Sport: Gala mit ein bisschen Slapstick
Deutschland schlägt Kasachstan 4:1, zeigt dabei aber wieder bekannte Konzentrationsschwächen.
Marco Reus kam abrupt zum Stillstand, er ließ die Schultern sinken, sein Blick ging zu Boden. Es war eine sehr minimalistische Art, mit der Reus sein sechstes Länderspieltor feierte. Im Grunde feierte er es überhaupt nicht. Obwohl es gestern im WM-Qualifikationsspiel gegen Kasachstan das erste für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft war; obwohl seine Kollegen unmittelbar zuvor je einmal Pfosten und Latte getroffen hatten; und obwohl – trotz drückender Überlegenheit – schon die Hälfte der ersten Hälfte vorüber war. Aber es war eben nur Kasachstan, die Nummer 139 der Welt, da muss man ja nicht gleich ausflippen. Am Ende eines winterkalten Frühlingsabends in Nürnberg stand ein nicht durchweg überzeugender 4:1 (3:0)-Erfolg für die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw.
Löw hatte seine Mannschaft im Vergleich zum Hinspiel vor vier Tagen in Astana auf drei Positionen verändert. Den gelbgesperrten Bastian Schweinsteiger ersetzte Ilkay Gündogan, Jerome Boateng übernahm den Platz des verletzten Benedikt Höwedes in der Innenverteidigung, und Marco Reus kehrte – für den verletzten Julian Draxler – in die Startelf zurück. Bei den Kasachen stand neben dem Fürther Heinrich Schmidtgal diesmal auch Konstantin Engel vom Zweitligisten Energie Cottbus in der Anfangsformation.
Die Deutschen begannen so flott, dass die Gäste aus dem Kaukasus kaum hinterherkamen. Der Ball surrte über den Rasen, allein der letzte Pass wollte zunächst nicht ankommen. Manchmal übertrieben es die Deutschen in ihrer Selbstverliebtheit mit Hacke und Spitze. Nach etwa 20 Minuten wurden die Deutschen in ihren Offensivbemühungen deutlich zwingender. Gündogan traf mit einem Volleyschuss von der Strafraumgrenze den Pfosten, eine Minute später setzte Mario Götze den Ball an die Latte, wiederum eine Minute später erzielte Reus das 1:0 – und weitere acht Minuten darauf stand es auch schon 3:0. Zunächst hatte Götze den Ball nach einem Solo von Philipp Lahm über die Torlinie gelenkt, danach gelang Gündogan sein erster Treffer für die Nationalmannschaft.
Dass die Begegnung längst nicht mehr mit normalen Maßstäben zu messen war, zeigte sich kurz vor der Pause, als Manuel Neuer mit dem exklusivem Applaus der 43 500 Zuschauer bedacht wurde. Der Torhüter wagte einen Ausflug bis in den Mittelkreis, um dort den Ball abzufangen. Für einen Moment sah es so aus, als startete Neuer gleich zum Gegenangriff in die Hälfte der Kasachen durch – gerade noch rechtzeitig vor der Mittellinie stoppte er seinen Vorstoß. Kurz nach der Pause stellte sich Neuer nicht ganz so geschickt an. Nach einem Rückpass von Per Mertesacker versuchte er sich im eigenen Strafraum mit einem Solo, er rutschte aus und musste dann hilflos mit ansehen, wie Schmidtgal den Ball zum 1:3 ins leere Tor trat.
Bundestrainer Löw hatte nach dem Hinspiel gemahnt, die Mannschaft müsse es lernen, die Seriosität in ihrem Spiel dauerhaft hochzuhalten. Doch wie in Astana ließ sie die Dinge auch gestern nach der Pause schleifen. Nur wenn die Deutschen den Ball schnell laufen ließen, gerieten die Kasachen unter Druck – und das passierte für den Geschmack des Bundestrainers in der zweiten Hälfte viel zu selten: Joachim Löw stand am äußersten Zipfel seiner Coachingzone und ruderte mit den Armen. Der Bundestrainer war sichtlich unzufrieden. Vielleicht fehlte den Deutschen in der Gewissheit des Sieges auch ein wenig die letzte Gier. Das zeigte sich in einer fast schon slapstickhaften Chancenserie gut 20 Minuten vor dem Ende, als hintereinander Götze, Müller, Özil und Khedira scheiterten, der Ball unter anderem zweimal am Pfosten landete. Auch danach ließen die Deutschen noch reihenweise Chancen ungenutzt, ehe Reus in letzter Minute den starken kasachischen Torhüter Andrej Sidelnikow doch noch überwand und zum 4:1-Endstand traf.
Stefan Hermanns
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