DFB-Pokal: Dortmund erreicht mit 3:2 bei Bayern München das Finale
Bayern München verspielt gegen Borussia Dortmund den fast sicher geglaubten Sieg und verliert noch 2:3. Der BVB trifft nun im Finale in Berlin auf Eintracht Frankfurt.
Carlo Ancelotti bewies eine erstaunliche Selbstdisziplin. Hinter ihm tobte der Punk, der Trainer des FC Bayern München aber stand in der Ecke seiner Coaching-Zone, mit starrem Blick und den Händen in den Taschen seines Anoraks. Bis auf die Kaubewegungen seines Kiefers war bei Ancelotti keine Regung zu erkennen – obwohl seiner Mannschaft gerade der Ausgleich im Halbfinale des DFB-Pokals gelungen war. Überhaupt schaffte er in diesem Moment etwas, das eigentlich unmöglich war: sich der Faszination dieses Spiels zu entziehen.
Der FC Bayern München und Borussia Dortmund lieferten sich am Mittwochabend einen aufregenden Kampf, mit viel Tempo, spielerischer Klasse und einer irren Wendung in der zweiten Hälfte. Die Dortmunder machten aus einem 1:2-Rückstand ein 3:2 und treffen nun im Finale am 27. Mai in Berlin auf Eintracht Frankfurt. "Das ist Wahnsinn", sagte Dortmunds Trainer Thomas Tuchel.
Es ist die vierte Finalteilnahme der Dortmunder hintereinander – das hat noch kein Team zuvor geschafft. Und die Gäste aus dem Ruhrgebiet machten nicht nur zu Beginn des Spiels auf beeindruckende Weise deutlich, dass sie gewillt waren, Geschichte zu schreiben. Die Anfangsphase gehörte dem BVB, der mutig attackierte und die Bayern nicht ins Spiel kommen ließ. Schon nach drei Minuten bot sich ihm die große Chance zur Führung. Gonzalo Castro schlug einen Freistoß von der rechten auf die linke Seite, Raphael Guerreiro leitete den Ball volley weiter in den Münchner Strafraum auf Pierre-Emerick Aubameyang, der nur knapp das Tor verfehlte. Die Münchner waren nicht besonders erbaut vom mutigen Auftritt ihres Widersachers. Immer wieder lamentierten sie über Entscheidungen des Schiedsrichters Manuel Gräfe, meist grundlos.
Die ersten 45 Minuten fühlten sich wie ein ganzes Fußballspiel an, aber da sollte ja noch eine Halbzeit folgen und hier glaube ich, hat der BVB allen Ballast der letzten Wochen von der Seele geworfen und ist zu einem neu gereiften Gefüge gewachsen. Dieses Fußballspiel war ein Epos.
schreibt NutzerIn Kohlenstoffeinheit
Mehrere Chancen zum 3:1 vergeben
Die Bayern versuchten, das Pressing spielerisch zu umgehen und nahmen dabei ein gewisses Risiko in Kauf, das nach knapp 20 Minuten fatale Folgen hatte. Javier Martinez wollte den Ball auf Torhüter Sven Ulreich zurückspielen, übersah dabei allerdings Guerreiro. Der Portugiese tunnelte Ulreich, setzte den Ball aber an den Pfosten. Marco Reus reagierte am schnellsten und vollendete zum 1:0.
Nur knapp zehn Minuten nach dem Dortmunder Treffer war Martinez’ Ökobilanz wieder einigermaßen in Ordnung. Im Anschluss an die dritte Ecke köpfte der Spanier zum 1:1 ein – und leitete damit die stärkste Phase der Bayern an. Vor allem Xabi Alonso überspielte mit seinen formvollendeten Diagonalbällen immer wieder die Pressinglinie des BVB. "Man hat gesehen, dass wir unbedingt ins Finale wollten. Leider hat's nicht funktioniert", sagte Bayerns Kapitän Philipp Lahm, der am Mittwochabend sein letztes Pokalspiel bestritten hat.
Nach dem Ausgleich kamen die Bayern zu einigen guten bis sehr guten Chancen, während die Dortmunder kaum noch Entlastung schaffen konnten. Robert Lewandowski wurde im Strafraum gerade noch von Sven Bender geblockt, Arturo Vidals Distanzschuss aus verheißungsvoller Position landete am Knöchel von Castro. Bei der folgenden Ecke war erneut Martinez mit dem Kopf zur Stelle; diesmal setzte er den Ball an den Pfosten. Drei Minuten später machte es der zweite Innenverteidiger der Bayern besser: Nach guter Vorarbeit von Franck Ribéry setzte Mats Hummels den Ball überlegt zum 2:1 für die Bayerns ins Eck. Der zweite Ex-Dortmunder hätte den Vorsprung in der Nachspielzeit sogar fast noch ausgebaut: Lewandowski lief allein auf Roman Bürki zu, scheiterte aber am BVB-Torhüter. ""Wir haben einige Male Glück gebraucht und gehabt", sagte Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc. "Zwischendurch sind wir fast getaumelt."
Dembélé entscheidet das Spiel
BVB-Trainer Thomas Tuchel reagierte in der Pause, brachte Erik Durm für Castro. Aus einer nun stabileren Defensive wagte der BVB sich nun auch wieder häufiger in die Offensive. Allerdings hätten die Bayern schon früh alles klar machen können. Nach einem Fehler von Bürki, der den Ball in die Füße von Thiago gespielt hatte, kam Arjen Robben fünf Meter vor dem Tor frei zum Schuss, Bürki war bereits geschlagen, doch Bender bekam seine Fußspitze noch an den Ball und lenkte ihn an den Pfosten.
Fünf Minuten später stand es statt 3:1 plötzlich 2:2, und wiederum nur fünf Minuten später sogar 2:3. An beiden Treffern war Ousmane Dembélé entscheidend beteiligt. Den Ausgleich durch einen Kopfball von Aubameyang bereitete der 19-Jährige mit einer perfekten Flanke vor, den Führungstreffer erzielte er mit einem Schlenzer ins lange Eck selbst. Gut zwanzig Minuten blieben den Bayern noch, aber der Ausgleich wollte ihnen trotz sechsminütiger Nachspielzeit nicht mehr gelingen. Das erste Jahr von Carlo Ancelotti endet damit weder mit dem Triple noch mit dem Double. Zu welchen Diskussionen das in den kommenden Wochen führen wird, kann man sich denken. (Tsp)