Tour de France: Ein zukünftiger Champion aus Afrika
Die beiden ersten Afrikaner mit schwarzer Hautfarbe bei der Tour de France, Daniel Teklehaimanot und Merhawi Kudus, begeistern in Frankreich die Fans. In ihrer Heimat Eritrea sind sie bereits große Stars.
„Da-niel Te-kle-hai-ma-not“, skandiert regelmäßig eine Gruppe Fans beim Start jeder Etappe der Tour de France und begleitet den Sprechgesang mit Klick- und Schnalzlauten und euphorischem Fahneschwenken. Die Tour de France hat neue Tifosi - junge Männer aus Eritrea, die in Europa leben und ihren Idolen auf zwei Rädern folgen. „Zwei unserer Männer sind hier bei der Tour, Daniel Teklehaimanot und Merhawi Kudus. Sie sind die ersten Afrikaner schwarzer Hautfarbe bei der Tour de France“, erzählt der Belgien lebende Eritreer Samson dem Tagesspiegel. Er hat beide auch schon bei anderen Rennen in Europa begleitet. Samsons Freude schießt in den Himmel, seitdem Teklehaimanot bei der Tour sogar das Bergtrikot eroberte. Seitdem begleitet diesen das Wort „Geschichte“ überall hin.
Der 1,88m große Kletterer schrieb Geschichte, als er als erster Schwarzafrikaner das Bergtrikot beim Tourvorbereitungsrennen Dauphiné holte. Er schrieb weiter an ihr, als er als erster Fahrer beim Prolog in Utrecht die Tour eröffnete. Und dann kam ein neues Kapitel hinzu, als der 26-Jährige auf der sechsten Etappe in einer Ausreißergruppe die Bergpunkte, die zum Klettertrikot ausreichten, holte. „Das ist ein Traum, dieses Trikot zu tragen“, bilanzierte der Mann mit der Startnummer 219 später. Am Dienstag, nach Chris Froomes Sieg auf der ersten Pyrenäen-Etappe, verlor Teklehaimanot das Bergtrikot allerdings.
Entdeckt und gefördertt wurde Teklehaimanot in der Schweiz
Für sein südafrikanisches Team MTN Qhubeka ist Teklehaimanots Coup ebenfalls ein Glücksfall. Er macht den Rennstall und vor allem die Stiftung, die ihn sponsort, noch bekannter. „Qhubeka“ heißt auf Zulu „Fortschritt“. Den Fortschritt will die Stiftung durch Räder vor allem in ländliche Regionen bringen. „In den ländlichen Regionen haben Kinder wegen der mangelnden Infrastruktur Schulwege von bis zu 20 Kilometer. Zu Fuß ist da ein regelmäßiger Schulbesuch oft unmöglich. Mit dem Rad ist das eher zu schaffen“, erklärt der sportliche Leiter Jens Zemke. Neben Bildung können die Räder auch für ein besseres wirtschaftliches Auskommen sorgen.Denn nach der Schule bietet das Rad der Familie die Möglichkeit zu Minijobs, um etwa Brot in den Townships auszufahren. Das Qhubeka-Logo auf dem Trikot des Rennstalls sorgt für immer neue Geldgeber für die Landräder. Beim Team wissen alle, dass sie für eine gute Sache fahren. Das motiviert zusätzlich.
Entdeckt und gefördert wurde Teklehaimanot allerdings in der Schweiz, in Aigle, im internationalen Trainingszentrum der UCI, wie übrigens auch Chris Froome, der „weiße Kenianer“ mit dem Abo aufs Gelbe Trikot. „Die eritreischen Betreuer wussten gar nicht, dass es so etwas gab. Und ich hatte keine Ahnung, wo genau ihr Land lag. Mir hat aber auf den ersten Blick gefallen, welche Position er auf dem Rad hatte. Da musste man nichts verändert“, erzählte Teklehaimanots erster Trainer bei der UCI, Michel Theze. Wenig später entdeckte Theze den Grund für Teklehaimanots gute Technik. „Es gibt in Eritrea eine regelrechte Radkultur, die von den Italienern übernommen wurde, die dort eine Zeitlang die Kolonialherren waren.“
Dass Ostafrika zum neuen Quell des Radsports werden könnte, davon ist auch Froome überzeugt. „Ich halte Athleten aus Ostafrika für die besten Ausdauersportler der Welt. Es wird nicht allzu lange dauern, bis sie echte Resultate erzielen. Sie müssen dort nur die Infrastruktur etwas verbessern“, sagte der Brite. Bald könnte die Tourgesamtwertung globaler werden.
In ihrer Heimat sind die eritreischen Radprofis bereits jetzt Stars. Die Teampräsentation von Utrecht wurde in Kinos gezeigt. Das halbe Land soll in die Kinosäle geströmt sein, erzählt Fan Samson. Nach Tourende ist in der Hauptstadt Asmara eine große Parade zu Ehren Teklehaimanots und Kudus' geplant. Die Losung „Brot & Spiele“ ist auch Eritreas Staatspräsidenten Isayas Afewerki ein Begriff.