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Seine Regenbogenbinde hat Manuel Neuer wieder abgenommen.
© imago

Sieben Monate nach der 11-Freunde Kampagne: „Für alle, die mitgemacht haben, war es eher ein Coming in"

Queerfeindlichkeit spielt im Profifußball immer noch eine große Rolle. Nun wurde über Nachwirkungen der „Ihr könnt auf uns zählen“-Kampagne diskutiert.

Knapp sieben Monate ist es her, dass 900 Profifußballer*innen unter dem Slogan „Ihr könnt auf uns zählen“ homosexuellen Spieler*innen ihre Unterstützung zugesichert und Solidarität bekundet haben. Seither ist in der Fußballwelt viel passiert: Philipp Lahm hat homosexuellen Spieler*innen von einem Coming Out abgeraten, Manuel Neuer ist bei der EM mit einer Regenbogen-Armbinde aufgelaufen und die Uefa hat ein Verbot ausgesprochen, das Münchener Stadion in den Regenbogenfarben anzustrahlen. Zeit also für eine Zwischenbilanz.

„Die Aktion der 11-Freunde macht Mut, aber ist sehr kurzfristig gedacht. Mir fehlt die Nachhaltigkeit“, sagte Alfonso Pantisano vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland am Dienstagabend bei der Podiumsdiskussion „#IhrKönntAufUnsZählen und nun?“

Homofeindlichkeit dürfe kein „saisonales Thema“ sein, dass nur dann aufkomme, wenn es einen aktuellen Anlass dazu gebe. Denn gerade in Deutschland gebe es ein Problem mit Queerfeindlichkeit. Pantisano kritisierte außerdem, dass die Diskussion während der EM zu Schaden in der queeren Community geführt hätte: „ Die Frage, ob wir uns einmischen dürfen, wenn in Ungarn Menschenrechte gebrochen werden, wurde viel zu ergebnisoffen gestellt. Da fehlt der echte Schutz.“

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Kein großer Erfolg bisher

Der Eindruck, dass es einen positiven Trend beim Thema Homosexualität im Fußball gebe, täusche laut Pantisano. Der Journalist Ronny Blaschke teilte diesen Eindruck: „Ich befürchte, allzu viel hat sich in den letzten Jahren nicht getan. Aber ich versuche, optimistisch zu bleiben.“ Bei der 11-Freunde-Aktion selbst sei es vor allem um einen Perspektivwechsel gegangen, erklärte 11-Freunde-Redakteur Tim Jürgens: „Es geht nicht um die Frage danach, wer sich outet, sondern wir müssen ein Umfeld schaffen, wo das keine Frage mehr ist.“ Manuela Kay vom lesbischen Magazin L-Mag zeigte sich skeptisch hinsichtlich der Wirkung: „Für alle, die mitgemacht haben, war es eher ein ,Coming in’, sie haben gezeigt, dass sie auf jeden Fall nicht schwul sind. Das bringt uns keinen Schritt weiter.“

Wie sich der Umgang mit dem Thema in kommender Zeit entwickelt, wird wohl auch von der WM in Katar abhängen, wo queere Personen kriminalisiert und verfolgt werden. Seine Armbinde hat Manuel Neuer jedenfalls schon vor einiger Zeit wieder abgelegt.

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