Kommentar zur Tour de France: Fortschritt am Berg
Die 100. Tour de France ist Geschichte. Skandale blieben diesmal aus, auch wenn das Thema Doping schon wegen des Gesamtsiegers Christopher Froome stets präsent war. Ein Kommentar.
Doping, immer nur Doping. Christopher Froome war genervt von den ewiggleichen Fragen. Der dominierende Fahrer der 100. Tour de France hatte am Sonntag vor einer Woche den Mont Ventoux und alle seine Kontrahenten scheinbar mühelos bezwungen. Doch statt ihn zu bejubeln, quälten ihn die Journalisten einen Tag später mit ihren Zweifeln an seiner Leistung.
Vor einigen Jahren wären im Radsport derartige Fragen an den Spitzenreiter noch einer Majestätsbeleidigung gleichgekommen. Damals beherrschte Lance Armstrong nicht nur Gegner und Anstiege, sondern auch die Medien und ihre Berichterstattung.
Froome reagierte wütend und verließ die Pressekonferenz, sein Team aber wagte die Flucht nach vorn. Kurz darauf stellte es die Leistungsdaten ihres Topfahrers der französischen Sportzeitung „L’Equipe“ zur Verfügung. Es ist ein Zeichen der neuen Transparenz im Radsport, weil nicht mehr nur das zugegeben wird, was ohnehin nicht mehr zu leugnen ist. Die Beweislast hat sich ein Stück weit umgekehrt. Dass es bei der Tour 2013 keinen Dopingfall gab, ist zwar noch kein Beleg dafür, dass der Radsport nun sauber ist. Der Umgang mit dem Thema bei der Frankreichrundfahrt ist aber definitiv ein Fortschritt.
Auch die Fahrer haben ihren Anteil daran. Abseits von Froome gibt es nämlich eine immer größer werdende Fraktion von Profis, die vergleichsweise offensiv mit der Dopingproblematik umgeht. Die Tour de France hat dadurch etwas Glaubwürdigkeit und somit auch etwas von ihrer Faszination zurückgewinnen können. Eine Faszination, die diesem Radsportspektakel angemessen ist und die durch die neue Offenheit keineswegs leidet. Auch deshalb ist es heute einfacher, sich auf die nächste Tour zu freuen.
Jörg Leopold