining ihrer Nationalmannschaften einzusteigen. Trotzdem wird Pleiß am kommenden Sonntag zum Auftaktlehrgang von Bundestrainer Chris Fleming nach Bonn reisen, dann aber vorerst nur Einzeltraining absolvieren. Kurz darauf bekommt Pleiß schon einen kleinen Vorgeschmack auf die NBA: Fleming hat als Co-Trainer Alex Jensen verpflichtet, einen Assistenzcoach der Utah Jazz. Pleiß wird während der Europameisterschaft also jemanden an seiner Seite haben, der ihn auf sein neues Arbeitsumfeld vorbereitet.
Lars Spannagel