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Mit voller Power ins Finale. Simona Halep steigerte sich von Runde zu Runde und kann nun erstmals in Wimbledon triumphieren.
© REUTERS

Simona Halep in Wimbledon: Eine kleine Frau hat Großes vor

Lange Zeit stand sich Simona Halep selbst im Weg. Nun steht sie heute im Finale – auch dank der Ratschläge eines bekannten Managers.

Seit einigen Wochen ist Simona Halep einen Rekord los. Bis zum Sieg von Ashleigh Barty bei den French Open war die Rumänin die kleinste Einzel-Gewinnerin eines Grand-Slam-Titels in diesem Jahrzehnt. Halep misst 1,68 Meter, die Australierin Barty ist noch einmal zwei Zentimeter kleiner. An diesem Samstag (15 Uhr) winkt der 27-jährigen aus Constanta dafür nun eine neue Bestmarke: Setzt sie sich im Finale von Wimbledon gegen Serena Williams durch, wird sie zur ersten Siegerin beim wichtigsten Tennisturnier der Welt unter 1,70 Meter Körpergröße seit Chris Evert-Lloyd 1981. „Alles ist möglich. Deshalb glaube ich inzwischen auch daran, auf Rasen eine Chance zu haben“, sagte Halep am Donnerstag nach ihrem souveränen Halbfinalsieg gegen Elina Switolina aus der Ukraine.

In ihrer Heimat ist Simona Halep ohnehin längst eine ganz Große. Als sie im Vorjahr die French Open gewann und im vierten Anlauf endlich ein Finale bei einem Grand Slam für sich entscheiden konnte, wurde sie zwei Tage später von 20 000 Fans im Nationalstadion von Bukarest gefeiert. „Auch wenn ich aus einem kleinen Land komme, habe ich gezeigt, dass man Großes erreichen kann“, sagte sie damals zur Freude ihrer Landsleute, die ihr auch am Samstag wieder millionenfach die Daumen drücken werden.

Kleine Frau, ganz groß – das nötigt auch ihrer Gegnerin im Endspiel Respekt ab. „Sie ist ein Kraftpaket, enorm hartnäckig“, sagte Serena Williams vor ihrem elften Duell mit Halep. Bisher spricht die Bilanz mit 9:1-Siegen eindeutig für die US-Amerikanerin, aber die letzten Matches waren durchweg knapp. „Ich glaube, dass ich jetzt mental stärker bin. Natürlich ist es eine große Herausforderung gegen sie, aber ich setze mich nicht unter Druck. Immerhin bin ich schon im Finale“, sagte Halep.

Mit Druck konnte sie in der Vergangenheit nicht immer gut umgehen. Seit zwei Jahren arbeitet sie deshalb mit einer Psychologin zusammen – mit Erfolg. „Ich habe gelernt, Dinge einfach zu halten, weil ich früher alles verkompliziert habe“, sagte Halep. Auch Ion Tiriac ist eine wichtige Person in ihrem Leben. Der mittlerweile 80-Jährige, früher Manager von Boris Becker, gibt Halep Ratschläge – auch dieser Tage auf den Trainingsplätzen im Aorangi Park in Wimbledon. „Er erzählt mir immer wieder, ich solle meinen Instinkten vertrauen und einfach Tennis spielen“, erzählte Halep.

Aktuell liegt Halep nur noch auf Rang sieben

Auch ihr langjähriger Trainer Darren Cahill wurde in London wieder an ihrer Seite gesichtet. Der Australier hatte sich vor ein paar Monaten aus privaten Gründen eine Auszeit genommen, scheint jetzt aber wenigstens vorübergehend ins Team zurückgekehrt zu sein. Ihm verdankt Halep die Entwicklung von einer guten Spielerin zu einer Gewinnerin – und zum Aufstieg zur Weltranglistenersten. Aktuell liegt sie nach einer schwierigen ersten Saisonhälfte nur noch auf Rang sieben.

Auf den Tennisplätzen von Wimbledon hat sie sich von Runde zu Runde gesteigert, im Achtelfinale fegte sie über US-Teenager Cori Gauff hinweg. Mit ihren kraftvollen Grundschlägen, mit denen sie die Bälle links und rechts verteilt und stets bemüht ist, das Spiel zu dominieren, kann sie für jede Gegnerin unangenehm werden. Auch für Serena Williams, die deshalb klar machte: „Ich darf sie auf keinen Fall unterschätzen.“ Die 37-Jährige dürfte auf dem Weg zum 24. Grand-Slam-Titel und damit der Einstellung des Rekords von Margaret Court heftiger Widerstand erwarten.

Schafft es Halep, die zuweilen unbeweglich wirkende Williams auf dem Platz so hin- und herzujagen wie ihre bisherigen Kontrahentinnen, könnte es ein sehr offenes Finale werden – in dem am Ende vielleicht der Kopf entscheidet. Lange Zeit wäre Williams in dieser Hinsicht klar zu favorisieren gewesen, erst recht in einem Match gegen Simona Halep. Doch vier ihrer vergangenen großen Endspiele hat die Amerikanerin verloren und dabei Nerven gezeigt. So wie es Halep in ihrer Karriere auch oft getan hat. Diesmal könnte das etwas anders sein. „Es ist ein großartiges Gefühl, ein Grand-Slam-Finale gegen Serena zu bestreiten. Wenn du es gewinnst, macht es das süßer. Verlierst du, bereitest du dich eben auf das nächste Mal vor“, sagte Halep.

Das klingt beinahe zu einfach. Aber Simona Halep hat es geschafft, sich vom Erwartungsdruck zu emanzipieren. Auch deshalb könnte sie am Samstag in ihrem ersten Endspiel von Wimbledon viele überraschen. Oder wie sie selbst sagt: „Wenn du niemals aufgibst, steigen deine Chancen, Großes zu schaffen.“ Auch wenn man nur 1,68 Meter misst.

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