Alba-Gegner in der Euroleague: Galatasaray Istanbul kann Spieler nicht mehr bezahlen
Der heutige Gegner von Alba Berlin in der Euroleague kann seine Basketballprofis nicht bezahlen – trotzdem macht Galatasaray Istanbul weiter.
Ein genialer, erfahrener Spielmacher aus Puerto Rico, zwei wuchtige australische Nationalcenter, ein Ex-NBA-Spieler aus den USA, zwei erfahrene europäische Profis aus Italien und Griechenland. Wahrlich keine schlechte Auswahl an Basketballern – leider haben sie Galatasaray Istanbul bereits allesamt verlassen. Wenn der türkische Traditionsklub heute (21 Uhr, Arena am Ostbahnhof) bei Alba Berlin antritt, wird das Team ein ganz anderes Gesicht haben als noch zu Saisonbeginn. Die sechs Profis Carlos Arroyo, Aleks Maric, Nate Jawai, Nolan Smith, Pietro Aradori und Ian Vouyoukas haben Galatasaray seit dem Herbst den Rücken gekehrt – weil der Klub finanziell über seine Verhältnisse gelebt hat.
„Die haben ein Cash-Flow-Problem, wie es immer so schön heißt“, sagt Albas Sportdirektor Mithat Demirel. Konkret heißt das: Galatasaray kann seine teuren Spieler nicht pünktlich und vollumfänglich bezahlen. Spielmacher Arroyo verließ den Verein Anfang März, angeblich schulden ihm die Istanbuler rund 500 000 US-Dollar. Der Verein hat die tumultartige Saison lange Zeit einigermaßen verkraften können, in der türkischen Liga gelangen dem aktuellen Tabellenfünften zuletzt Siege gegen die Lokalrivalen Fenerbahce – mit nur sechs Spielern – und Besiktas. In der Euroleague-Zwischenrunde ist der Verein allerdings Letzter der Gruppe I und hat die vergangenen sieben Partien verloren. Gegen Real Madrid (71:107) und Roter Stern Belgrad (68:91) gab es zuletzt heftige Heimniederlagen.
Galatasaray ist zurzeit das negative Beispiel im ansonsten aufstrebenden türkischen Basketball. Seit der WM 2010 ist die türkische Liga zur finanzstärksten Europas geworden. „Da spielen richtig große Namen, da werden richtige Gehälter gezahlt“, sagt Demirel. „Das gilt vom ersten bis zum letzten Tabellenplatz, von Istanbul bis in kleine Orte kurz vor der syrischen Grenze.“ Auch Galatasaray wirkte lange Zeit stabil. „Aber dann hat in letzten drei Jahren zwei Mal der Präsident gewechselt – das übersteht kein türkischer Verein unbeschadet“, sagt Demirel, der früher selbst als Profi in der Türkei gespielt hat. „Da braucht es immer seine Zeit, bis wieder Ordnung reinkommt.“
Die großen Klubs überleben immer
Nach einem Fußball-Wettskandal vor vier Jahren hatten sich viele türkische Vereine und ihre Sponsoren zwar mehr und mehr dem Basketball zugewendet. „Aber bei den großen Klubs hängen die Basketballteams trotzdem immer auch direkt vom Fußball ab“, sagt Demirel. Und wenn ganz oben Sponsorengelder ausbleiben oder kurzfristig anderweitig verwendet werden, macht sich das auch weiter unten bei den Basketballern bemerkbar. Bei Galatasaray hatten die Verantwortlichen diesen Effekt wohl nicht auf dem Schirm, als sie ihren luxuriösen Kader zusammenstellten. „Die gehen mit solchen Planungen relativ optimistisch um“, sagt Demirel. In den Jahren zuvor waren bereits andere Euroleague-Teams wie Olimpija Ljubljana oder Cibona Zagreb in Zahlungsschwierigkeiten gekommen, vor der aktuellen Saison brach der italienische Serienmeister und und Euroleague-Dauergast Montepaschi Siena komplett zusammen.
Obwohl Galatasaray so viele negative Schlagzeilen gemacht hat, wird sich zumindest in der Türkei wohl nichts Grundlegendes ändern. „Die großen Klubs werden immer überleben, irgendwie“, glaubt Demirel. „Dafür stehen viel zu viele Leute dahinter, die Tradition ist viel zu groß.“ Im Gegensatz zu von Lokalregierungen unterstützten Provinzklubs könne man bei den Istanbuler Traditionsvereinen darauf bauen, dass sie auch in Krisenzeiten weitermachen. Und mit ein wenig Geduld bekommt man vielleicht sogar noch an sein Geld. In dieser Hinsicht spricht Mithat Demirel aus Erfahrung. „Ich selbst habe auch sechs Jahre auf mein Geld von Besiktas gewartet“, sagt der 36-Jährige.
Galatasaray hat kein Nachwuchsproblem
Galatasarays Mannschaft ist ausgeblutet – aber noch nicht blutleer. „Das Team hat immer noch sehr viel Substanz und erstklassige Spieler“, sagt Demirel. Der Verein scheint auch keine Probleme zu haben, immer neue Profis davon zu überzeugen, die abgewanderten Spieler zu ersetzen und das traditionsreiche gelb-rote Trikot überzustreifen – trotz aller Negativbeispiele. Der große Name und das versprochene große Geld sind anscheinend einfach zu verlockend. „Selbst wenn du am Ende nur die Hälfte deines Gehalts bekommst, ist das noch mehr als bei anderen Klubs“, sagt Mithat Demirel. „Da wird sich also wenig ändern.“