Berlin-Marathon: Eliud Kipchoge gewinnt im Regen
Der Kenianer Eliud Kipchoge hat den Berlin-Marathon gewonnen, verfehlte jedoch den Weltrekord.
Eigentlich lächelt Eliud Kipchoge immer, wenn er läuft. Am Sonntag gab es beim Berlin-Marathon aber auch eine Phase, in der der Kenianer genervt war – das war nicht zu übersehen. Etwa sieben Kilometer vor dem Ziel zeigte der Olympiasieger von Rio de Janeiro das zum ersten Mal. Mit ihm an der Spitze lief nur noch der Außenseiter Guye Adola, wobei sich der Äthiopier ständig hinter Kipchoge aufhielt.
Das gefiel Kipchoge gar nicht, und so gestikulierte er in Adolas Richtung und forderte ihn auf, sich nicht nur im Windschatten zu verstecken. Adola ging nur mäßig darauf ein. Er bequemte sich dann immerhin, neben ihm zu laufen. Doch plötzlich attackierte Adola sogar und hatte einen kleinen Vorsprung.
Zwei Kilometer vor dem Ziel hellte sich Kipchoges Miene aber wieder auf. Der 32-Jährige holte Adola erneut ein, übernahm die Führung und brach kurz darauf dessen Widerstand. So gewann Kipchoge den Berlin-Marathon, zum zweiten Mal nach 2015. Er lief die 42,195 Kilometer in 2:03:32 Stunden. Den anvisierten Weltrekord konnte Kipchoge jedoch nicht unterbieten. Der gehört weiter seinem Landsmann Dennis Kimetto, mit 2:02:57 Stunden, gelaufen 2014 in Berlin.
Philipp Pflieger musste aufgeben
Dass Kipchoge dieses so offensiv formulierte Ziel verpasste, lag vor allem an den äußeren Bedingungen. „Die waren wirklich schwierig“, sagte er. Denn dunkle Wolken hingen über Berlin. Es regnete, war diesig, und weil es in der Nacht zuvor stark geregnet hatte, waren auch die Straßen sehr nass. „Das war mein härtester Marathon“, sagte Kipchoge.
Mit dem Wetter musste auch Philipp Pflieger kämpfen – mit tragischem Ausgang. Der 30-Jährige aus Regensburg war als aussichtsreichster deutscher Starter in das Rennen gegangen. Pflieger, der beim Olympia-Marathon von Rio 55. geworden war, wollte seine persönliche Bestzeit von 2:12:50 Stunden deutlich unterbieten und sich für die EM im nächsten Jahr in Berlin empfehlen. Er hatte eine Zeit von 2:11:30 Stunden angepeilt und bis Kilometer 30 sah es auch genau danach aus.
Doch dann bekam Pflieger große Probleme. Er erlitt einen kleinen Schwächeanfall und musste sich an einer Absperrung festhalten. Aufgeben wollte er aber nicht. Er lief weiter, strauchelte kurz darauf wieder, hielt sich allerdings auf den Beinen. Etwas später ging es dann endgültig nicht mehr weiter. Pflieger sackte zusammen, drei Kilometer vor dem Ziel. Völlig entkräftet wurde er von einem Zuschauer gehalten, damit er nicht umfiel. Es war ein dramatisches Bild.
Enttäuscht sagte Pflieger: „Es war, als hätte mir jemand den Stecker gezogen. Ich hatte mich eigentlich lange sehr gut gefühlt.“ Aber dann sei ihm kalt geworden und auch die Beine wurden extrem schwer. Dass er nicht sofort aufhörte, erklärte er so: „Ich war nicht mehr in der Lage, rationale Entscheidungen zu treffen.“ Wie es nun weitergeht, wusste Pflieger noch nicht. „Ich war so sicher, dass ich eine gute Zeit laufen werde“, sagte er. „Deshalb habe ich mir noch keine Gedanken über den Sonntag hinaus gemacht.“
Guye Adola gelang ein besonderes Debüt
Kipchoge hingegen kennt seine Planung für das nächste Jahr schon genau. „Ich komme wieder“, sagte er. Schließlich gilt Berlin als schnellste Marathonstrecke der Welt – und sein großes Ziel bleibt weiter der Weltrekord. Inoffiziell hat Kipchoge den zwar schon, doch die 2:00:25 Stunden, die er Anfang Mai auf der Rennstrecke von Monza als Teil eines Experiments unter besonderen Bedingungen lief, werden vom Internationalen Leichtathletik-Verband nicht anerkannt. Umso mehr wollte er auch den offiziellen Rekord. „Ich bin nicht nur für den Sieg gekommen, ich wollte mehr“, sagte er.
Einen speziellen Rekord konnte der 44. Berlin-Marathon aber noch bieten, den für das schnellste Marathon-Debüt überhaupt. Noch nie zuvor war ein Mensch den ersten Marathon seiner Karriere so schnell gelaufen wie der zweitplatzierte Adola: 2:03:46 Stunden. Der 26-Jährige war bisher nur als Halbmarathon-Spezialist bekannt. Nun ließ er die Mitfavoriten wie Wilson Kipsang und Vorjahressieger Kenenisa Bekele hinter sich, die beide später aufgaben. Bekele, Olympiasieger über 5000 und 10.000 Meter, mochte die nassen Bedingungen sichtlich am wenigsten. Bei Kilometer 30 beendete Kipsang plötzlich den Marathon. Der Zweite des Vorjahres und Berlin-Sieger von 2013 hatte offenbar Magenprobleme, denn am Streckenrand beugte sich Kipsang vorne über.
Adola dagegen ging es deutlich besser. Was er auf der neuen, längeren Distanz gefühlt habe, wurde er später gefragt. „Reine Freude“, antwortete er. Auch Kipchoge war voll des Lobes für ihn. „Adola hat eine große Überraschung hingelegt“, sagte er. Für sich selbst sieht er ihn aber noch nicht als Gefahr. „Ich habe so kurz nach Monza gezeigt, dass es möglich ist, erneut schnell zu laufen. Für mich ist also noch einiges möglich.“