Nach dem 4:0 gegen Barcelona: FC Bayern: Perfekt gepresst
Dank einer taktischen Meisterleistung gegen den FC Barcelona kann Bayern München bereits jetzt für das Finale der Champions League in London planen.
München - Das ganze Drama dieser historischen Fußballnacht, es wurde aus Sicht des FC Barcelona am besten von Dani Alves beschrieben. Nach dem 0:4 beim FC Bayern sagte der Brasilianer: „Bayern hat gepresst und gepresst und offensichtlich sehr hart an seiner Taktik gefeilt. Wir hatten nicht viele Chancen, aber das lag an ihnen.“
Damit war das Wesentlichste gesagt. Der Sieg der Bayern im Halbfinal-Hinspiel der Champions League war ein Sieg der taktischen Überlegenheit und der guten Vorbereitung. Trainer Jupp Heynckes hatte seine Mannschaft vortrefflich eingestellt. „Das ganze Kollektiv hat so funktioniert, wie wir uns das in den kühnsten Träumen ausgemalt haben“, sagte Karl-Heinz Rummenigge. Zum Finaleinzug nahm der Vorstandvorsitzende des FC Bayern trotzdem noch keine Glückwünsche entgegen. „Es wäre arrogant, uns schon gratulieren zu lassen.“
Der einfallsreiche Thomas Müller hielt es deshalb lieber mit dem nicht ernstgemeinten Hinweis auf das Dortmunder Viertelfinale. „Die haben in einer Minute zwei Tore erzielt. Also kann man theoretisch im Rückspiel 180 Tore machen.“ Weil dieses Szenario praktisch aber nicht möglich ist, dürfen sich die Münchner gedanklich schon mit dem Finale im Wembley-Stadion am 25. Mai beschäftigen.
Dank ihrer perfekten Vorstellung vom Dienstagabend. Was vor allem funktionierte, war der Plan der Bayern, Barcelona mit hohen Bällen zu attackieren. Deren Schwäche im Luftkampf ist bekannt, außer Gerard Piqué und Sergio Busquets erreichte am Dienstag kein Spieler aus der Startelf auch nur ansatzweise eine Körpergröße von 1,90 Meter. Früh wurde deutlich, wie sehr die Bayern erpicht darauf waren, Eckbälle herauszuholen. Jede Flanke löste im Strafraum der Gäste ein Durcheinander aus, Barcelona schwamm wie seit Jahren nicht. Einmal herrschte Piqué Marc Bartra an, weil der Verteidiger leichtfertig eine Ecke zuließ. Beim 1:0 sprang Dante höher als alle Spieler Barcelonas, ehe er per Kopf auf den Torschützen Thomas Müller ablegte, beim 2:0 war es erneut ein gewonnenes Kopfballduell, das Mario Gomez den Treffer ermöglichte.
Wen störte es da, dass die Katalanen wie immer viel Ballbesitz hatten? Am Ende standen 63 Prozent in der Statistik für Barcelona, aber keine Tore. Die Münchner hatten dagegen viele Lösungen parat, die dank der Klasse und ihres Engagements ganz simpel waren. Im defensiven Mittelfeld unterbanden Javier Martinez und Bastian Schweinsteiger das gegnerische Kombinationsspiel. Auch der angeschlagene Lionel Messi hatte es schwer. Kam Barcelona doch einmal durch, attackierten die Bayern sofort, selbst die Außen Franck Ribéry und Arjen Robben, sonst nicht unbedingt als Freunde der Defensivarbeit bekannt, rieben sich auf. „Wir haben miteinander gekämpft und alle nach hinten gearbeitet“, sagte Robben. Dass der ungarische Schiedsrichter Viktor Kassai ein paar fragwürdige Entscheidungen traf, änderte nichts an der Tatsache, dass die Bayern an diesem Abend dem FC Barcelona mehrere Schritte voraus waren.
Schon die ganze Saison habe gezeigt, „dass wir da sind, wenn es darauf ankommt“, sagte Müller. „Wir sind sogar da, wenn es nicht darauf ankommt.“
Den großen Sieg des FC Bayern erlebte auch Uli Hoeneß live im Stadion mit. Erstmals seit Bekanntwerden seiner Steueraffäre zeigte er sich in der Öffentlichkeit – und erhielt Zuspruch von seinem Kollegen. „Der ganze Klub steht hinter ihm wie eine Bastion“, sagte Rummenigge. „Einen FC Bayern ohne Uli Hoeneß kann, will und werde ich mir nicht vorstellen.“ Der in den Fokus des Finanzamtes und der Justiz geratene Hoeneß äußerte sich nicht, konnte seine Schwierigkeiten aber zumindest für kurze Zeit verdrängen.
Andere Sorgen hat nun Jupp Heynckes. Bayerns Trainer muss überlegen, ob er am kommenden Mittwoch in Camp Nou mit Dante, Bastian Schweinsteiger, Javier Martinez und Philipp Lahm tatsächlich alle vier von einer Gelb-Sperre bedrohten Stammspieler aufstellt. Heynckes hat als Trainer schon schwierigere Aufgaben gemeistert. E. Schlammerl/S. Stier