Der Schweizer wird bei Hertha BSC wieder gebraucht: Fabian Lustenberger: Konstant verlässlich
Wenn Hertha BSC am Donnerstag bei Sorja Luhansk antritt, wird Fabian Lustenberger vermutlich wieder in die Startelf stehen. Eigentlich war das immer so.
Das Leben von Fabian Lustenberger ist, zumindest von außen betrachtet, von einer gewissen Konstanz gekennzeichnet. Er lebt seit mehr als zehn Jahren in derselben Stadt und ist ebenso lange für denselben Arbeitgeber tätig. Trotzdem erlebt der 29-Jährige immer noch Situationen, die für ihn neu sein dürften. Am Montag zum Beispiel, bei der ersten Trainingseinheit der Bundesliga-Fußballer von Hertha BSC in dieser Woche, hat Lustenberger sogar Szenenapplaus bekommen. Am Ende eines schönen Spielzugs kam er aus dem Rückraum zum Schuss, und obwohl Rune Jarstein den Ball parierte, klatschten die Zuschauer.
Fabian Lustenberger passiert es nicht oft, dass er das Publikum mit seinem Spiel zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Anerkennung ja, aber Applaus? Und auch die Anerkennung hat schleichend abgenommen. Von Mitte Februar bis Mitte September stand der Schweizer kein einziges Mal in Herthas Startelf, so dass sich langsam der Eindruck verfestigte, es ist … – „vorbei“, vervollständigt Lustenberger den Satz. Ja, doch, „das war einfach so“. Mit Per Skjelbred, Vladimir Darida und Niklas Stark gab es drei Anwärter für nur zwei Plätze im defensiven Mittelfeld. Fabian Lustenberger schien nur noch vierte Wahl zu sein.
Inzwischen ist davon keine Rede mehr. Im ersten Europa-League-Spiel gegen Athletic Bilbao stand Lustenberger plötzlich wieder in der Startelf. Und er spielte, als hätte er nie pausiert; er spielte vor allem so, als hätte es keinen Grund gegeben, ihn überhaupt pausieren zu lassen. „Wenn Lusti fit ist, ist er mit seinem Fußballverstand ein sehr guter Sechser für uns. Zuletzt hat er gute Leistungen gezeigt“, sagt Trainer Pal Dardai. „Er ist ein echter Stratege, und so einen haben wir sonst nicht.“
Neben Vladimir Darida fehlt auch Torhüter Thomas Kraft
Es ist bei Hertha ein offenes Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen Dardai und Lustenberger nicht das einfachste ist. Der Ungar hat den Schweizer vor knapp anderthalb Jahren als Kapitän abgesetzt, weil ihm dessen Art zu wohltemperiert ist. Die Entscheidung hat Lustenberger zugesetzt, aber er hat nie resigniert. Und letztlich ist Dardai an dessen fußballerischen Qualität nicht vorbeigekommen. Das Paradoxe ist, dass es Dardai als Spieler oft ähnlich ergangen ist. Vor der Saison sah es immer so aus, als müsste er um seinen Platz im Team fürchten, am Ende aber hat er eigentlich immer gespielt.
Das wird wohl auch bei Lustenberger so sein, wenn Hertha am Donnerstag gegen Sorja Luhansk um das Überwintern in der Europa League spielt (ohne Torhüter Thomas Kraft, der wegen Wadenproblemen ausfällt). Der Schweizer ist so etwas wie Herthas 12. Mann, die erste Option, wenn jemand fehlt. „Ich gehe schwer davon aus, dass ich mitfliege“, sagt Lustenberger. „Ich hoffe auch, dass ich spiele.“ Durch den Ausfall von Vladimir Darida ist ein Platz frei geworden. Lustenberger stellt sich „gern zur Verfügung“, sagt er. „Ich rechne mir auch gute Chancen aus.“
Lustenberger hat mit Hertha schon mal in der Ukraine gespielt
Es ist das zweite Mal, dass die Berliner im Europapokal auf einen Gegner aus der Ukraine treffen. Vor neun Jahren gab es ein 0:0 bei Metalist Charkiw; außer Raffael und Marko Pantelic stand auch Pal Dardai in der Startelf. Fabian Lustenberger wurde in der 77. Minute eingewechselt. „Große Erinnerungen habe ich ehrlich gesagt nicht“, erzählt Lustenberger.
Es war für ihn eben nur einer von jetzt 3724 Tagen als Spieler von Hertha BSC. Als Lustenberger im August 2007 nach Berlin kam, ist er mit der U2 zum Training gefahren, weil er noch keinen Führerschein hatte. Niemand spielt länger für Hertha, und keiner hat mit dem Klub so viele Höhen und Tiefen erlebt. Die Situation zu Saisonbeginn aber war neu für ihn. Lustenberger hatte die komplette Vorbereitung mitgemacht, war fit – und kam in den ersten vier Pflichtspielen keine einzige Minute zum Einsatz. Kommen da nicht zwangsläufig Zweifel auf? „Zweifel ist der falsche Ausdruck“, sagt Lustenberger, „aber ich war schon ein bisschen enttäuscht.“ Andererseits wusste er eben auch, dass es in den englischen Wochen wieder ganz anders aussehen könnte.
Seit seinem Saisondebüt gegen Bilbao stand Lustenberger vier Mal in der Startelf; in den sieben Spielen seitdem blieb er nur am Samstag bei der Niederlage gegen Schalke komplett draußen. „Ich schaue darauf, dass ich gut trainiere, fleißig bin, mich anbiete“, sagt Lustenberger. „Ich fühl mich wohl, mein Körper fühlt sich gut an – das ist ein gutes Zeichen, weil ich auch schon andere Momente hatte.“ Eigentlich hat Lustenberger nur dann nicht regelmäßig gespielt, wenn er mal länger verletzt war – da das derzeit nicht der Fall ist, sind seine Perspektiven gar nicht mal so schlecht. „ Wenn ich in dieser Saison gespielt habe, habe ich auch gute Spiele abgeliefert“, sagt Lustenberger. „Ich habe dem Trainer gezeigt, dass ich da bin.“
Der Trainer hat es zur Kenntnis genommen.