Meine Paralympics: Geld für Rio 2016 gesucht!
Der hiesige Behindertenleistungssport bekommt finanzielle Unterstützung aus Berlin. Geld wird auch dringend gebraucht, denn für die Athleten ist ihr Leistungssport ein Zuschussgeschäft.
Viva Samba! Die Zeit ist reif für Jubelrufe, denn die Paralympics in Rio 2016 setzen ungeahnte Energien frei. Jetzt gehört ein neuer Player zum Team des hiesigen Behindertenleistungssports, nämlich die Berliner Wirtschaft. Genauer: Der Verein Berliner Wirtschaftsgespräche mit 300 Unternehmen und weiteren 150 Mitgliedern aus Wissenschaft, Forschung, Kultur, Verwaltung und Politik. Gerade lud auch dessen Vorstandsvorsitzender Frank Becker, der dienstlich Geschäftsführer des Berliner Leder- und Textilpflegespezialisten Collonil ist, zum Pressegespräch ein. Und zwar in den Sitz des Behinderten-Sportverbandes Berlin (BSB) nahe dem Olympiastadion. Da warfen die Gäste neugierige Blicke auf die Rugbyrollstühle oder fuhren gleich selbst mal eine Runde im kippeligen Sommerhockeyschlitten mit Rädern unten dran.
Die Profis können das natürlich unvergleichlich souveräner, und damit die Deutsche Paralympische Nationalmannschaft in Rio erfolgreicher abschneidet, haben Wirtschafts- und Behindertensportverband die gemeinsame Kampagne „Ungehindert de Janeiro“ gestartet – das Wort Rio darf im Titel nicht vorkommen, wegen der geschützten Markenrechte. Geld wird auch dringend gebraucht, denn Leistungssport von angeblich ach so inklusiv integrierten Athleten ist für sie selbst ein Zuschussgeschäft.
Viele Olympioniken, so die Erfahrung, kommen bei den Kosten für Sportgeräte, Spezialernährung, Trainingslager und weltweite Qualifizierungswettkämpfe dank Siegerprämien und Sponsoren bei Null raus. Paralympioniken zahlen hingegen das meiste aus eigener Tasche. So muss allein der mehrfache Rad-Teamsprint- und Straßenweltmeister vom Berliner PSC Pierre Senska für die nächsten Rio-Qualifizierungen 5000 Euro aufbringen. Den 26-jährigen durchtrainierten Bürosachbearbeiter mit Muskelschwund an den Unterschenkeln, steifen Fußgelenken und fehlender Gesäßmuskulatur sponsern seine Eltern.
Bei den Paralympics 2012 in London holten die 21 Berliner Sportler 13 Medaillen
Vor zweieinhalb Jahren kamen 21 Sportlerinnen und Sportler aus Berlin von den Paralympics aus London mit 13 Medaillen zurück. 2008 in Peking holten acht Berliner Athletinnen und Athleten Medaillen. Dass „unsere Sportlerinnen und Sportler erfolgreich sind“, damit wirbt der Präsident des BSB um Unternehmer als Mäzen oder Sponsor. Ehrhart Körting sagt: „Die betrachteten das immer als eine gute Idee.“ Bei der guten Idee blieb es dann aber meist auch.
Der BSB sei nun stolz und glücklich, den Wirtschaftsverband an seiner Seite zu haben, so Körting. Dessen Vorstandsvorsitzender Frank Becker kündigte an, bald mal ein Benefizkonzert zugunsten des neuen Förderfonds für das Team Berlin in Rio 2016 zu veranstalten. Bestens, denn nur wer es sich leisten kann, vergleichbar zu den weit professioneller geförderten Sportlern in vielen anderen Ländern zu trainieren, kann international konkurrenzfähig sein. Auf mehr durchfinanzierte Zukunft für attraktiven Behindertenleistungssport hoffen auch die Teilnehmer des Bundesfinales von „Jugend trainiert für Paralympics“ im Tischtennis, Rollstuhlbasketball und Goalball seit Mittwoch und noch bis Freitag in Berlin.
Im Athletenfonds von „Ungehindert de Janeiro“ sind übrigens derzeit 16 000 Euro, das ist alles Zusammengespartes des BSB. Die Wirtschaftsverbandsvertreter können jetzt also ordentlich motiviert sein, bei ihren Mitgliedern zu sammeln – 50.000 Euro wären so eine Wunschsumme. Es lohnt sich. Wenn Berliner bei den in 498 Tagen beginnenden Spielen in Rio als Medaillengewinner gefeiert werden, färbt der Glanz des Goldes schließlich auch auf die Förderer ab. Britische Medaillengewinner von London 2012 sind seitdem im eigenen Lande Stars.