Kongress des Fußball-Weltverbands in Paris: Die Wiederwahl ist Infantinos Show
Gianni Infantino ist in Paris als Präsident des Fußball-Weltverbands bestätigt worden. Auf dem Kongress rühmt er sich und seine Arbeit.
Er fühlt sich unantastbar derzeit. Als Gianni Infantino die Leitung des Fifa-Kongresses vor dem Wahlgang an Vize-Präsident Salman Al Khalifa abgab, konnte er sich einen Kommentar zu dem Scheich aus Bahrain nicht verkneifen: „Ich verlasse kurz den Saal, aber gewöhn’ dich nicht daran“, sagte er grinsend. Salman war 2016 bei Infantinos erster Wahl zum Chef des Fußball-Weltverbands der große Rivale des Schweizers gewesen. Ein solcher Spruch gegen einen ehemaligen Konkurrenten ist eine klare Breitseite. Doch Salmans Reaktion darauf zeigte nur, wie fest Infantino die Fifa im Griff hat. Er überging die fiese Anmerkung nicht, stattdessen entgegnete er devot: „Geh’ nicht zu weit weg!“
Und Infantino kam auch ganz fix wieder zurück in die Pariser Messehalle. Einen langen Wahlgang gab es nicht am Mittwoch. Weil der 49-Jährige der einzige Kandidat war, hatten die Kongress-Delegierten zuvor noch eine Änderung der Statuten abgenickt, wonach der Fifa-Präsident per Akklamation bestimmt werden konnte.
Der Applaus wurde ihm dann zwar von allen Vertretern der 211 Mitgliedsverbände zuteil, euphorisch fiel er allerdings nicht aus. Auch nur etwa ein Drittel der Kongress-Teilnehmer erhob sich dabei für Infantino. Der Schweizer ließ sich davon nicht irritieren, zumal der Beifall bei seiner Rückkehr in den Saal übertönt wurde von den wummernden Gitarrenriffs von „Seven Nation Army“ der White Stripes. So fasste sich Infantino immer wieder mit der Hand auf sein Herz, winkte zu den Deligierten und sagte schließlich gerührt: „Dank an alle, die mich lieben und an alle, die mich hassen. Heute liebe ich jeden.“ Für die nächsten vier Jahre im Amt gilt dies offenbar nicht.
Dieser 69. Fifa-Kongress war seine Show. Alles drehte sich nur um Infantino. Schon am Morgen stand er als einer der Ersten auf der überdimensionierten Bühne in Form eines Mittelkreises. Überhaupt war allein die Gestaltung der Messehalle ein deutliches Signal: Der Fifa geht es grandios – dank Infantino. Über der Bühne rotierte ein riesiger Kegelstumpf mit den Flaggen aller 211 Mitgliedsverbände. Hinter der Bühne prangte ein ebenso gigantischer gebogener Bildschirm, gesäumt von 24 blau leuchtenden Säulen.
"Heute ist ein Feiertag"
Auf dem Bildschirm war dann vor allem Infantino zu sehen. Vor der Formalie seiner Wiederwahl versäumte er es nicht, sich und sein Wirken in den vergangenen fast dreieinhalb Jahren im schönsten Licht darzustellen. „Heute ist ein Feiertag“, sagte er in seiner Ansprache. „Heute spricht niemand mehr über Skandale und Korruption. Es ist uns gelungen, die Fifa von einer toxischen Organisation zu einer Organisation zu verändern, die den Fußball entwickelt.“ Dass es derzeit etwa im Afrikanischen Kontinentalverband schwere Vorwürfe gegen hochrangige Funktionäre gibt, erwähnte er nicht. Lieber redete er über seine Errungenschaften.
In seiner Rede stellte er unter anderem die überragende finanzielle Lage der Fifa heraus, die Erweiterung der WM auf 48 Teilnehmer ab 2026 oder die Einführung des Videobeweises – er tat dies perfekt in zahlreichen Sprachen. Auf Englisch, auf Französisch, dann auf Deutsch und mal auf Spanisch. Für einen kurzen Moment gab auch Infantino zu, nicht ganz unfehlbar zu sein: „Die letzten drei Jahre und vier Monate waren sicherlich nicht perfekt, ich habe Fehler gemacht.“
Konkret wurde Infantino nicht, doch die Liste hätte ähnlich lang ausfallen können wie die seiner Lobeshymne: Er hat die wackeren Vertreter der Ethikkommission und andere Gegenspieler in der Fifa ausgetauscht, er hat versucht, ein mysteriöses 25-Milliarden-Dollar-Angebot für Rechte und Wettbewerbe durchzudrücken, er hat einem Schweizer Staatsanwalt üppige Fifa-Geschenke unterbreitet, und er ist mit dem Bundesanwalt der Schweiz, also dem wichtigsten Ermittler des Landes, zu drei geheimen Treffen zusammengekommen.
Konsequenzen hatte dies für ihn nicht. Und so betonte Infantino: „Das Wichtigste ist, dass man aus den Fehlern lernt und es beim nächsten Mal besser macht. Nur wer nichts macht, macht keine Fehler – und nichts zu machen, ist keine Option für mich.“
Infantino hat noch viel vor. Er will die Klub-WM ab 2021 zu einem Großereignis ausbauen, am internationalen Terminkalender arbeiten. Vor allem aber will er noch mehr Geld an die Nationalverbände verteilen, mindestens 1,75 Milliarden US-Dollar bis 2022. Das wird ihm weiteren Rückhalt sichern. Auch DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius betonte: „Es sind beeindruckende Zahlen, die die Fifa präsentiert hat. Die Fifa steht wirtschaftlich auf sehr gesunden Füßen. Infantino geht absolut gestärkt aus dem Kongress hervor.“
Am Ende versprach Infantino noch, so weiterzumachen wie bisher. Für viele auf dem Kongress mag das erfreulich sein, es klang aber auch wie eine Drohung.