Hertha BSC: Durchhänger mit Ansage
Pal Dardais Team machte zuletzt einen erschöpften Eindruck – die Lage ist nach dem 0:2 in Stuttgart immer noch gut, aber tückisch. Das Spiel gegen Wolfsburg wird zeigen, wohin die Reise geht.
Pal Dardai machte gestern kurzen Prozess - und ein freundliches Gesicht dazu. „Heute ist Valentinstag – alles wunderbar“, sagte der 39-Jährige. Noch vor dem obligatorischen Auslaufen hatte er seine Spieler gefragt, ob sie noch Blumen kaufen müssten. Also schnell rein in die Laufschuhe, ein paar lockere Runden auf dem Übungsplatz und dann ab in den Sonntag. „Die Männer sollen zu Hause ein paar Bonuspunkte holen“, sagte Herthas Trainer.
In ihrem Kerngeschäft war es ihnen am Tag zuvor nicht gelungen, zu punkten. Der Berliner Bundesligist verlor beim VfB Stuttgart 0:2. Das tat Hertha das letzte Mal Ende November vergangenen Jahres, 0:2 beim FC Bayern München. Nun also mal wieder eine Niederlage. Und so stand den Spielern die Enttäuschung in ihren Gesichtern geschrieben. Es war ein ziemlich stummes Treffen gestern auf dem Trainingsgeläuf, aber auch kein panisches. „Die Niederlage wirft uns nicht um. Jetzt werden wir uns wieder aufrappeln und im nächsten Spiel wieder alles geben“, sagte Marvin Plattenhardt.
„Erst einmal muss man das runterschlucken. Wir haben lange, lange nicht mehr verloren. Das ist jetzt ein neues Gefühl“, sagte Dardai. „Die Frage ist jetzt: Wann gewinnen wir? Das ist die Schlüsselfrage.“ Herthas Trainer verzichte auf eine Generalkritik. Ihm war nicht entgangen, wie sehr die Niederlage an seinen Spielern nagte, aber auch, dass sie an einem gewissen Punkt der Erschöpfung angekommen sind. Die vergangenen Woche haben viel Kraft gekostet, mehr als es in der Tabelle an Toren und Punkten ablesbar ist. Das Spiel gegen Dortmund vor einer Woche hatte die Berliner in Sachen Konzentration, Taktik und Laufbereitschaft sehr geschlaucht. „Und dann haben wir in Heidenheim durch Fehler dafür gesorgt, dass wir 90 Minuten hart arbeiten mussten“, erzählte Dardai. Vor allem aber war dieses Pokalspiel emotional sehr aufgeladen. Und so kam die Niederlage von Stuttgart ein wenig mit Ansage. Dort wirkten die Berliner ziemlich ausgelaugt. „Wir müssen daraus lernen, auch mit der Doppelbelastung besser umzugehen – in den ersten zehn und den letzten 20 Minuten wirkten die Jungs mental ein bisschen müde“, sagte Dardai.
Es macht wenig Sinn, jetzt alles in Frage zu stellen. Und doch ist die Situation für die Berliner tückisch. Das Erreichen des Pokalhalbfinals ist ein bemerkenswerter Zwischenerfolg und ein wunderbarer Ausblick für den Verein. Und auch in der Liga steht Hertha noch sehr gut da. Doch das hat alles ein wenig den Blick für den Alltag verstellt. In der Liga leben die Berliner noch immer von ihrer so erfolgreichen Hinrunde. Zudem hat die Fokussierung auf den Pokalwettbewerb gerade im mentalen Bereich Kräfte abgesaugt. Und so fehlte es den Berlinern in Stuttgart an Frische in Kopf und Bein. Sie waren nicht mit der Power und der Überzeugung wie noch gegen Ende der Hinrunde dabei. Nicht, dass sie nicht wollten, doch in allen Bereichen fehlten ein paar Prozentpunkte.
Genau genommen ließe sich dieser Umstand in allen Spielen der Rückrunde zurückverfolgen. Nach den ersten vier Spieltagen mit drei Unentschieden und nun einer Niederlage hat Hertha drei Punkte geholt. In der Hinrunde waren es gegen dieselben Teams noch sieben gewesen. „Wichtig ist, dass wir akzeptieren, dass wir in diesem Jahr noch nicht in der Bundesliga gewonnen haben. Wir dürfen jetzt nicht verkrampfen“, sagte Dardai.
Kommenden Samstag kommt der VfL Wolfsburg nach Berlin. Mit einem Sieg wären die Berliner wieder im Soll im Punktevergleich zur Hinrunde, in der das Spiel bei den Niedersachsen verloren ging. Hertha sollte sich jetzt rasch fangen. Oder wie Pal Dardai es ausdrückte: „Wichtig ist jetzt: Wie werden wir gegen Wolfsburg spielen? Das ist ein Schlüsselspiel, in welche Richtung die Reise geht. Bleiben wir da oben, oder nicht?“
Vielleicht erinnert sich die Mannschaft einer Qualität, die sie in der Hinrunde auszeichnete. Es war die Qualität, nach jeder Niederlage mit einem Sieg geantwortet zu haben.