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Zwischen Frustration und Ratlosigkeit. Die Spieler von Hertha BSC bei der Niederlage in Mainz.
© imago images/Fotostand

Eine alte Dame namens Wankelmut: Für Hertha BSC endet ein weiteres kompliziertes Jahr

Hertha BSC will eine Reaktion auf das 0:4-Debakel in Mainz zeigen. Dazu muss sich gegen Borussia Dortmund einiges ändern.

Fredi Bobic, der Geschäftsführer Sport von Hertha BSC, blickt mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2021 zurück. „Das erste halbe Jahr fand ich überragend“, sagt er und lacht. „Da war ich aber woanders.“

In der ersten Hälfte des Jahres 2021 arbeitete Bobic noch für die Frankfurter Eintracht, die sich trotz der Friktionen um den wechselwilligen Vorstand Bobic und den ebenfalls wechselwilligen Trainer Adi Hütter immerhin für die Europa League qualifizieren konnte.

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Auch bei Hertha gab es im Frühjahr etwas zu feiern, wenn auch auf ungleich niedrigerem Niveau. Unter denkbar schwierigen Bedingungen sprang für die Berliner der Verbleib in der Fußball-Bundesliga heraus. Pal Dardai, Herthas Trainer, mit dicker Klassenerhaltszigarre auf der Terrasse des Quarantänehotels, das ist eines der Bilder, die von diesem Jahr bleiben werden. Eines der wenigen schönen. Denn für Hertha war auch 2021 vor allem eins: kompliziert.

Dardai, inzwischen schon wieder Ex-Trainer, hat bereits im Sommer vorgerechnet, dass die Mannschaft bis zum Ende der Hinrunde 20 Punkte brauche, damit das Weihnachtsfest halbwegs geruhsam ausfalle. 18 sind es vor dem letzten Spiel gegen Borussia Dortmund. Heißt also, Hertha müsste am Samstagabend (18.30 Uhr, live bei Sky) gegen den Tabellenzweiten gewinnen, um Dardais Vorgabe zu erfüllen.

„Einsatz, Wille, guten Fußball“ brauche es dafür, hat Mittelfeldspieler Kevin-Prince Boateng nach dem Spiel unter der Woche beim FSV Mainz 05 gesagt, bei dem es den Berlinern vor allem an Einsatz, Wille und gutem Fußball fehlte. Und so hat auch Dardais Nachfolger Tayfun Korkut Hertha in kürzester Zeit schon in voller Pracht kennengelernt: drei Spiele, je ein Sieg, ein Unentschieden und – seit dem 0:4-Debakel in Mainz – eben auch eine Niederlage. „Die Mannschaft ist besser, als sie sich an diesem Abend präsentiert hat“, sagt Korkut.

Zumindest kann die Mannschaft besser sein, das hat sie durchaus schon gezeigt. Aber Wankelmut ist eben so etwas wie Herthas zweiter Vorname. Richtig zur Ruhe gekommen sind Verein und Mannschaft nicht in diesem Jahr, das am 2. Januar mit einem Heimspiel gegen Schalke 04 begonnen hat und am 18. Dezember mit einem Heimspiel gegen den BVB endet.

Aus der Startelf gegen Schalke haben fünf Spieler den Verein inzwischen verlassen, von den drei Torschützen zum 3:0-Sieg gegen den damaligen Tabellenletzten steht nur noch einer – Krzysztof Piatek – immer noch bei Hertha unter Vertrag.

Hertha BSC ist 2021 nicht zur Ruhe gekommen

„Es ist viel passiert“, sagt Fredi Bobic, der am 1. Juni seinen Job als Erneuerer angetreten hat. „Es ist sehr, sehr viel passiert.“ 2021, das sind bei Hertha: drei Sportchefs (Michael Preetz, Arne Friedrich und eben Bobic), drei Trainer (Bruno Labbadia, Dardai, Korkut), ein CEO (Carsten Schmidt), der schon wieder weg ist, fast ein Dutzend Neue in der Verwaltung vom Kaderplaner bis zum Nachwuchschef, zehn Zugänge in der Mannschaft und dreizehn Abgänge. „Dass es keine einfache Aufgabe ist, das wusste ich vorher“, sagt Bobic. „Deswegen hat’s mich auch gereizt.“

Selbst in der kurzen Winterpause könnte es bei Hertha weitere Umbauarbeiten geben. Mit dem Norweger Fredrik Björkan, 23, kommt ein neuer Linksverteidiger, dazu nimmt Ex-Profi Thomas Broich, den Bobic aus der gemeinsamen Zeit bei Eintracht Frankfurt kennt, zum 1. Januar seine Arbeit als Leiter Methodik auf. Dass es bei zwei Neuen bleiben wird, ist eher unwahrscheinlich.

Der Kader weist weiterhin die eine oder andere Unwucht auf. Das hat nicht zuletzt das Spiel in Mainz gezeigt, als Deyovaisio Zeefuik als Rechtsverteidiger mal wieder reichlich überfordert war und es auch für die Besetzung an den offensiven Außenpositionen an geeigneten Kandidaten mangelte.

Der Transfermarkt dürfte auch in diesem Winter schwierig sein

Doch ob in der bald beginnenden Transferperiode geeignete Spieler auf den Markt kommen, die zudem finanzierbar sind, das ist schwer vorherzusagen. Laut Bobic geht es schon jetzt einigermaßen wild zu, bimmelt sein Handy quasi ohne Unterlass. „Da ist schon Schlussverkauf“, sagt er. „Aber aktuell sind das manchmal auch Wunschträume.“

Gegen Borussia Haaland muss Trainer Korkut noch einmal mit dem aktuellen Kader auskommen. Immerhin kehrt Peter Pekarik nach zwei verpassten Spielen wieder zurück (für Zeefuik). Bei Stevan Jovetic (Wade) und Suat Serdar (Knie) wird alles probiert; ihr Ausfall ist jedoch wahrscheinlicher als ihr Einsatz.

Unabhängig von der Aufstellung erwartet Korkut gegen den BVB von seiner Mannschaft eine andere Einstellung als in Mainz, nämlich Mut und Freude am Spiel, verbunden mit einer resoluten Leistung in der Defensive. Vorbei ist das Jahr für Herthas Profis nach dem Spiel übrigens noch nicht. Das erste Training in der Vorbereitung auf die Rückrunde ist für den 29. Dezember terminiert.

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