Die Füchse im Film: Euphorisch, ehrlich, authentisch
In der Dokumentation „Hier ist unser Revier“ wird dem Zuschauer ein Einblick hinter die Kulissen in den Alltag des Berliner Bundesligisten gegeben.
Emotionale Kabinenansprachen, interne Vereinsgespräche und persönliche Momente – in der Füchse-Dokumentation „Hier ist unser Revier“ wird dem Zuschauer ein Einblick hinter die Kulissen in den Alltag der Berliner gegeben. Manchmal euphorisch, manchmal brutal ehrlich, immer authentisch.
„Das ist für uns eine Möglichkeit etwas zurückzugeben“, erklärt Geschäftsführer Bob Hanning.
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Ein Geschenk für die Fans, die aufgrund der Corona-Pandemie momentan die Spiele ihres Vereins nur an den Bildschirmen verfolgen können. Ohne Anfeuern von der Tribüne, Autogramme nach Abpfiff oder kurzes ein Gespräch vor der Halle. Nun gibt es wieder etwas mehr von den Füchsen. Zwar auch nur digital, aber immerhin.
Ungeschönt wird die Mannschaft durch die Saison begleitet und das bemerkenswerterweise ohne sich auf das Sportliche zu fokussieren. „Wir wollen keine Spieltagsberichterstattung leisten“, sagt Florian Reza, der im Rahmen seiner Tätigkeit für Story House Productions für die Bewegtbilder verantwortlich ist. „Uns ist es wichtig zu zeigen, was in dem Verein passiert und bei den Menschen die dazu gehören. Das ist die Geschichte, die uns interessiert.“
Ganz ohne Handball geht es natürlich nicht. Allerdings dient dieser nur als Rahmen, wird eher über Kabineneinblicke reflektiert, über Siegesfeiern und Frustverarbeitung. Da schmeißt Jacob Holm nach der enttäuschenden 22:32-Niederlage gegen den SC Magdeburg beispielsweise wütend sein Handtuch in die Ecke, werden Gespräche gefilmt, die Sportvorstand Stefan Kretzschmar nach dem 23:29 gegen die Rhein-Neckar-Löwen führte. „Wenn Kretzsche so eine Ansprache hält, hält man selbst die Luft an“, gibt Reza zu, der Konzeption, Kameraführung und Moderation hauptsächlich alleine übernommen hat.
Wie das Team wird er regelmäßig auf das Virus getestet, kann so immer nah ans Geschehen. So nah, dass der Zuschauer fast schon teilnehmend beobachten kann. Er sitzt mit im Raum, wenn Hanning und Kretzschmar Vertragsverlängerungen ausloten oder nimmt während des Trainings auf der Bank neben den Spielern Platz, während Coach Jaron Siewert Taktisches erklärt.
„Es ist nicht alles rosarot“
Restriktionen gab es bei dem Dreh nicht. Und so wurde in der Dokumentation kommuniziert, was der Verein eigentlich nicht publizieren wollte: Der positive Corona-Test von Jakov Gojun Ende September. „Wir haben ganz bewusst diese Dinge nicht moniert, wenngleich es da von manchen Seiten Ärger gab“, erklärt Hanning, „es soll ehrlich sein“. „Wir können auch Momente zeigen, in denen es schwierig wird“, bestätigt Reza, dem es gelingt, die Dokumentation nicht zu einem Imagefilm verkommen zu lassen. „Es ist nicht alles rosarot.“
Für den 27-Jährigen ist es nach diversen ZDF-Wissens-Produktionen der erste Auftrag im Sportbereich. Da gab es auch für ihn viele neue Erkenntnisse. „Das Profi-Dasein ist härter als ich gedacht habe, was die Reisestrapazen und alles dazwischen angeht. Das ist ein wirklich hartes Pensum vor dem ich großen Respekt habe“, sagt Reza. „Aber genauso ist es mit der psychischen Herausforderung. Ich hatte vorher gar nicht so auf dem Schirm, wie viel Sport im Kopf stattfindet.“
Aspekte, die die Dokumentation ebenso mitnimmt, wenn Marian Michalczik beispielsweise frei über seine Enttäuschung nach der Weltmeistermeisterschaft spricht, die er größtenteils auf der Bank verbracht hat, wenn er nicht sogar auf die Tribüne verbannt wurde.
Mit filmischen Eindrücken von seinem Camcorder, zwei in der Kabine installierten Kameras und zusätzlichen Aufnahmen vom Spielfeldrand sind vier Folgen á 26 Minuten geplant, von denen zwei bisher erschienen sind. „Die größte Aufgabe ist die Sichtung und die Perlen zu heben“, erzählt Reza, der bei den Unmengen von Material schon einige seiner Lieblingsmomente aussortieren musste, weil sie letztlich nicht in die Geschichte passten. Ein Golftag mit Stefan Kretzschmar zum Beispiel oder ein Ausflug mit Bob Hanning auf die Pferderennbahn. „Vielleicht machen wir da einen Film draus“, plant Hanning unterdessen bereits weiter.
Reza hätte bestimmt nichts dagegen. Doch für ihn ist erst einmal die nächste Folge interessant, die Anfang Mai erscheinen soll. Vielleicht mit Material aus dem heutigen Spiel der Berliner bei TUSEM Essen. Denn nach vier Bundesliga-Niederlagen in Folge will die Mannschaft ihre Geschichte wieder positiv ausrichten.
„Ich habe das Gefühl, dass in Essen die Trendwende eingeleitet wird“, ist der Filmemacher zuversichtlich, der sich durch die Arbeit vom sporadischen Handball-Zuschauer, der hauptsächlich die großen Turniere verfolgt, hin zum Fan entwickelt hat. Er wird auch heute ganz genau hinschauen – nicht nur, weil es sich für seinen Film anbietet.
- Die Doku-Serie wurde in Zusammenarbeit mit dem Fernsehsender Sky produziert und wird bereits während der laufenden Spielzeit ausgestrahlt.
Carolin Paul