Handball-WM 2015: Frankreich schlägt Katar 25:22 und ist Weltmeister
Im Finale der Handball-WM endet der Traum von Katars Weltauswahl. Gegen Frankreich verliert der Turniergastgeber 22:25, den Franzosen gelingt damit schon zum zweiten Mal etwas Außergewöhnliches.
Irgendwann nach 48 Minuten hielt es Claude Onesta doch noch für notwendig, sich von seinem Platz zu erheben. So lange hatte der französische Handball-Nationaltrainer an der Seitenlinie gesessen, wie es die meisten Menschen für gewöhnlich beim Sonntagsspielfilm auf der heimischen Couch tun: entspannt, ohne große Regung, fast ein wenig gelangweilt. Dabei hatte Onestas Mannschaft ihren Trainer im Finale der Weltmeisterschaft bis zu diesem Zeitpunkt bestens unterhalten. In der Schlussphase des Endspiels gegen Gastgeber Katar wurde es dann allerdings ganz kurz eng und hektisch.
Beim Spielstand von 19:20 erbebte die mit 15 000 Zuschauern ausverkaufte Arena in Doha unter dem Lärm der überwiegend katarischen Fans. All die Pfiffe, all die Versuche der Einflussnahme ließen die Franzosen mit ihrer über Jahre bei Großturnieren erworbenen Routine aber scheinbar mühelos und unbeeindruckt an sich abperlen. Zwölf Spielminuten später durften sie nach dem 25:22 (14:11) über Katar schließlich den Sieg im Finale bejubeln. Die Franzosen sind damit zum zweiten Mal gleichzeitig Welt- und Europameister sowie Olympiasieger und qualifizierten sich mit dem fünften WM-Titel direkt für die Olympischen Spiele 2016 in Rio.
Zuvor hatte Polen das Spiel um Platz drei gegen den entthronten Titelverteidiger Spanien mit 29:28 (24:24, 13:13) nach Verlängerung gewonnen. Deutschland belegte Platz sieben.
„Wir haben mit viel Köpfchen gespielt und alles rausgeholt, was wir noch hatten“, sagte Frankreichs Torhüter und ehemaliger Bundesliga-Profi Thierry Omeyer, der zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt wurde. Rückraumspieler Daniel Narcisse analysierte: „Wir haben über das ganze Spiel unsere Linie gehalten und fast immer vorn gelegen.“ Abgesehen vom 1:0 für die Katarer. „Ich bin unfassbar stolz, Teil dieser herausragenden Mannschaft zu sein“, sagte Nikola Karabatic. Von allen Endspielen bei einer EM, WM oder Olympia in den vergangenen 22 Jahren haben die Franzosen nur ein einziges verloren. „Unglaublich“, sagte auch Claude Onesta.
Frankreich fand als erstes Team überhaupt in der K.-o.-Runde Lösungen gegen die Katarer
Und genau so trat die französische Mannschaft auch auf: Sie fand als erste überhaupt in der K.-o.-Runde von Beginn an Lösungen gegen die Auswahl des spanischen Startrainers Valero Rivera. Sie setzte den Katarern jene Mittel entgegen, die den Gastgeber im bisherigen Turnierverlauf so ausgezeichnet hatten: eine extrem bewegliche, aggressive, aber trotzdem äußerst faire Defensive. Im ganzen Spiel kassierten die Franzosen lediglich zwei Zeitstrafen. Offensiv konnten sie sich wieder einmal auf den überragenden Nikola Karabatic verlassen. Dass der Welthandballer von 2007 gleich zu Beginn übel angegangen wurde, wirkte sich allerdings kontraproduktiv aus: Nahezu jeder französische Angriff im ersten Durchgang wurde von Karabatic eingeleitet respektive abgeschlossen. Angetrieben von ihrem Spielmacher, der mit Mundschutz in Nationalfarben auflief, erspielten sich die Gäste schnell eine Vier-Tore-Führung, die sie im weiteren Verlauf nicht mehr hergeben sollten.
In der zweiten Halbzeit gelang dem katarischen Team gleich mehrfach der Anschlusstreffer, zum Ausgleich reichte es allerdings nie. „Das war psychologisch enorm wichtig“, sagte Karabatic, „wir sind ruhig geblieben, sonst wäre das Spiel anders ausgegangen.“ So durfte die französische Ersatzbank bereits zwei Minuten vor der Schlusssirene zum Jubeln ansetzen.
Vor der Siegerehrung und dem abschließenden Konzert von Kylie Minogue endete der sportliche Teil der Veranstaltung mit einem Treppenwitz: Katars Spieler beschwerten sich heftig bei den überaus souveränen tschechischen Unparteiischen über deren Leistung. Dabei hatten die Schiedsrichter mit überaus strittigen Entscheidung auch dazu beigetragen, dass der Gastgeber überhaupt erst ins Endspiel eingezogen war.