Dortmund gegen Real Madrid: Diego Lopez: Gigant zwischen den Fronten
Im Champions-League-Halbfinale gegen Dortmund wird nicht Iker Casillas im Tor stehen. Die Clublegende ist bei Trainer Mourinho in Ungnade gefallen – Reals aktuelle Nummer Eins versucht bereits zum zweiten Mal, bei Real den Durchbruch zu schaffen.
Unter der kurzen Hose enge Pantalons, dazu die Stutzen bis über die Knie gezogen – das sind die äußerlichen Markenzeichen von Diego Lopez. Zumindest bei Spielen im Winter. Seine ohnehin schon langen Beine wirken dann noch schlaksiger, die gigantische Statur von 1,96 Meter noch imposanter, noch drahtiger. In seinem bewährten Outfit würde der Torwart von Real Madrid gern auch heute in Dortmund auflaufen, beim Hinspiel im Halbfinale der Champions League (20.45 Uhr, live im ZDF).
Am Wochenende hatte Lopez allerdings im Ligaspiel gegen Betis Sevilla einen Schlag auf die Rippen bekommen. In Dortmund konnte er nur eingeschränkt trainieren. Spielen dürfte er aber trotzdem. Ansonsten müsste sein Ersatzmann ins Tor und das dürfte Reals Trainer José Mourinho überhaupt nicht passen.
Der Mann hinter Lopez heißt Iker Casillas. Welt- und Europameister mit Spanien, Champions-League-Sieger und mehrfach Meister mit Real. Eine Klublegende, den die Fans im Estadio Santiago Bernabéu „San Iker“, den heiligen Iker, nennen. Mourinho sah in dem fünfmaligen Welttorhüter wenig Heiliges und warf ihm ein irdisches Vergehen vor: Verrat.
Casillas hatte im August 2011 zum Telefon gegriffen, als die Einheit der spanischen Nationalmannschaft auf dem Spiel stand. Nach einem besonders hitzigen Clasico zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona rief Madrids Torhüter seine beiden Freunde und Barça-Kapitäne Carles Puyol und Xavi an, um Frieden zwischen den Nationalspielern zu stiften. Mourinho, der die Atmosphäre zuvor mit reichlich Polemik vergiftet hatte, erfuhr von dem Gespräch und war außer sich. Als Verräter an der eigenen Sache ächtete der Portugiese seinen Kapitän fortan.
Nur konnte es sich Mourinho noch nicht leisten, Casillas auf die Bank zu verbannen. Jetzt, da sich die Anzeichen verdichten, dass der Trainer Real im Sommer verlässt, und durch die Verpflichtung von Diego Lopez hat sich das geändert. Im Januar verletzte sich Casillas schwer, ein Handbruch bedeutete eine Zwangspause von mindestens zwei Monaten. Real lief Gefahr, neben der Meisterschaft auch einen möglichen Sieg in der Champions League zu verspielen und verpflichtete Diego Lopez für vier Millionen Euro vom FC Sevilla. Dem Ersatzmann Antonio Adán traute Mourinho keine fehlerfreien Leistungen zu.
Für Diego Lopez ist es der zweite Versuch bei Real Madrid. Im Alter von 19 Jahren verließ er seine Heimat Galizien in Spaniens Nordwesten und wechselte von CD Lugo in die spanische Hauptstadt. Von der dritten Mannschaft spielte er sich schnell hoch. Im Profikader aber war Schluss, da stand damals schon Iker Casillas im Tor. „Es hat mich damals schon einiges gekostet, um überhaupt in die erste Mannschaft zu kommen“, sagte Lopez. „Das war ein schwerer Weg, und ich war schon glücklich, es soweit geschafft zu haben.“ Lopez fügte sich in die Rolle des Reservisten, der in den unbedeutenden Spielen und im Pokal ran durfte. Wenn er allerdings spielte, fiel er auf. Nicht nur wegen seiner beeindruckenden Statur.
Dem FC Villarreal war Lopez im Sommer 2007 sechs Millionen Euro wert. Beim Klub aus der Region Valencia gelang dem Torhüter der sportliche Durchbruch in der Primera Division. Er etablierte sich bald als Nummer eins und wurde in seinem ersten Jahr Vizemeister mit Villarreal. Im August 2009 gab Lopez beim Freundschaftsspiel gegen Mazedonien sein Debüt in der spanischen Nationalmannschaft – es blieb bis heute sein einziger Einsatz.
Seine zuletzt überragenden Leistungen dürften ihn aber wieder in den Fokus von Nationaltrainer Vicente del Bosque gerückt haben. Vor allem in den Spielen gegen Barcelona und im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen Manchester United rettete Lopez seiner Mannschaft jeweils den Sieg. „Wenn Diego so weiterspielt, wird es ganz schwer, ihn wieder aus der Mannschaft zu nehmen“, sagte Mourinho, nachdem Casillas seine Verletzung auskuriert hatte. Mourinho hielt Wort. Zum Einsatz gekommen ist Iker Casillas seitdem nicht mehr.