Pokal-Halbfinale Bremen gegen Bayern: „Es war ein Bonbon, das wir vergoldet haben”
Der ehemalige Bremer Christoph Dabrowski spricht über den DFB-Pokal-Sieg vor 20 Jahren, Werders Chancen im Halbfinale und Fußball in Berlins Käfigen.
Herr Dabrowski, am Mittwoch um 20.45 Uhr treffen Werder Bremen und Bayern München im DFB-Pokal-Halbfinale aufeinander. Vor 20 Jahren standen sich beide Mannschaften im Finale gegenüber. Bremen gewann mit 6:5 nach Elfmeterschießen. Sie waren als 20-Jähriger in Werders Startaufstellung. Welche Erinnerungen haben Sie an das Spiel in Berlin?
Das war natürlich ein absolutes Highlight – vor allem wegen der Kulisse. Wenn das Stadion in Berlin ausverkauft ist, hat es eine besondere Atmosphäre. Gerade mit dem Finalcharakter und gegen Bayern München, die eine Übermannschaft waren. Da unten am Platz zu stehen, da einzulaufen, das ist mit Gänsehaut und Kribbeln verbunden.
Schon nach drei Minuten stand es 1:0 für Bremen. Obwohl Sie im defensiven Mittelfeld spielten, bereiteten Sie das Tor vom rechten Flügel vor. Oliver Kahn war machtlos. Wie haben Sie diese Szene erlebt?
Ich habe den Raum gesehen, gut antizipiert und Andi Herzog hat den Ball nach rechts gespielt. Dann habe ich kurz hochgeguckt, gesehen, dass Jurij Maximov mitläuft und habe den Ball quergelegt. Es ist schon etwas Besonderes, in so einem Spiel ein Tor aufzulegen.
Bayerns Carsten Jancker traf zum 1:1. Im Elfmeterschießen schoss Stefan Effenberg drüber. Bremens Torwart Frank Rost trat selber an und traf. Anschließend hielt Rost den entscheidenden Elfmeter von Lothar Matthäus.
Danach sprudelt es aus einem raus, das ist ein Gefühlswahnsinn. Jeder einzelne ist außer Rand und Band. Da kann man es noch gar nicht realisieren, man sprintet los, versucht, irgendjemanden zu greifen. Die Glücksgefühle waren endlos.
Sie mussten gegen Typen wie Effenberg, Jens Jeremies und Mario Basler spielen, die auf dem Platz auch verbal ausgeteilt haben. Hatten Sie Angst vor denen?
Angst nicht, aber ich hatte natürlich Respekt vor den Topspielern, die etwas erreicht haben. Irgendwie schaut man dann auch hoch. Aber in der Phase habe ich mir nicht so viele Gedanken gemacht, weil ich ein junger Spieler war und eine gewisse Unbekümmertheit hatte.
Haben Sie auf dem Platz mit denen kommuniziert?
Nein. Die machen da professionell ihr Ding. Klar, im Eifer des Gefechts diskutiert man mal über einen Zweikampf, aber viele Berührungspunkte hatte ich mit denen nicht.
Bremens Saison lief damals schlecht, Wolfgang Sidka und Felix Magath wurden als Trainer entlassen, Thomas Schaaf übernahm. Ottmar Hitzfelds Bayern waren bereits Meister. Wie haben Sie sich in der Kabine Mut gemacht?
Bei uns waren auch viele erfahrene Spieler dabei. Ich erinnere an Dieter Eilts, Jens Todt oder Marco Bode. Das waren Nationalspieler, die schon Titel geholt hatten. Es war nicht so, dass da irgendwelche Mickymäuse über den Platz gelaufen sind. Wir wollten das Spiel nach der schwachen Saison genießen. Auf der Zielgeraden hatten wir den Klassenerhalt eingetütet, und das Finale war ein Bonbon obendrauf, das wir vergoldet haben.
Mit wem haben Sie das Trikot getauscht?
Mit Thorsten Fink. Der war mein Gegenspieler, als er reingekommen ist. Sein Trikot war noch übrig geblieben. Jetzt müsste es irgendwo im Keller sein, in Berlin bei meiner Mutter. Da habe ich ein paar Taschen mit getauschten Trikots.
Können Sie sich noch an die Feier in Berlin erinnern?
Wir haben die ganze Nacht Party gemacht. Irgendwann sind wir in einen Club gefahren, haben noch getanzt und ein paar Gläschen zu uns genommen.
Sie arbeiten mittlerweile als U23-Trainer bei Hannover 96. Haben Sie dennoch Kontakt zu den ehemaligen Kollegen aus Bremen?
Ja, mit dem ein oder anderen. Andi Herzog treffe ich jedes Jahr im Winterurlaub im Salzburger Land, da tauschen wir uns mal aus. Und Bernhard Trares ist mittlerweile ein Trainerkollege (bei Waldhof Mannheim, Anm. d. Red.).
Kann Werder Bremen die Bayern im bevorstehenden Halbfinale erneut schlagen?
Zuhause haben sie eine riesige Chance. Werder ist eine Pokalmannschaft und ich glaube, dass sie ins Finale einziehen.
Wer könnte dieses Mal das entscheidende Tor machen?
Wenn Claudio Pizarro auf dem Platz steht, Pizarro. Sonst Max Kruse oder Milot Rashica. Irgendeiner wird das Herz in die Hand nehmen.
Nun steht nicht mehr Frank Rost im Tor, sondern Jiri Pavlenka.
Der ist ein sehr guter Torhüter. Sicher ist er in der Lage, das Spiel mit einem gehaltenen Elfmeter auch zu entscheiden.
Ob Bayern oder Bremen: Der Gewinner darf zum Finale nach Berlin fahren. Sie sind in der Stadt aufgewachsen.
Beim kleinen 1. FC Schöneberg habe ich angefangen und den Spaß am Fußballspielen im Verein entdeckt. Vorher war ich von morgens bis abends in den Fußballkäfigen Berlins unterwegs. Dann bin ich zu Preussen gewechselt, die etwas ambitionierter waren. Nach einem Jahr habe ich die Chance bekommen, bei Hertha zu spielen. Mein Trainer war Dieter Timme. Mit der Berliner Auswahl durfte ich beim Länderpokal spielen. Werder wurde dort auf mich aufmerksam und ich konnte den Weg aus Berlin wagen. Das hat sich im Nachhinein als gut herausgestellt.
Christoph Dabrowski, 40, bestritt 273 Bundesligaspiele (22 Tore) für Werder Bremen, Arminia Bielefeld, Hannover 96 und den VfL Bochum. Seit 2018 trainiert er die U23 von Hannover 96.