Fußball: Eine krisenerprobte Generalsekretärin
Fatma Samoura hat in Krisengebieten mit unwilligen Regierungen und feindseligen Rebellen verhandelt. Künftig wird sie als Fifa-Generalsekretärin Fernsehrechte auszuhandeln haben.
Mit Krisen kennt sich Fatma Samoura aus. Die künftige Generalsekretärin des Fußballverbands Fifa hat erst im Februar ihr jüngstes Krisengebiet übernommen: Sie wurde als Leiterin des UN-Entwicklungsprogramms UNDP in Nigeria Chefin aller 19 UN-Organisationen und Programme, die im Land tätig sind. Anfang April besuchte sie Maiduguri im Nordosten des Landes, das seit 2009 unter dem Terror der islamistischen Miliz Boko Haram zu leiden hatte. Das UN-Hauptquartier in Nigerias Hauptstadt Abuja ist selbst Opfer eines Terroranschlags von Boko Haram geworden. Das war 2011, als ein Attentäter mit einer Autobombe einen Teil des Gebäudes zerstörte. 18 Menschen starben damals. Samoura hat sich in ihrer kurzen Zeit in Nigeria einige Gedanken darüber gemacht, was eine schlechte Sicherheitslage für die Menschen bedeutet. Und nun macht sie den Sprung von Abuja nach Zürich, zurück nach Europa, wo ihre Karriere beim Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) in Italien 1995 begonnen hatte.
Eigentlich sollte die Personalie Samoura ein Befreiungsschlag für den neuen Fifa-Präsidenten Gianni Infantino sein. Als er die Entscheidung am Freitag bei einer Tagung des Fifa-Rates in Mexiko-City bekannt machte, sagte er: "Es ist für die Fifa entscheidend, neue Perspektiven einzunehmen, von außerhalb des traditionellen Pools von Fußball-Repräsentanten, wenn wir unsere Organisation erneuern wollen." Niemand könne das so gut beweisen wie die Senegalesin Fatma Samoura, "und wir sind begeistert, dass sie sich unserem Team anschließen will". Allerdings trat wenig später der Chef der Ethikkommission Domenico Scala von seinem Posten zurück, weil Infantino durchgesetzt hatte, dass der Fifa-Rat die Mitglieder dieser Aufsichtsgremien selbst berufen soll. Bisher bestimmt die Vollversammlung die Mitglieder der Ethikaufseher.
Die Neue hatte mit Fußball nichts zu tun
Mit Fußball hatte die 54-jährige Fatma Samoura bislang nichts zu tun. Zwar hat ihr Mann, mit dem sie drei Kinder hat, in seiner Jugend davon geträumt Profi-Fußballer zu werden. Doch er brach sich ein Bein und der Traum war ausgeträumt. Doch das Aushandeln von Fußball-Übertragungsrechten mit den Fernsehsendern der Welt ist für sie etwas komplett Neues. Bisher hat sie mit Regierungen und Rebellen darüber verhandelt, wie Lebensmittel und andere Hilfslieferungen Bedürftige Flüchtlinge aus der sudanesischen Krisenregion Darfur im Ost-Tschad erreichen. Oder zuletzt auf Madagaskar, wie die von den politischen Krisen und Putschen der jüngeren Vergangenheit geschundene Bevölkerung wieder eine Perspektive bekommt.
Auf Madagaskar hat Fatma Samoura jedenfalls Gianni Infantino im November 2015 kennengelernt, sagte sie der französischen Nachrichtenagentur AFP. "Es war während eines Spiels zwischen Madagaskar und dem Senegal", berichtete sie, einem Qualifikationsspiel für die Fußballweltmeisterschaft 2018. "Aber wir haben nicht über den Posten des Generalsekretärs gesprochen. Zu der Zeit war er noch nicht einmal ein Kandidat für die Fifa-Präsidentschaft sondern bereitete die Kandidatur für Michel Platini vor", fuhr sie fort. Platini war damals noch Chef des Europäischen Fußballverbands Uefa aber bereits vom Ethik-Komitee der Fifa gesperrt worden, ebenso wie der nunmehr ehemalige Fifa-Präsident Sepp Blatter. Jemand habe ihr aber schon nach Infantinos Besuch auf Madagaskar erzählt, dass er gesagt haben soll: "Sollte ich eines Tages Fifa-Präsident werden, wird sie meine Generalsekretärin." Nachdem er gewählt worden war, nahm Samoura Kontakt mit ihm auf. "Er bot mir den Posten an und hat mich überzeugt."
Samoura fühlt sich geehrt
Die 1,94 Millionen Euro Jahresgehalt, die Samouras Vorgänger, der inzwischen ebenfalls für den Fußball gesperrte Jérôme Valcke bezogen hat, mögen ihre Entscheidungsfindung beschleunigt haben. Denn ihr erst kurz vorher übernommener neuer Job in Nigeria wird zwar auch nicht schlecht bezahlt. Aber die UN zahlen doch deutlich schlechter als die Fifa.
Eines hat sie sich jedenfalls fest vorgenommen. Sie will dem Frauen-Fußball mehr Gewicht geben. Das kündigte sie kurz nach ihrer Berufung an. Antreten wird sie ihren Posten Mitte Juni, wenn sie die neuen Überprüfungen ihrer Redlichkeit durch die Fifa-Aufseher durchlaufen hat.
Samoura selbst wird in der Fifa-Presseerklärung zu ihrer Berufung mit den Worten zitiert, sie fühle sich geehrt und denke, "dass diese Rolle perfekt zu meinen Fähigkeiten und Erfahrungen passt". Besonders wichtig sei es ihr, die Glaubwürdigkeit der Organisation wieder herzustellen. Dafür ist sie nach Einschätzung eines ihrer Freunde, Francis Kpatinde, gut geeignet. Der frühere Redakteur des angesehenen Wochenmagazins "Jeune Afrique" sagte AFP: "Sie wird nicht dort sein, um Infantino gut aussehen zu lassen. Sie ist kein Spielzeug". Sie werde loyal sein aber "sie wird Dinge verändern", sagte er.