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Duell der Schwergewichte. Rasid Mahalbasic (hinten) gegen Albas Center Landry Nnoko.
© Andreas Gora/dpa

Oldenburgs Rasid Mahalbasic: Großer Spieler, große Goschen

Rasid Mahalbasic will mit Oldenburg das Aus gegen Alba Berlin verhindern. Der Center überzeugt nicht nur sportlich, sondern auch mit seinem Entertainer-Talent.

Ein Basketballprofi, der überregionale Aufmerksamkeit bekommt? Noch dazu einer, der bei einem gerne unterschätzten Team spielt? Und dann auch noch aus einem nicht gerade als Basketballnation bekannten Land kommt? Rasid Mahalbasic, österreichischer Center in Diensten von Alba Berlins Play-off-Gegner Oldenburg, hat da so einen Verdacht: „Vielleicht rufen manche auch an und hoffen, dass ich Dummheiten sage“, meint der 28-Jährige. „Ich hab halt a große Goschen.“

Der Verdacht kommt nicht von ganz ungefähr. In der Basketball-Bundesliga (BBL) ist Mahalbasic als undiplomatischer und unterhaltsamer Plauderer bekannt, der nicht jedes Wort auf die Goldwaage legt und lebendig auf den Punkt bringt, was ihm gerade so durch den Kopf geht. In Interviews sagt er Dinge wie: „Deutschland und Österreich sind komplett gleich. Der einzige Unterschied zwischen beiden Ländern ist, dass es in Österreich keine Pfandflaschen gibt.“ Für eine enttäuschende Niederlage trotz intensiver Spielvorbereitung findet er Worte wie: „Man melkt die Kuh die ganze Woche, und dann kommt man und verschüttet die Milch.“ Und wenn er einen Gegenspieler nicht auf der Rechnung hatte, sagt er auch einmal: „Keine Ahnung, wie der heißt. Der hat 32 Punkte gemacht, das gibt’s ja nicht. Das steht in keinem Scouting-Bericht, dass der so gut gewesen wäre heute.“

Doch Mahalbasic auf sein Entertainment-Talent zu reduzieren, würde ihm ganz und gar nicht gerecht werden. Dazu stechen seine sportlichen Leistungen viel zu sehr hervor. Mit seiner Wucht und Spielintelligenz zählt er zu den vielseitigsten Spielern der Liga. Sein massiger Körper von etwa 120 Kilogramm auf 2,10 Metern macht ihn zu einer echten Kante unter dem Korb, gleichzeitig ist Mahalbasic durch seine saubere Technik und das feine Auge auch der spielerische Dreh- und Angelpunkt im Oldenburger Team.

Mahalbasic punktet, reboundet und verteilt Assists; gleich viermal legte er in dieser Saison zweistellige Werte in allen drei Kategorien auf. Dass zuletzt ein Spieler in der BBL ein solches Triple Double überhaupt nur ein einziges Mal geschafft hatte, war neun Jahre her. Hätte Mahalbasic mit Will Cummings nicht ausgerechnet einen Teamkollegen, der vielleicht noch eine Spur dominanter auftritt, wäre womöglich er anstatt seines Mitspielers zum wertvollsten Spieler der Liga (MVP) gewählt worden.

Mahalbasic hat in Oldenburg verlängert

Nur in der Verteidigung ist der Klagenfurter bisweilen etwas schwerfällig. Das ist auch bei Alba bekannt. Bei ihren bisherigen zwei Siegen in der Halbfinalserie attackierten die Berliner den Center immer wieder und brachten ihn damit in Foulprobleme. „Ich sehe es als Kompliment, dass sie Wert darauf legen, mich rauszunehmen“, sagt Mahalbasic. Die beiden Niederlagen haben ihm aber zugesetzt: „Das tut schon weh, wenn man so viel Einsatz und Charakter zeigt.“ Mit einer weiteren Niederlage am Sonntag (15 Uhr/live bei Sport 1 und Magentasport) in Oldenburg wäre die Saison für ihn und sein Team beendet, doch Mahalbasic glaubt noch an die Wende: „Wir werden sicherlich jetzt alles geben, damit wir einen Sieg holen und die Karten noch einmal neu mischen.“

Sollte das nicht klappen, gäbe es eine neue Gelegenheit in der kommenden Saison: Im Februar verkündete Mahalbasic mit einem Video seine Vertragsverlängerung in Oldenburg. „Meine Entscheidung ist freiwillig, ich wurde nicht gezwungen“, sagt er darin – im Hintergrund steht seine Frau und droht mit der Suppenkelle.

„Ich war nicht immer so zahm wie jetzt“, meint er nun. Als Teenager galt Mahalbasic als eines der größten Talente in Europa und unterschrieb einen hochdotierten Vertrag beim türkischen Spitzenklub Fenerbahce Istanbul. Dort kam er nicht zurecht und tingelte fortan von Verein zu Verein, spielte unter anderem in Polen, Kasachstan und Spanien. 2017 kam er nach Oldenburg, wo die inzwischen zwölfjährige Vereinstreue der Ligalegende Rickey Paulding symbolisch für das familiäre Umfeld des Klubs steht. „Er ist ein großes Vorbild“, sagt Mahalbasic. Mit Frau und Kind ist er nun ebenfalls in Oldenburg heimisch geworden.

Seine „große Goschen“ ist bei aller Sesshaftigkeit jedoch geblieben. „Außer meiner Frau und meinem Kind redet hier keiner mit mir“, flachst Mahalbasic. „In der Geschäftsstelle haben sie schon mein Foto durchgekreuzt.“  Solche Sprüche mag manch einer als „Dummheiten“ ansehen. Doch wer gefahrlos mit einem solchen Schmäh über sein neues Zuhause sprechen kann, ist offensichtlich wirklich angekommen.

Leonard Brandbeck

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