3:1-Finalsieg gegen Juventus in Berlin: FC Barcelona gewinnt die Champions League
Wahnwitziges Tempo mit einer fast surrealen Präzision: Der FC Barcelona gewinnt verdientermaßen die Champions League. Finalgegner Juventus Turin wehrte sich allerdings lange Zeit erbittert.
Eine Viertelstunde vor Schluss erhob die Ostkurve noch einmal gewaltig ihre Stimme. Der Kapitän ging. Und der Kapitän kam. Andres Iniesta begab sich zur Auswechslung an die Seitenlinie, er friemelte sich die neongelbe Binde vom Arm, um sie Xavi Hernandez anzulegen, dessen Übertritt auf den Rasen von lautem Jubel begleitet wurde. Es war ein kleines Rührstück in einem großen Drama. Der 35 Jahre alte Xavi durfte zum Abschluss seiner Zeit beim FC Barcelona noch einmal mitwirken und teilhaben an diesem grandiosen Finale der Champions League. Es endete mit einem verdienten 3:1 (1:0)-Erfolg für die Katalanen gegen Juventus Turin. Während Barca damit als erste Mannschaft überhaupt zum zweiten Mal das Triple gewonnen hat, musste sich Juventus zum sechsten Mal in einem Finale der Champions League geschlagen geben. Das ist bisher keinem anderen Verein widerfahren.
"Wir haben in diesem Jahr hervorragenden Fußball gespielt und es verdient. Ich will immer auf Titel spielen. Es ist einfach geil, dass wir das Ding geholt haben. Wir können stolz sein", sagte Barcas deutscher Torwart Marc-André ter Stegen. Und Siegtorschütze Luis Suarez meinte: "Die Saison war wirklich hart, meine Frau und Kinder haben auch darunter gelitten. Ich danke ihnen und meinen Kollegen."
Die Unwetterwarnung für Berlin war im Laufe des Nachmittags aufgehoben worden, doch um viertel vor neun am Abend fegte ein Sturm mit Blitz und Hagel über Juventus hinweg. Nicht einmal dreieinhalb Minuten waren vorüber, als die Italiener genau das erlebten, was sie vermutlich mit aller Macht hatten verhindern wollen. Mit dem ersten Angriff Barcas gerieten sie in Rückstand. Lionel Messi spielte aus dem Mittelfeld einen perfekten Pass auf die linke Seite, über Jordi Alba und Neymar landete der Ball bei Andres Iniesta, dessen Hereingabe brachte der frühere Schalker Ivan Rakitic ohne größere Mühe über die Linie.
Dabei hatte es in den wenigen Minuten davor so ausgesehen, als könnte das Spiel ein völlig anderes Aussehen haben als allgemein erwartet. Anstatt sich in der eigenen Defensive zu verschanzen, attackierte Juventus nach dem Anpfiff erstaunlich früh und setzte die Katalanen schon in deren Strafraum unter Duck. Bereits in der ersten Minute kam Carlos Tevez zum Schuss, verfehlte allerdings das Ziel. Gleich darauf verursachte Javier Mascherano eine erste Ecke für die Turiner, weil er den Ball über die Auslinie gleiten ließ.
Der FC Barcelona beherrschte nach der 1:0-Führung das Geschehen
Solche technischen Fehler sollten an diesem Abend die Ausnahme bleiben, und Messis überragender Pass auf die linke Seite, der am Anfang des Führungstreffers lag, änderte alles. Barcelona beherrschte fortan das Geschehen, kam bis zur Pause auf 66 Prozent Ballbesitz – und zu weiteren guten bis sehr guten Chancen. Allein in der ersten Viertelstunde erspielten sich die Katalanen gefühlt mehr Gelegenheiten als Hertha BSC in sämtlichen Heimspielen im Olympiastadion der vergangenen Rückrunde. Die beste Möglichkeit vereitelte der 37 Jahre alte Gianluigi Buffon gegen Barcas Rechtsverteidiger Daniel Alves. Juves Torhüter war schon unterwegs in die falsche Richtung, ließ seine linke Hand herausschnellen und wehrte den Ball ab. Als die Szene gleich darauf in der Wiederholung auf den Videoleinwänden gezeigt wurde, gab es noch einmal Applaus von den Rängen.
Buffon, der frühere Wolfsburger Andrea Barzagli und Andrea Pirlo waren schon vor neun Jahren dabei, als Italien im Olympiastadion den WM-Titel gewonnen hatte. Diesmal fanden sie sich in der Außenseiterrolle wieder; aber auch wenn Barcelona das Spiel dominierte: Juventus blieb immer latent gefährlich. In der ersten Hälfte kamen die Turiner immerhin zu fünf Torschüssen. Den gefährlichsten gab Alvaro Morata Mitte der ersten Hälfte ab. Der Schlenzer des Stürmers, der vor einem Jahr mit Real Madrid gewonnen hatte, ging nur knapp am Tor vorbei.
Weil Juventus sich nicht ausschließlich auf Fußballverhinderung verlegte, erlebten die 70.500 Zuschauer im Stadion einen rauschhaften Abend. Von den Rängen war ein ständiges Ah und Oh zu hören. In wahnwitzigem Tempo und mit einer fast surrealen Präzision ging es rauf und runter.
Juventus Turin wurde nach der Halbzeit immer stärker
In der zweiten Hälfte spielten die Turiner auf das Marathon-Tor. Wer sich bisher gefragt hat, warum dort im Oberring eine riesige Lücke klafft, weiß es spätestens seit Samstagabend – damit dort Platz ist für eine hochhaushohe Version des Champions-League-Pokals. Die Italiener hatten das Objekt der Begierde jetzt quasi stets vor Augen. Und zehn Minuten nach Wiederanpfiff kamen sie ihm wieder ein gutes Stück näher. Barcas Torhüter Marc-André ter Stegen, der letzte Deutsche in der Champions Leauge, konnte einen Schuss von Tevez zwar noch grandios parieren, gegen Moratas Nachschuss aber war er chancenlos.
Was eigentlich gar nicht möglich war: Das Spiel wurde noch besser, noch intensiver, noch prickelnder – und zusätzlich befeuert von der grandiosen Atmosphäre auf den Rängen. Ein paar Minuten durfte sich Juve im Vorteil fühlen, mit dem Momentum im schwarzweißen Trikot, dann setzte Lionel Messi zu einem Solo an, schien alles und jeden hinter sich lassen zu wollen. Seinen Schuss wehrte Buffon noch ab, doch im Nachsetzen vollendete Luis Suarez. Es war der 121. Treffer der schrecklichen Drei (Messi, Suarez, Neymar) in dieser Saison. Der 122. fünf Minuten später zählte zu Recht nicht, weil Neymar sich an die eigene Hand geköpft hatte und der Ball von dort ins Tor gesprungen war. Den Treffer holte der Brasilianer in der letzten der sieben Nachspielminuten nach und machte endgültig alles klar.