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Gareth Bale
© AFP/GABRIEL BOUYS

Real Madrid gegen FC Barcelona: Gareth Bale ist immer noch kein Anführer

Für Real Madrid steht eine entscheidende Woche an. Doch vor den Clasico-Duellen mit Barça sorgt Gareth Bale für Zweifel und schlechte Laune.

Am Dienstagvormittag hat das Klub-Fernsehen von Real Madrid Bilder voller Harmonie hinaus in die Welt gesendet. Wie Gareth Bale im Kreis der Mitspieler lachte und scherzte und kickte, als sei da gar nichts gewesen, am Sonntagabend beim Ligaspiel gegen UD Levante. Als der Waliser kurz vor Schluss einen höchst fragwürdigen Elfmeter verwandelte und noch fragwürdiger jubelte, nämlich gar nicht.

Lucas Vazquez eilte von hinten herbei und schlang seine Arme um den Hals des Kollegen, aber der stieß ihn einmal sanft weg und dann noch etwas heftiger. Bale richtete sein Zöpfchen, ließ sich dann doch herab, Dani Carvajal die Hand zu reichen, Luka Modric durfte ihm einen Klaps geben, im zweiten Anlauf wurde auch Vazquez seinen Glückwunsch los.

Es war wohl keine persönliche Fehde zwischen den beiden. Vazquez hatte einfach das Pech des ersten Gratulanten, denn Bale wollte offensichtlich eine Botschaft übermitteln: Ich gehöre nicht mehr zu dieser Mannschaft! Der Trainer zeigt es mir oft genug, jetzt zeige ich es auch!

Schwerer Stand. Real Madrids Gareth Bale muss sich nicht nur gegen den FC Barcelona behaupten. Auch im eigenen Team genießt er nicht das beste Ansehen.
Schwerer Stand. Real Madrids Gareth Bale muss sich nicht nur gegen den FC Barcelona behaupten. Auch im eigenen Team genießt er nicht das beste Ansehen.
© Joan Gosa/dpa

Das ist kein gutes Signal vor einer Woche, in der sich entscheidet, ob eine bislang missratene Saison noch halbwegs versöhnlich endet. An diesem Mittwoch (21 Uhr/Dazn) empfängt Real im Rückspiel des spanischen Fußballpokals den FC Barcelona, drei Tage später gastiert der katalanische Lieblingsfeind zu einem weiteren Clasico im Estadio Santiago Bernabeu, am kommenden Mittwoch steht das Rückspiel im Achtelfinale der Champions League gegen Ajax Amsterdam an.

Auf der Bühne Europa sieht es nach dem 2:1-Sieg im Hinspiel gut aus, auch im Pokal hat Real mit einem 1:1 beim ersten Rencontre vor drei Wochen in Barcelona eine angenehme Perspektive. Selbst in der Liga ergäbe sich mit einem Sieg bei dann nur noch sechs Punkten Rückstand eine Minimalchance. Wer aber mag schon daran glauben angesichts der angespannten Stimmung in der Kabine?

Seit fünfeinhalb Jahren spielt Gareth Bale für Real. Es war eine erfolgreiche Zeit, gekrönt von vier Siegen in der Champions League, in drei Finals wurde sein Name im Spielbericht als Torschütze notiert. Aber richtig heimisch ist der Waliser in Madrid nie geworden. „Er spricht immer noch kein Spanisch“, sagt der Verteidiger Marcelo. Reals Torhüter Thibaut Courtois hat der belgischen Zeitung „HLN“ verraten, Bale werde in der Mannschaft nur „der Golfer“ genannt, weil er sich so oft auf den Drei-Loch-Platz am heimischen Landgut zurückziehe. Dass solche Geschichten ausgeplaudert werden, sagt einiges über Bales Ansehen im Team.

Zidane soll auf Verkauf von Bale gepocht haben

Fünf Jahre litt der schnelle, aber recht eindimensionale Stürmer bei Real im Schatten von Cristiano Ronaldo, für den er seinen Platz auf dem linken Flügel aufgeben musste. Immer wieder beschwerte Bale sich beim Klubchef Florentino Perez. Der notorische Spieler-Versteher Giancarlo Ancelotti hat dem Internet-Portal „Il Napolista“ anvertraut, wie er Bale einmal wegen einer egoistischen Einlage vom Platz befohlen habe, „und es gab einen Krieg“. Ein halbes Jahr später war Ancelotti seinen Trainerjob los.

Sein Nach-Nachfolger Zinedine Zidane soll bei Perez auf einen Verkauf des eigensinnigen Stürmers gedrängt haben, aber der Präsident schickte lieber Ronaldo weg. Worauf Zidane im vergangenen Sommer kurz nach dem Hattrick in der Champions League zurücktrat. Bale war der einzige Madrider, der ihm keinen Abschiedsgruß widmete. Zidane hatte sich seinen Unmut zugezogen, weil Bale im Kiewer Finale gegen den FC Liverpool nicht für die Startelf nominiert worden war. Als er Monate später gefragt wurde, wer der bessere Trainer sei, Zidane oder der neu rekrutierte Julen Lopetegui – lautete die vielsagende Antwort: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich darauf antworten möchte.“

Ronaldo ist weg, aber Bale immer noch kein Anführer. Unter Santiago Solari, dem Nachfolger des glücklosen Lopetegui, ist Karim Benzema im Angriff gesetzt, es folgt Vazquez. Selbst Vinicius Junior, ein 18 Jahre alter Brasilianer, der zunächst nur für die zweite Mannschaft vorgesehen war, steht in der internen Rangliste vor ihm. Bale saß zuletzt drei Spiele in Folge von Beginn an auf der Ersatzbank.

Seine Reaktion lässt wenig Raum für Interpretation. Kameras fingen Bale ein, wie er demonstrativ gähnte. Sein spätes Tor im Derby bei Atletico beging der 29-Jährige mit einer Cortes de manga, wie die Spanier das Schlagen der linken Hand in die rechte Armbeuge bei gleichzeitig nach oben schnellender Faust nennen.

Es folgte das seltsam zelebrierte Siegtor gegen Levante, das Harmonie suggerierende Filmchen im Klub-TV und die Frage an den Trainer, ob er mit Bale schon über die jüngsten Verwerfungen gesprochen habe. „Ich weiß schon, dass ihr euch alle dafür interessiert“, sprach Solari am Tag vor dem Clasico gegen Barça. „Aber das gehört zu unserer Privatsphäre.“

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