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Laufen soll Freude machen, deswegen gehört Leichtigkeit dazu, sagt Mike Kleiß.
© imago/Westend61

Kolumne: So läuft es: Einfach mal ein bisschen fliegen

Für viele ist Laufen eng verbunden mit hartem Training, mit krampfhaftem Training. Dabei ist Leichtigkeit der Schlüssel zu besserem Laufen.

Ich bin geflüchtet. Ich bin einfach nur geflüchtet. Für ein paar Tage nach Mallorca. Nur Sonne, nur Wind, nur laufen, nur spontan ein bisschen Kraft tanken und keine Gespräche. Ich konnte das ständige Bestzeiten-Gespräch einfach nicht mehr hören. Es ist immer die selbe Leier: Immer wenn die ersten Marathons im Jahr anstehen, reden Läufer von Zeiten. Noch besseren Zeiten. Noch härteren Trainings. Noch besser abgestimmten Ernährungsplänen. Um noch ein paar Kilos zu verlieren, damit es noch besser läuft. Und oft wird für viele das Training zum Krampf. Und damit auch das Laufen. Fürchterlich. Und schade. Und traurig. Und alles.

Gestern noch – vor meiner Abreise – bin ich auf meiner Laufstrecke Benno begegnet. Benno ist 72 Jahre alt. Benno kämmt die Haare von links nach rechts, in der Mitte hat er keine mehr. Deshalb lässt er sie links lang wachsen und legt sie über den breiten Mittelscheitel. Benno hat kaum noch Zähne. Und Benno läuft mit einem verblichenen Adidas-Sweater aus den 1970er Jahren. Seit fünf Jahren sehe ich ihn so. Er läuft fürchterlich langsam und immer, immer lächelt er dabei.

So auch gestern im Starkregen, mit vollgesogenem Sweater. Aber unheimlich glücklich. „Egal wie schwer meine Klamotten sind, egal wie schwer es bei kaltem Sauwetter ist, egal wie schwer sich meine Knochen anfühlen, die Leichtigkeit während einer Stunde laufen verleiht mir Flügel. Und ich trage nie eine Uhr. Nur keine Uhr!“, hat Benno einmal zu mir gesagt.

"Nicht einfach stumpf den Trainingsplan abarbeiten"

Ich treffe auch Olivier aus der Schweiz auf Mallorca. Wir laufen ein Stück zusammen, lassen uns treiben, laufen schnell, dann wieder langsam, reden ein wenig über die Leichtigkeit beim Laufen. „Ich vermisse bei vielen erfahrenen Läufern das Spielerische, mal etwas auszuprobieren. Vielleicht mal bewusst Vorfuß-Laufen, vielleicht mal eine Yoga-Einheit, und weiterlaufen. Vielleicht mal einfach so schnell es geht auf einen Berg laufen und tief Luft holen und weiterlaufen“, sagt Olivier. „Vielleicht einfach mal nur den Körper spüren, tief einatmen, bis man das Gefühl hat, ein bisschen zu fliegen, eins mit dem Körper sein, frei zu sein. Und genau das, das alles macht einen unter anderem definitiv zu einem besseren Läufer. Nicht einfach stumpf den Trainingsplan abarbeiten. Fliegen!“

Er sagt das mit einer enormen Leichtigkeit. Am Abend treffe ich Sam aus England beim Abendessen. Sie schreibt für ein Laufmagazin in Großbritannien. „Ich habe eine Laufgruppe von Freunden organisiert, wir sind immer so um die 50 Leute. Ich lebe an der Küste, die Strände sind oft unfassbar zugemüllt, gerade in der Ferienzeit. Wir laufen 15 Kilometer in die eine Richtung und sammeln den Dreck auf. Auf dem Rückweg machen wir Intervalltraining oder worauf wir gerade Lust haben. So haben wir etwas Sinnvolles getan, aber mit einer gewissen Leichtigkeit. Wir machen das seit zwei Jahren. Und wir sind alle schneller geworden“, erzählt sie mit Stolz.

Leichtigkeit ist der Schlüssel zu gesünderem und besserem Laufen. Ich bin mir sicher: So läuft es!

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.

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