Sport: Fliegen ohne abzuheben
Zweimal hat Alemannia Aachen den Aufstieg in die Bundesliga knapp verpasst – heute beginnt der dritte Versuch
Berlin - Die wahrscheinlich letzte wichtige Entscheidung seiner Karriere hat Erik Meijer getroffen, ohne lange darüber nachzudenken. Seit 18 Jahren, sein halbes Leben also, spielt Meijer professionell Fußball, doch noch nie hat er einen Titel gewonnen. Vizemeister mit Leverkusen war er, „und Metzgermeister“, hat er einmal gesagt. Jetzt aber, ganz am Ende seiner Karriere, hat sich für Meijer noch einmal die Chance aufgetan, einen richtigen Titel zu gewinnen. Feyenoord Rotterdam, Zweiter der holländischen Ehrendivision, wollte den Stürmer von Alemannia Aachen in der Winterpause verpflichten. Er hat das Angebot abgelehnt. Meijer hat in Aachen noch etwas Wichtigeres zu erledigen: Er will mit Alemannia in die Bundesliga aufsteigen.
„Das wäre etwas Gigantisches“, sagt Meijer. Gigantischer vermutlich als die fünfzehnte Meisterfeier mit Feyenoord. Seit 36 Jahren wartet Aachen darauf, dass Alemannia in die Bundesliga zurückkehrt. „Die Stadt bebt“, sagt Meijer, der als Kapitän der Aufstiegsmannschaft in die Geschichte eingehen würde und fortan immer von sich sagen könnte: „Hör mal, ich war dabei.“ Als die Mannschaft vor einer Woche ein Testspiel gegen den 1. FC Köln (1:1) bestritt, kamen fast 11 000 Zuschauer auf den Tivoli. Heute Abend, zum Rückrundenstart gegen Erzgebirge Aue, wird das Stadion mit 20 000 Menschen annähernd ausverkauft sein.
Aachen hat oft davon geträumt, wieder erstklassig zu sein. In den letzten beiden Jahren hat die Mannschaft knapp den Aufstieg verpasst. Aachen ist damit so etwas wie die Fortsetzung des FSV Mainz 05 mit demselben Schrecken. Auch die Mainzer sind zweimal dramatisch gescheitert, ehe sie im dritten Versuch den Aufstieg schafften. So ähnlich schwebt das auch den Aachenern vor. „Wir müssen nichts auswetzen“, sagt Jörg Schmadtke, Alemannias Sportdirektor. In den beiden Jahren zuvor wäre der Aufstieg eine nette Zugabe gewesen. Der Klub stand im Pokalfinale, überwinterte im Uefa-Cup, „das sind keine alltäglichen Geschichten für einen Zweitligisten“, sagt Schmadtke.
Vor dieser Saison aber haben die Aachener festgelegt, dass sie aufsteigen wollen, und den Druck damit noch mal erhöht. Schmadtke hält diese Entscheidung immer noch für richtig, weil der Verein nun nicht jede Woche neue Ziele ausgeben müsse. „Zwischenzeitlich sind wir etwas belächelt worden“, sagt er. Im Herbst war das, als Alemannia zu Hause gegen Fürth und Offenbach jeweils 0:1 verlor und in der Tabelle bis auf Platz neun zurückfiel. Am Ende der Hinrunde aber blieben sie siebenmal ungeschlagen und kletterten am letzten Spieltag sogar auf Platz eins – zum ersten Mal in dieser Saison.
Vielleicht deutet das auf eine Qualität hin, die den Aachenern bisher fehlte: dass sie stark sind, wenn es darauf ankommt. Schon in der vorigen Saison wurde die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking für ihren modernen, attraktiven Fußball gelobt, in diesem Jahr wirkt ihr Spiel abgeklärter und zielorientierter. „Wir sind besser präpariert, der Kader ist breiter aufgestellt“, sagt Schmadtke. Auch die Erfahrung des Scheiterns habe das Team stärker gemacht: „Wir haben das nicht verdrängt, sondern verarbeitet.“
Zum dritten Mal nach 1984 und 2003 gehen die Aachener als Herbstmeister in die Rückrunde. Aufgestiegen sind sie beide Male nicht. Auch gegen diesen vermeintlichen Fluch spielt die Alemannia an, ebenso wie gegen den Ruf, traditionell schlecht in die Rückrunde zu starten. Was tut ihr dagegen?, ist Trainer Hecking häufiger gefragt worden. „Wir tun gar nichts dagegen“, hat er geantwortet. „Wir lassen das nicht an uns ran.“ Hecking, von Geburt Westfale, verkörpert die Gelassenheit, die in Aachen eher selten anzutreffen ist. Er setzt den Kontrapunkt zu den euphorischen Erwartungen der Fans, die in diesem Jahr leichter enttäuscht werden können als in den Jahren zuvor. „Die Leidensfähigkeit der Alemannia-Fans ist bekannt“, sagt Dieter Hecking. Trotzdem würde er gerne darauf verzichten, sie einer weiteren Probe zu unterziehen.
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