Atlético Madrid ist spanischer Meister 2014: Ein Sieg der kleinen Leute
Atlético ist erstmals seit 1996 Spanischer Meister. Im Gegensatz zu den oft übermächtigen FC Barcelona und Real Madrid muss der „zweite“ Hauptstadtklub mit vergleichsweise wenig Geld auskommen -
Lange feiern durften die Spieler von Atlético Madrid ihren ersten Titelgewinn in der Primera División seit 1996 nicht. Trainer Diego Simeone schickte seine Profis schnell ins Bett, schließlich will das Sensationsteam am nächsten Samstag gegen den Stadtrivalen Real auch noch die Champions League gewinnen. „Mit diesem Triumph haben wir auch den Sieg in der Champions League eingeleitet“, sagte Sportdirektor José Caminero nach dem 1:1 im letzten Saisonspiel beim FC Barcelona, mit dem der Madrider Arbeiterverein die Meisterschaft perfekt machte.
"Der beste Trainer der Welt"
Die Medien feierten den 44 Jahre alten argentinischen Coach: „Simeone ist Kopf und Herz des neuen Meisters“, schrieb die Sportzeitung „Mundo Deportivo“, und Atléticos Ex-Star Paulo Futre behauptete in seiner „El Mundo“-Kolumne: „Der ,Cholo‘ (der Mestize, wie der Coach seit seiner Kindheit gerufen wird) ist der beste Trainer der Welt.“
Nach dem Abpfiff im Camp Nou war Simeone von seinen Spielern in die Luft geworfen und sogar von den Fans des Gegners mit Applaus bedacht worden. „In der Halbzeit war er trotz des 0:1-Rückstands seelenruhig, hat uns gesagt: ,Glaubt mir, Jungs, das packen wir‘“, verriet Außenverteidiger Filipe Luis. Dabei hatte Atlético in der ersten Halbzeit neben dem Ausfall von Stürmerstar Diego Costa und Spielmacher Arda Turan auch noch den Rückstand durch Alexis Sánchez verarbeiten müssen. Nach der Pause setzten die Gäste alles auf eine Karte und kamen zum Ausgleich durch Diego Godín. Obwohl die offizielle Feier erst für Sonntagabend angekündigt war, versammelten sich Tausende Fans schon Samstagnacht am Madrider Neptunplatz.
Champions-League-Sieg als Krönung
Atlético gewann mit 90 Zählern und drei Punkten Vorsprung vor Barcelona und Real nicht nur den zehnten Titel seiner 111-jährigen Geschichte. Es besiegelte auch den Weggang von Barcelonas Trainer Gerardo Martino und durchbrach zudem die Phalanx der beiden Topteams: Nach 2003/04, als der FC Valencia den Titel holte, waren nur Real (insgesamt 32 Titel) und Barcelona (22) erfolgreich gewesen. „Wir haben heute Geschichte geschrieben!“, rief Simeone, nachdem er nach dem Abpfiff zuerst auf die Tribüne geeilt war, um seinen Vater zu umarmen. Den bis dahin letzten Atlético-Titel hatte er noch als Profi miterlebt. Bei einem Saisonetat von 120 Millionen Euro musste Atlético im Vergleich zu den reichen Clubs FC Barcelona (650 Mio.) und Real Madrid (580) mit „Peanuts“ auskommen. In den vergangenen Jahren musste der Verein wegen leerer Kassen und Schulden von 150 Millionen Euro Stars wie Fernando Torres, Sergio Agüero oder Radamel Falcao ziehen lassen. „Das ist in diesen Krisenzeiten ein Sieg der kleinen Leute“, sagte daher Filipe Luis.
Das Team um den erst 22 Jahre alten belgischen Nationaltorwart Thibaut Courtois, der auch dank der Abwehr um Luis, Godín und Miranda in 20 Ligaspielen kein Gegentor kassierte, gibt sich mit dem Erreichten aber noch nicht zufrieden und will nun in Lissabon die Champions League gewinnen. Ob Costa und Turan nach ihren Muskelverletzungen im Estádio da Luz dabei sein werden, ist noch fraglich. Für Fans und Spieler ist aber Simeone der Erfolgsgarant. Deshalb murrte auch niemand, als der Coach seine Jungs nach dem Rückflug und einem bescheidenen Abendessen mit wenig Sekt in einem Madrider Steakhaus relativ früh ins Bett schickte. Sein Credo – „Arbeit, Arbeit, Arbeit“ – haben sie alle längst verinnerlicht. (dpa)