BR Volleys im Final Four: Ein suboptimaler Trip
Das Final Four in Rom ist für die BR Volleys und ihre Fans eher Enttäuschung als einmaliges Erlebnis.
Bernd Paul ist kein unfairer Sportsmann. Aber auf das Finale hat er jetzt keine Lust mehr. „Das tu ich mir nicht an. Soll ich dir auch ein Bier ausgeben?“ Paul, 63 Jahre alt, steht am Sonntag mit seinem kleinen Bierbäuchlein am Bierstand in der riesigen Mehrzweckhalle im Süden Roms und hadert. Die BR Volleys haben beim Final Four der Champions League auch das Spiel um Platz drei verloren. „Robert Kromm verschlägt am Ende des ersten Satzes und macht dann auch noch den Fehler bei der Annahme. Da war mehr drin“, sagt er und schiebt hinterher. „Ich mache ihm aber keinen Vorwurf.“ Kurz darauf laufen die Berliner Spieler um Kromm an ihm vorbei. Sie kommen auf ihn zu und klatschen ihn ab, es ist nicht andersherum. „Jungs, ihr wart super, Kopf hoch“, sagt er zu ihnen.
Paul reist seit 15 Jahren zu den Auswärtsspielen der Volleys. Er ist ihr treuester Fan, etwas mehr als das sogar. Wenn es schlecht läuft wie in Rom, ist Paul mehr väterlicher Freund als Fan. Und Aufmunterung und gutes Zureden konnten die Spieler gut brauchen nach diesem Wochenende. Denn es brachte zum einen die Erkenntnis, dass die Berliner „auf diesem Niveau mithalten können“, wie Zuspieler Sebastian Kühner sagte. Zum anderen aber zeigte das Turnier der vier besten Teams auch, dass noch etwas fehlt zur Spitze. „18 Millionen Euro“, bezifferte Manager Kaweh Niroomand konkret den Unterschied und spielte damit auf den möglichen Etat von Zenit Kasan an.
Die Russen besiegten die Volleys im Halbfinale, und am Sonntag im Finale noch viel deutlicher Perugia. Zuvor hatten die Berliner in einem umkämpften Spiel gegen Civitanova mit 1:3 das Nachsehen. Nun bleibt den Volleys nicht mehr viel Zeit, sich auf das zweite Play-off-Finalspiel in der Bundesliga gegen Friedrichshafen vorzubereiten. Verlieren sie die Partie am Mittwoch in Berlin, bleibt die Mannschaft von Trainer Roberto Serniotti ohne Titel in dieser Saison.
Mehr als 100 Fans unterstützten das Team in Rom
„Ich rechne mit einer Niederlage“, sagt sogar der ewige Fan Bernd Paul. „Die Mannschaft ist ausgelaugt.“ Der Trip nach Rom war also suboptimal verlaufen für die Volleys, auch für ihren treuesten Begleiter.
Er hatte in Italiens Hauptstadt andere Probleme als das sportlich erwartbare Abschneiden der Volleys, kleinere, möchte man einwerfen. Aber was große und was kleine Probleme sind, liegt immer im Auge des Betrachters. So wird Paul von diesem Turnier nachhaltig mitnehmen, dass ihm die Sicherheitsleute seine große Rassel abgenommen haben. „Die habe ich immer dabei. Ich bin stinksauer“, sagt er. Er habe mit der römischen Polizei tierisch gestritten. „Hat natürlich nichts gebracht.“
Fans wie Paul, die Freizeit und Geld in großem Umfang dem Fantum widmen, werden mitunter kritisch beäugt. Paul hat kein Problem damit. Er ist kein Freak, er mag einfach Volleyball und die Reisen mit den Volleys, sogar dann, wenn er als einziger Fan dabei ist. Mit seiner Rassel und seinem orangefarbenen Polo-Shirt, auf dem einfach „Bernd“ aufgedruckt ist, feuert er die Volleys alleine lauthals an. „Manchmal bekomme ich sogar Applaus von den Zuschauern in der Halle“, erzählt er.
In Rom bekam Paul keinen Applaus, denn mehr als 100 weitere Fans unterstützten das Team. Die Volleys-Familie ist größer geworden, aber sie ist immer noch klein. Hier kennt jeder jeden, die vielen Reisen haben den Tross eng zusammenrücken lassen. Dass Paul Teil dieser Mannschaft ist, wird auch zum Abschluss der Rom-Reise deutlich. Eine Frau mit österreichischem Akzent, Anfang 40, spricht Paul aufgeregt an. Sie sei ein riesiger Fan von Kromm, sie wolle unbedingt ein Foto mit dem Kapitän der Volleys machen. Paul wundert sich ein wenig, dass es auch in höherem Alter noch Groupies gibt. Aber warum auch nicht, im weiteren Sinne ist er das ja auch. Paul zückt sein Handy und sagt zu der Frau: „Warte, ich rufe Robert mal schnell an.“