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Lächelt wieder. Venus Williams schwankt in Wimbledon zwischen sportlichem Erfolg und privater Tragödie.
© G. Fuller/dpa

Venus Williams in Wimbledon: Favoritin trotz aller Widrigkeiten

Bei ihrem 20. Wimbledon-Turnier hat Venus Williams beste Chancen auf den Titel. Dabei war das Sportliche für Sie in den vergangenen Wochen nur Nebensache.

Venus Williams kann wieder strahlen. In Wimbledon hat die 37-Jährige US-Amerikanerin das Halbfinale erreicht, am Donnerstag tritt sie dort als Favoritin gegen die Britin Johanna Konta an. In Abwesenheit ihrer schwangeren Schwester Serena und angesichts der schwächelnden Topspielerinnen ist Venus längst zur Turnierfavoritin aufgestiegen – und das neun Jahre nach ihrem letzten von insgesamt fünf Triumphen in Wimbledon.

Und doch ist der 20. Auftritt von Venus Williams im Londoner Südwesten alles andere als ein Selbstläufer. Am 9. Juni war sie im US-Bundesstaat Florida in einen Autounfall verwickelt, bei dem ein 78-Jähriger Mann starb und seine Frau schwer verletzt wurde. Als sie auf der Pressekonferenz nach ihrem Erstrundenmatch darauf angesprochen wurde, brach Williams in Tränen aus. Seither äußert sie sich öffentlich nur noch zu sportlichen Dingen.

Nachdem sie zunächst als Schuldige galt, hat die Polizei vor ein paar Tagen erklärt, dass Williams die Verkehrsregeln befolgt hätte und demzufolge nicht für den Unfall verantwortlich sei. Auch wenn sie darüber nicht spricht, dürfte ihr die Nachricht zumindest ein wenig Erleichterung verschafft haben. Und es macht es für Williams einfacher, sich auf ihren Job zu konzentrieren. Und der bereitet ihr weiterhin Freude: „Ich liebe die Herausforderung und den Druck, daher stecke ich noch immer so viel Mühe und Zeit ins Training“, sagte sie nach dem Sieg in ihrem 100. Einzelmatch im Viertelfinale am Dienstag gegen French-Open-Gewinnerin Jelena Ostapenko.

Mit 37 ist Venus Williams ist die älteste Halbfinalistin seit Martina Navratilova 1994

Seit Martina Navratilova 1994 war keine Wimbledon-Halbfinalistin mehr so alt wie Venus Williams. Rein sportlich überrascht ihr Abschneiden in London allerdings kaum, schon bei den Australian Open Anfang des Jahres hatte sie es bis ins Endspiel geschafft. Damals stand ihre übermächtige Schwester Serena im Finale gegenüber, diesmal ist der Weg zum Titel frei. Ihr Alter sieht Venus dabei eher als Vorteil. „Ich denke, dass Erfahrung hier eine wichtige Rolle spielt. Darauf kann ich bauen“, glaubt sie.

Gegen Konta wird sie am Donnerstag allerdings erstmals auch gegen das Publikum anspielen, das sie bisher immer unterstützt hatte. Die 26-jährige Britin, der dieser Tage in Wimbledon die Herzen des Londoner Publikums nur so zufliegen, gibt sich vor dem Duell mit Williams fast schon demütig. „Sie ist ein großartiger Champion und ich fühle mich sehr geehrt mit ihr gemeinsam auf dem Platz stehen zu dürfen“, sagte Konta und erklärte auf das Alter ihrer Gegnerin angesprochen: „Das spielt keine Rolle.“

Vielleicht ist es Williams sogar ganz recht, dass der Fokus in diesem Halbfinale eher auf ihre Gegnerin gerichtet ist. Anders als ihre Schwester Serena gilt sie als introvertiert und als Mensch kleiner Gesten und weniger Worte. Trotzdem hat sie sich ihren sportlichen Ehrgeiz bewahrt. Und der Sieg bei ihrem Lieblingsturnier in Wimbledon würde Venus Williams gerade nach den jüngsten Ereignissen in der Heimat wohl umso mehr bedeuten.

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