Einseitiges "Spitzenspiel": FC Bayern zerpflückt Borussia Dortmund
Die Meisterschaft können die Münchner noch nicht feiern. Beim 6:0 gegen völlig überforderte Dortmunder drehen sie trotzdem furios auf.
Es war nicht einmal eine halbe Stunde vorüber, als sich Peter Stöger zu einem ersten Wechsel gezwungen war. Es war allerdings keine Verletzung, die den Trainer von Borussia Dortmund zu dieser Maßnahme nötigte – es war der Verlauf des Spiels. Stöger nahm Gonzalo Castro vom Feld und brachte für ihn Julian Weigl. Es war der Versuch, etwas mehr defensive Stabilität ins Mittelfeld zu bekommen und doch nur Schadensbegrenzung. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Dortmunder bereits mit 0:3 beim FC Bayern zurück, kurz vor der Pause fielen zwei weitere Tore – am Ende hieß es 6:0 (5:0) für den alten und künftigen Deutschen Meister. Peter Stöger hingegen musste seine erste Niederlage in der Fußball-Bundesliga mit dem BVB hinnehmen, dort, wo er kurz vor Weihnachten im DFB-Pokal auch schon sein ersten Pflichtspiel mit den Dortmundern verloren hatte.
Dass sich die Bayern an diesem Spieltag noch nicht vorzeitig den Meistertitel würden sichern können, stand nach Schalkes Sieg am Nachmittag schon vor dem Anpfiff fest. Doch es schien so, als hätten die Münchner Spieler davon nichts erfahren. Sie begannen, als gäbe es keinen weiteren Spieltag. Schon in der dritten Minute hatte Thomas Müller eine erste Torchance; zwei Minuten später hieß es 1:0. Nach Müllers Vorarbeit erzielte Robert Lewandowski sein 24. Saisontor. Möglicherweise stand er dabei knapp im Abseits. Eine Intervention des Videoassistenten aber blieb aus.
Viele individuelle Fehler
Anders als wenige Minuten später, als in der ausverkauften Arena bereits das 2:0 von Franck Ribéry bejubelt wurde. Nach Müllers Hereingabe hatte James den Ball noch leicht berührt, und den Torschützen damit ins Abseits gestellt. Die Aberkennung des Treffers störte die Bayern indes nicht weiter. Fünf Minuten später vollendete James eine Hereingabe von David Alaba zum 3:0. Der Kolumbianer spielte überraschend neben Javi Martinez im defensiven Mittelfeld. Es war einer der Gründe, warum die Dortmunder im Zentrum wenig Zugriff hatten und dadurch deutlich unterlegen waren.
Hinzu kamen zu viele individuelle Fehler wie vor dem 0:3, als Castro im Spielaufbau auf denkbar läppische Weise den Ball verlor. Nach dem Auftritt des BVB kann man feststellen: Es ist sicher nicht die schlechteste Idee, Matthias Sammer als externen Berater zu engagieren. „Sammer steht für ungeschminkte Analyse“, sagte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc vor dem Spiel bei Sky. Zudem soll Sebastian Kehl den neu geschaffenen Posten eines Leiters der Lizenzspielerabteilung besetzen.
Nach der Einwechslung Weigls für Castro bekamen die Dortmunder ein bisschen mehr Ruhe in ihr Spiel – bis unmittelbar vor der Pause. Dann machten Lewandowski und Ribéry binnen einer Minute aus dem 3:0 ein 5:0. In der zweiten Halbzeit nahmen die Münchner die Sache dann nicht mehr ganz so ernst. Sie erlaubten dem Ex-Münchner Mario Götze sogar einen Pfostenschuss, blieben aber bis zum Schluss griffig und bissig. Den 6:0-Endstand erzielte Lewandowski drei Minuten vor dem Abpfiff per Abstauber. Meister werden können die Bayern nun in einer Woche, im Fast-Heimspiel im nahen Augsburg. Auf fremde Hilfe sind sie dann nicht mehr angewiesen.
Stimmen zum Spiel
„Das war eine Gala-Vorstellung in den ersten 45 Minuten. Die Mannschaft war sehr konzentriert und hat sehr leicht Fußball gespielt.“ (Jupp Heynckes, Trainer FC Bayern)
„Wir haben die Räume gleich von Anfang an gut genutzt. Da kann man in der Allianz-Arena schon mal unter die Räder kommen.“ (Thomas Müller, FC Bayern)
„Wir haben das in der zweiten Mannschaft einfach runtergespielt und wollten uns nicht komplett verausgaben.“ (Mats Hummels, FC Bayern)
„Wir haben zu wenig Gegenwehr geleistet, aus vielen Fehlern viele Gegentore bekommen. Das war ganz bitter. Die Enttäuschung ist groß. Aber vielleicht ist es gut, wenn man so eine Klatsche bekommt, dass mal alle Steine umgedreht werden.“ (Peter Stöger, Trainer Borussia Dortmund)
„Wir waren nicht da in den Zweikämpfen, wir waren zu langsam. Reden hilft jetzt nicht mehr viel. Wir müssen jetzt mal ein paar Spiele am Stück den Arsch zusammenkneifen“ (Marcel Schmelzer, Kapitän Borussia Dortmund
(Tsp/dpa)