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So sah das im Januar aus. VfB-Sportvorstand Michael Reschke (l) freut sich mit Trainer Tayfun Korkut - nun ist Letzterer schon wieder weg.
© Christoph Schmidt/dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Fragen nach dem Bayern-Trainer?

Wenn in Stuttgart mit der Entlassung des Trainers Fragen beantwortet wurden, die sich gar nicht stellten, was ist dann in München los?

Im Laufe der Jahre lernt man die Äußerungen von Sportvorständen und Verantwortlichen richtig zu deuten. Wenn es schlecht läuft und ein Manager, wie der des VfB Stuttgart, sagt: „Die Frage nach dem Trainer stellt sich für uns nicht“ – dann ahnt man schon, es dauert nicht mehr lange. Wenn allerdings zwischen dem Satz und der erfolgten Entlassung gerade mal zwölf Stunden liegen, dann muss ich sagen: Chapeau! Und ich dachte, ich könnte hier mit einer Prophezeiung glänzen. Doch während ich an Formulierungen feile, ist die Realität bereits über meine Zeilen hinweg gebrettert. Die Beschleunigung unserer Gesellschaft ist schon furchterregend. In Stuttgart wurde ein Vorgang mit einer Antwort abgeschlossen, obwohl offensichtlich nicht mal Zeit war, die dazu gehörige Frage zu stellen.

Dann jetzt aber ganz schnell zu Niko Kovac, dem Trainer des FC Bayern. Auch hier scheint mir, könnte recht zügig eine Frage beantwortet werden, die in München bislang niemandem in den Sinn gekommen ist. Nach der 0:3-Heimniederlage gegen Gladbach, dem vierten Spiel ohne Sieg in Folge, sagte Kovac, es sei ihm bewusst, „dass die Zeit bei Bayern München anders laufe“. Mag sein. Viele Fußballexperten sind jedenfalls der festen Überzeugung, dass die Zeit in München schneller läuft als die in Stuttgart. Das allerdings wirft nun Fragen auf.

Wenn in Stuttgart Fragen beantwortet wurden, die sich gar nicht stellten, was ist dann in München los? Ist in Bayern möglicherweise nicht nur für die Frage keine Zeit und auch nicht für die Antwort, sondern nur für die Entscheidung selbst? Das könnte bedeuten, Trainer Kovac ist bereits entlassen, aber keiner der Beteiligten weiß es.

Wir leben in Berlin in einem zeitlichen Paralleluniversum

Interessant wird es, wenn man einen Vergleich zur Berliner Realität zieht. Wir leben ja hier in einem zeitlichen Paralleluniversum, was sich darin ausdrückt, dass die Uhren deutlich langsamer gehen. Das können sie an der Verwaltung erkennen, an großen Bauvorhaben oder – an Hertha BSC. Hier wurden keine Fragen gestellt oder Antworten gegeben, noch wurden Entscheidungen gefällt. Es ging einfach weiter. Man stieg nach Herzenslust auf und ab, aber das verantwortliche Personal blieb unangetastet. Undenkbar in München so etwas, oder in Stuttgart.

Man könnte sich darüber lustig machen, aber: Gucken Sie sich mal die Tabelle an! Werden die Letzten die Ersten sein? Ist der Berliner Weg, mit seiner Entdeckung der Langsamkeit, der nachhaltigere? Das wäre natürlich eine tolle Pointe. Im Fußball jedenfalls.

- Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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