Shawn Lalonde zum Saisonstart in der NHL: "Eishockey ist ein Kulturgut in Kanada"
In der Nacht zu Mittwoch startet die neue Saison in der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL. Eisbären-Verteidiger Shawn Lalonde über Favoriten, Stars und seinen Meisterring.
Als Kind habe ich immer davon geträumt, einmal in der National Hockey League (NHL) zu spielen. Im vergangenen April hat sich mein Traum erfüllt. Ich durfte für die Chicago Blackhawks im letzten regulären Saisonspiel bei den St. Louis Blues auflaufen. Das war ein unglaubliches Gefühl, auch wenn wir 1:3 verloren haben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich damals sowohl in der Verteidigung als auch als Stürmer eingesetzt wurde. Und auch wenn ich in den anschließenden Play-offs nicht mehr dabei war, fühle ich mich dennoch in gewisser Weise als Stanley-Cup-Sieger. Ich habe auch meinen Meisterring bekommen, den ich aber nie trage. Er ist viel zu groß und schwer.
Heute beginnt die neue Saison in der NHL. Nach der wegen des Arbeitskampfes zwischen Spielern und Eigentümern verkürzten vergangenen Spielzeit gibt es diesmal wieder die volle Anzahl an Spielen. Gerade in meiner Heimat Kanada ist die Vorfreude riesig. Wir Kanadier leben Eishockey, es ist sozusagen ein Kulturgut bei uns. Deshalb ist es auch so wichtig, dass es jetzt erst einmal einen neuen Tarifvertrag gibt und die Spiele in der NHL in den nächsten Jahren gesichert sind. Die NHL hat so viele Fans – nicht nur in Kanada, auch in den großen US-Städten wie Chicago oder Detroit gibt es eine treue Anhängerschaft. Für die ist es toll, dass nun wieder eine volle Saison gespielt wird. Die Liga hat verstanden, dass es ohne Fans nicht geht. Hoffentlich auch auf lange Sicht.
Daniel Alfredsson kämpft gegen sein altes Team
Allerdings müssen sich Zuschauer und Teams erst einmal an die Neueinteilung der Divisionen gewöhnen. Die Columbus Blue Jackets und die Detroit Red Wings spielen jetzt in der Eastern Conference, die Winnipeg Jets dafür im Westen. Ich weiß noch nicht, ob sich das bewährt. Mit den Red Wings hatten wir in Chicago immer eine große Rivalität, die es künftig nicht mehr so ausgeprägt geben wird, weil die Teams jetzt in unterschiedlichen Conferences spielen. Andererseits werden auch neue Rivalitäten geschaffen, gerade für die Teams im Osten.
Nehmen wir zum Beispiel Ottawa. Hier bin ich geboren und aufgewachsen. So lange ich denken kann, war bei den Senators Daniel Alfredsson der Kapitän. Im Sommer hat er die Entscheidung getroffen, den Klub zu verlassen – nach17 Saisons und im Alter von 40 Jahren. Er wird nun für Detroit spielen, weil er glaubt, dort eine bessere Chance auf den Titel zu haben als in Ottawa. Beide Mannschaften gehören jetzt aber derselben Division an, das heißt Alfredsson kämpft nun gegen sein altes Team um die Play-off-Teilnahme. Das werden sicherlich interessante Duelle, denn Alfredsson war der Spieler schlechthin in Ottawa.
Die neue Zusammensetzung der Conferences hat aber auch dazu geführt, dass es im Osten 16 und im Westen nur 14 Teams gibt. Das mag auf den ersten Blick ungerecht sein, aber irgendwie gleicht sich das schon aus. Ich denke aber, dass der nächste Stanley-Cup-Sieger wieder aus dem Westen kommen wird. Okay, die Pittsburgh Penguins um Sidney Crosby und Jewgeni Malkin haben ein sehr gutes Team. Aber die Los Angeles Kings oder St. Louis schätze ich auch sehr stark ein.
Sicher nicht zu den Topfavoriten zählt Tampa Bay Lightning. Aber dafür spielt dort mein Lieblingsspieler Steven Stamkos. Wir haben bereits als Kinder und Jugendliche gegeneinander gespielt. Inzwischen hat er sich zu einem Superstar entwickelt und war schon zweimal NHL-Torschützenkönig. Er ist in der gleichen Liga wie Crosby oder Alexander Owetschkin angekommen.
Crosby, Stamkos und viele andere Stars in der NHL sind Kanadier, aber die Teams aus meinem Heimatland warten seit 1993 auf eine Meisterschaft. Ob es in dieser Saison klappt? Es wird schwierig. Ottawa hat vielleicht die größten Chancen, Toronto kommt auch wieder.
Klar werde ich auch verfolgen, wie sich Chicago schlägt. Die Blackhawks sind immer noch mein Team, das auch die Rechte an mir hat. Und es ist schon ein Ziel von mir, irgendwann noch einmal in die NHL zurückzukehren. Aber jetzt konzentriere ich mich erst einmal voll auf Berlin und die Eisbären. Es wäre toll, wenn ich mich nach der Saison in der DEL auch wieder Meister nennen könnte.“
Aufgezeichnet von Jörg Leopold.