Unterwegs mit den Volleys: Gießen oder Giesen? Nein, Hildesheim
Eine lange Reise mit den Fans der Volleys zum Auswärtsspiel in der niedersächsischen Provinz.
Wer am Samstagabend das Spiel der BR Volleys gegen die Grizzlys Giesen mitverfolgen wollte, lief Gefahr, an einem ganz anderen Ort zu landen. Tatsächlich handelt es sich bei „Giesen“ nämlich nicht um die Stadt in Hessen, an die die meisten vermutlich denken, wenn sie „Giesen“ hören, sondern um eine Gemeinde in Niedersachsen. Hinsichtlich der Fahrtzeit wäre es ärgerlich, die beiden Städte zu verwechseln, denn ins niedersächsische Giesen braucht man von Berlin gerade einmal drei Stunden, während die Fahrtzeit ins hessische Gießen fünf Stunden dauert. Hinsichtlich der Sehenswürdigkeiten hingegen wäre es weniger bedauerlich, die beiden Orte zu verwechseln.
Viel zu bieten hat Giesen abgesehen von ein paar Häusern und Feldern nicht. Aber das ist im Grunde egal. Die Heimspiele der Grizzlys werden schließlich in der nahegelegenen Großstadt Hildesheim ausgetragen.
Auf den Weg nach Hildesheim machten sich am Samstag auch 15 Mitglieder des Berliner Volleys-Fanklubs „7. Mann“.
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Vor dem Bus waren schon von Weitem die orangen Schals, Shirts und Schuhe zu erkennen. Bernd Paul, der den Fanklub ins Leben gerufen hat, begrüßte alle Mitglieder persönlich und sein Kollege Carsten Buchhauser verkündete strahlend, dass es die erste größere Auswärtsfahrt seit langer Zeit sei. Angesichts des straffen Zeitplans der Volleys nutzte Paul die Hinfahrt, um das weitere Vorgehen zu besprechen: Mittwoch Pokalviertelfinale in Frankfurt, Samstag Bundesliga in Lüneburg und wenig später Champions League in Lissabon. Als der Bus schließlich Hildesheim erreichte, wurden die Pläne aber für einen Moment unterbrochen und es schallte „Ole Ola, Berlin ist wieder da!“ durch den Bus.
Angekommen in der Halle packten die Berliner Fans ihre Flaggen aus und schmückten die umliegenden Sitzreihen mit riesigen orangen Bannern. Das veranlasste den Hallensprecher dazu, sich über das Mikrofon zu erkundigen, wie das Spiel ihrer Meinung nach ausgehen würde. Für ihre 3:0-Prognose ernteten sie lautstarken Protest von den gegnerischen Fans.
Nach dem Match wurden die Spieler noch einmal kräftig bejubelt von den Mitgliedern des „7. Manns“
Dabei war die Prognose gar nicht so unwahrscheinlich angesichts der Tatsache, dass die Volleys in dieser Saison nur einen einzigen Satz abgegeben hatten. Ganz so einfach wurde es dann aber doch nicht. Zwar konnten sie sich am Ende mit 3:1 (25:21, 20:25, 25:15, 25:14) gegen Giesen durchsetzen, aber sie mussten einen Satzverlust hinnehmen.
Die Berliner starteten mit starken Aufschlägen und Marek Sotola brachte sein Team dank eines Asses zeitig in Führung. Bejubelt wurde er dafür von seinem Kollegen Benjamin Patch, der am Spielfeldrand ausgelassen tanzte. Im zweiten Satz jedoch taten die Volleys sich schwer und lagen plötzlich mit fünf Punkten zurück. Daran konnte auch Außenangreifer Ruben Schott, der eingewechselt wurde, nichts ändern.
„Das Spiel war am Anfang eine Berg- und Talfahrt. Wir sind gut gestartet im ersten Satz, aber den zweiten haben wir komplett verschlafen“, sagte Schott, „wir waren nicht stabil in der Annahme und haben im Angriff einige falsche Entscheidungen getroffen.“
Von dem Satzverlust ließen die Volleys sich aber nicht verunsichern. Dank Schott stabilisierten sie ihre Annahme und Kapitän Sergej Grankin brillierte mal wieder im Zuspiel, sodass die Berliner die letzten beiden Sätze recht klar dominierten. „In den letzten beiden Sätzen haben wir zu unserer Qualität zurückgefunden. Aber Giesen war sehr kämpferisch heute, sie haben den zweiten Satz verdient gewonnen“, analysierte Schott. Er freut sich auf die anstehenden Spiele im Pokal und in der Champions League. „Die Stimmung ist immer noch gut in der Mannschaft. Jetzt müssen wir von Spiel zu Spiel denken, denn die anstrengenden Wochen kommen erst noch“, sagte Schott Nach dem Match wurden die Spieler noch einmal kräftig bejubelt von den Mitgliedern des „7. Manns“, bevor beide Busse die lange Heimfahrt nach Berlin antraten.
Eigentlich wäre er auch von einem Teil seiner Familie bejubelt worden, erzählte Ruben Schott, was ihn bereits verwundert habe, weil die Halle quasi eine Tagestour entfernt sei. „Zum Glück haben wir noch rechtzeitig gemerkt, dass sie von Gießen und nicht Giesen sprechen.“