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Der stille Meister. Tim Duncan (links) ist einer der Stars der San Antonio Spurs, die am Mittwoch in Berlin ein Testspiel gegen Alba Berlin bestreiten.
© picture alliance / dpa

Interview mit Co-Trainer der San Antonio Spurs: Ettore Messina: „Der Abstand der NBA ist wieder größer“

Ettore Messina, der Co-Trainer der San Antonio Spurs, erklärt in unserem Interview, was die NBA-Basketballer von Europa gelernt haben. Am Mittwoch spielt der NBA-Klub in Berlin gegen Alba

Herr Messina, werden Sie der erste europäische Basketballtrainer sein, der einen NBA-Klub coacht?

Ich habe keine Ahnung, ehrlich. Das treibt mich auch nicht um.

Aber der Cheftrainer der San Antonio Spurs, Gregg Popovich, hat Sie bereits als möglicher Nachfolger ins Spiel gebracht.

Ich habe keine Ziele. Ich bin 55 Jahre alt, ich hatte eine ziemlich gute Karriere in Europa, ich will nun diese Erfahrung mit den Spurs genießen. Ich lebe an einem Ort, an dem dieselben Werte gelten, die auch mir wichtig sind: sich um andere kümmern, verantwortlich sein, gute Momente neben dem Basketball zusammen genießen. Ich bin glücklich, dass mich Popovich gefragt hat, ob ich in das Programm komme.

Der NBA-Klub Cleveland Cavaliers setzt in David Blatt zumindest auf einen in Europa groß gewordenen Trainer.

Ich würde das nicht überbewerten, in dem Sinne, als dass diese Verpflichtung europäischen Trainern in der NBA helfen könnte. David Blatt hat sich zwar einen Namen in Europa gemacht, besonders bei Maccabi Tel Aviv. Aber für die Amerikaner ist er ein Amerikaner. Wie Mike d’Antoni von den Los Angeles Lakers, der auch viele Jahre in Italien war. David Blatts Fall wird den europäischen Trainern helfen, aber nicht so sehr wie die Leute denken.

Wollen die NBA-Klubs nur US-Amerikaner als Cheftrainer haben?

Keine Ahnung. Es kommt auf die Organisation und das Management an. Wenn die Vereine mit internationalen Spielern spielen wollen, werden sie vielleicht eines Tages auch mit internationalen Trainern spielen wollen. Es ist eher eine Frage des Vertrauens als des Passes. Erinnern Sie sich, als die ersten ausländischen Spieler in die NBA kamen? Da gab es auch eine unsichtbare Barriere, eine Art Berliner Mauer. Mauern sind dazu da, um überwunden zu werden.

Dabei gab es eine Zeit, als europäische Trainer den USA eine Lektion in Sachen Teambasketball erteilen konnten. Bei der WM in Spanien aber dominierten die NBA-Stars der USA wieder mit durchschnittlich 33 Punkten Vorsprung. Ist diese Phase zu Ende?

Definitiv. Es wird wieder schwieriger für den Rest der Welt aufzuholen. Die Amerikaner gehen dauerhaft zurück zu mehr Passspiel und Bewegung auf dem Feld. Sie spielen jetzt auch internationalen Basketball. So haben sie die Vorteile der Ballbewegung gepaart mit ihren großartigen individuellen technischen und physischen Fähigkeiten – der Abstand ist wieder größer als zuvor.

Wie unterscheiden sich die Persönlichkeiten von NBA-Stars zu europäischen Spielern?

Ich kann ihnen nicht viel erzählen, wir haben ja in San Antonio acht internationale Spieler (lacht). Aber ich kann erzählen, wie es bei den Los Angeles Lakers war, wo ich auch gearbeitet habe.

Sehr gerne.

In Europa gibt es das Vorurteil, dass in der NBA im Training nicht viel gearbeitet wird. Das stimmt nicht. Nur richten die NBA-Klubs das Training nach den Anforderungen der Saison aus. Wir spielen zum Beispiel in dieser Saison 82 Spiele in 167 Tagen. Es gibt auch sehr viel individuelles Training. Ich erinnere mich, dass alle Spieler der Lakers eine Stunde vor dem Training individuell trainierten. Außerdem sind sie extrem aufnahmefähig, lernen schneller und brauchen weniger Wiederholungen als europäische Spieler.

Gibt es einen Unterschied im Umgang mit dem eigenwilligen Kobe Bryant im Vergleich zum stillen Tim Duncan?

Also, ganz grundsätzlich: Das Schwierigste ist nicht Spieler zu coachen, die eine starke Persönlichkeit haben. Als Trainer willst genau so einen Spieler haben, ohne Persönlichkeiten kann man nicht gewinnen. Das Schwierigste ist, wenn man einen Spieler mit einer starken Persönlichkeit hat, der keine Verantwortung fürs Team spürt. Wenn man so jemanden hat, dann gibt es Konflikte.

Der Co-Trainer der Spurs. Ettore Messina.
Der Co-Trainer der Spurs. Ettore Messina.
© picture alliance / dpa

Ist Kobe Bryant so ein Spieler?

Nein, er ist eine starke Persönlichkeit mit großer Verantwortung für sich selber und andere. Auch Tim Duncan ist das, auf eine andere Art. Alle diese Champions sind das.

Am Mittwoch spielen Sie mit den San Antonio Spurs ein Testspiel gegen Alba Berlin, Verfolgen Sie Basketball in Deutschland?

Nicht im Moment, aber als ich bei ZSKA Moskau oder Real Madrid war, haben wir jedes Jahr gegen Bamberg oder Berlin gespielt. Ich sehe eine große Entwicklung. Die Liga wird sehr professionell geführt. Die Klubs haben nicht das größte Budget in Europa, aber sie gehen damit sehr verantwortlich um. Die Trainer werden besser, die Zuschauer steigen, man sieht viel Enthusiasmus in den Hallen. Mir gefällt, was hier passiert, es ist eine gute Atmosphäre, um neue Spieler zu entwickeln.

Aber den nächsten Dirk Nowitzki hat die Liga noch nicht entwickelt.

Es kann nicht jedes Jahr einen geben.

Was braucht es, um einen NBA-Spieler zu entwickeln?

So darf man gar nicht erst an die Sache herangehen. Man entwickelt gute Spieler und ab und zu ist ein ganz besonderer dabei. In Madrid haben wir auch nicht daran gedacht, dass wir mit Nikola Mirotic einen NBA-Spieler entwickeln wollen. Wir haben jemanden gesucht, der Real Madrid weiterhelfen kann. Und nun ist er ein Spieler bei den Chicago Bulls. Aber man hat nicht von Beginn an diesen Plan.

Doch: Holger Geschwindner, der Mentor von Dirk Nowitzki, wollte ihn von Anfang an in die NBA bringen.

Da kann man nur gratulieren.

- Ettore Messina, 55, arbeitet in dieser Saison als Co-Trainer beim NBA-Meister San Antonio Spurs. Mit Virtus Bologna und ZSKA Moskau gewann der Italiener viermal die Euroleague.

Benedikt Voigt

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