Fußball-Nationalmannschaft: Ein überflüssiger Wahnsinn
Deutschland B besiegt in einem trostlosen Spiel Tschechien B. Der Test diente wohl vor allem dazu, den Geldbeutel des Verbandes zu füllen. Ein Kommentar
Es gibt solche Fußballspiele, die hat man schon vor dem Abpfiff vergessen. Seit dem späten Mittwochabend ist der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in seiner über einhundertjährigen Länderspielgeschichte um ein solches reicher. Deutschland B gegen Tschechien B, ohne Zuschauer und ohne Perspektive.
Um eines vorweg zu schicken: Joachim Löw trifft dieses Mal noch die geringste Schuld.
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Im März und Mai dieses Jahres sind dem DFB coronabedingt drei Länderspiele und deren Einnahmen weggebrochen. Darum hat er die üblichen Doppelspieltage im Oktober und nun im November um jeweils ein Testländerspiel angereichert. Also drei Spiele in sieben Tagen. Und das trotz des ohnehin gedrängten Programms für die Spieler und trotz der absehbaren Belastungen, die der zusammengestauchte Spielplan für sie bereithält. Wahnsinn.
Das alles jedenfalls mit dem Ergebnis, dass Löw einfach eine Handvoll Spieler mehr in den Nationalmannschaftskader beruft, darunter viele Neulinge und welche, die in ihren Vereinen nicht mehr erste Wahl sind, die also unter normalen Umständen (Leistungsgedanke) nicht berufen worden wären. Sondern in erster Linie nur dafür da sind, diese überflüssigen Testspiele überhaupt bestreiten und gleichzeitig das Stammpersonal entlasten zu können. Nach diesen Testspielchen können sie wieder heimfahren.
So gesehen gerät der eigentliche Sinn eines Testländerspiels zur Nebensache. Testspiele dienten einst ihrem Namen nach der Testung von Spielsystemen und Spielern, die sich in den Dunstkreis der A-Auswahl gespielt hatten. In den jüngsten Fällen aber, dem Test gegen die Türken im Oktober und nun gegen Tschechien, dienen sie ausschließlich dem Geldbeutel des Verbandes.
Knapp zehn Millionen Euro nimmt der DFB pro Länderspiel ein, auch wenn diese Summe durch fehlende Zuschauer aktuell etwas geringer ausfällt. Die Nationalmannschaft war, ist und bleibt die Cashcow des Verbandes.
Sympathien sind mit solchen Auftritten nicht zu gewinnen
Wenn solche Testspiele mit bunt zusammengewürfelten Seltenheits-Formationen, die es so nie wieder geben wird, eine Erkenntnis bringen, dann die, wie es eben nicht geht respektive mit wem es nicht geht. Doch dafür wiederum bräuchte man ehrlicherweise diese beiden Testspiele nicht.
Dass sich dunkle Wolken über die einst beliebteste deutsche Mannschaft geschoben haben, wie gerade erst ihr Direktor Oliver Bierhoff monologisierend beklagte, hat vielleicht auch damit etwas zu tun. Corona-Pandemie hin oder her.
Es gibt eben nicht nur Spiele zum Vergessen, sondern auch Entscheidungen. Sympathien sind so nicht zu gewinnen.