Schwere Lebenskrise: Dietmar Hamann spricht über Spielsucht
Dietmar Hamann, 59-facher Nationalspieler und erfolgreicher England-Legionär, packt in einem Buch über seine Spielsucht aus. Inzwischen habe er sich aber wieder gefangen, versichert der 38-Jährige.
Der frühere Fußball-Nationalspieler Dietmar Hamann hat eine Art Lebensbeichte abgelegt. Von Spielsucht und einer schweren Lebenskrise erzählt Hamann in seinem Buch „The Didi Man: My Love Affair with Liverpool“, das der „Daily Mirror“ am Freitag in Auszügen vorab veröffentlichte. Nach dem Abschied von seinem Herzensclub FC Liverpool 2006 und dem Scheitern seiner Ehe, wonach seine Frau mit den beiden Töchtern zurück nach Deutschland ging, habe er unter Schlaflosigkeit gelitten. Er steigerte sich immer mehr in das Wetten auf Cricket-Spiele hinein - bis er eines Tages auf einen Schlag 288 400 Pfund (rund 346 000 Euro) verzockte.
Für eine Zeit sei er „verloren“ gewesen, beschreibt der 38-Jährige die damalige Zeit. „Ich habe mich sehr für Cricket interessiert. Wenn da irgendwo in der Welt ein Spiel lief, konnte ich aufbleiben und gucken - weil ich sowieso nicht schlafen konnte.“ Er habe sich besonders für das komplexere „Spread betting“ begeistert, „weil es mehr Denken verlangt“, sagte der frühere Mittelfeldstratege. „Und je mehr mein Gehirn gefordert war, desto weniger dachte ich über die Verwüstung nach, die ich in meinem Inneren fühlte“.
Der Champions-League-Sieger von 2005 berichtet in dem am 2. Februar in England erscheinenden Buch auch davon, wie er in seinem letzten Jahr als Spieler bei Manchester City zu viel Alkohol trank - „welcher Mann würde das nicht tun, wenn seine Ehe auseinanderfällt?“ Im Sommer 2009 war das, als er wegen Trunkenheit am Steuer für 16 Monate seinen Führerschein abgeben musste.
Als er dann beim Online-Wetten jene Riesensumme in einer Nacht verlor - bei einem Cricket-Länderspiel Australien gegen Südafrika - habe sich jeder Treffer „wie ein Dolchstoß ins Herz angefühlt“. Als er dann am nächsten Morgen das „Elend, das ich war“, im Spiegel gesehen habe, sei ihm klar geworden: „Didi, die Dinge müssen sich ändern.“ Inzwischen habe er seine Probleme überwunden. „Meinen Mädchen geht es gut. Sie sind die Nummer eins. Wir haben jetzt ein gutes Leben“, schreibt der Ex-Bayern-Profi und erfolgreiche England-Legionär. Er war auf der Insel für Newcastle United (98-99), Liverpool (99-2006), ManCity (2006-2009) und als Spielertrainer für die Milton Keynes Dons (2010-2011) aktiv. Im Oktober 2000 hatte Hamann Fußball-Geschichte geschrieben, als ihm beim letzten Spiel im alten Wembley-Stadion der 1:0-Siegtreffer für Deutschland gegen England gelungen war.
Auch die Selbsttötung des walisischen Nationaltrainers Gary Speed im November hat Hamann nicht kalt gelassen. Wenn solchen Schicksalsschlägen überhaupt etwas Positives abzugewinnen sei, dann, dass Fußballer nun ermutigt würden, offener mit ihren Emotionen umzugehen, meint Hamann. „Aber ich hoffe nicht, dass Spieler auf den Zug aufspringen, um darüber zu klagen, dass sie alle Probleme haben und leiden.“ Hamanns Buch ist laut „Daily Mirror“ frei von Selbstmitleid. Der Vize-Weltmeister von 2002 schreibt: „Wir sind privilegiert, wir haben ein Geschenk mitbekommen. Dies sind harte Zeiten und die Arbeitslosen, die nicht wissen, wie sie ihre Familien und Kinder ernähren können, sind die Menschen, die Probleme haben, nicht ich.“ Er schaue jetzt voraus und nicht mehr zurück, schreibt Hamann, der im November von seinem ersten Amt als Cheftrainer beim englischen Fünftligisten Stockport County zurückgetreten war. Nächste Woche bekommt er dem Bericht zufolge seinen Trainerschein, anschließend will er die Profi-Lizenz machen - und am liebsten mal Coach bei Liverpool werden. (dpa)
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