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Högschte Konzentration: Bundestrainer Joachim Löw (m.) und die deutsche Nationalmannschaft beim Training vor dem Finale.
© dpa

WM 2014 - Deutschland - Argentinien: Die wichtigsten Fragen zum Finale im Maracana

Ist Lionel Messi wirklich zum Fürchten? Muss Bundestrainer Joachim Löw etwas ändern? Und was sagt überhaupt die Statistik? Wir beantworten die sechs wichtigsten Fragen zum Finale gegen Argentinien.

Was muss Joachim Löw vor dem WM-Finale ändern?

Gegenfrage: Hat der Bundestrainer nicht schon genug geändert? Philipp Lahm hin- und hergeschoben? Im Angriff mit falscher und richtiger Neun gespielt? Sein favorisiertes 4-3-3-System zugunsten des von der Mannschaft favorisierten 4-2-3-1 aufgegeben? Löw wollte in Brasilien flexibel sein wie nie – und hat am Ende doch vor den Gesetzen einer Weltmeisterschaft kapitulieren müssen. Im Laufe eines Turniers hat sich noch immer so etwas wie eine feste Elf herausgeschält, ganz egal, ob der Trainer das so wollte oder nicht. Löw hat im Viertel- und Halbfinale zweimal hintereinander dieselbe Startformation aufs Feld geschickt. Und es spricht wenig dagegen, dass er es ein drittes Mal tut. Nicht mal die Kniekehle von Mats Hummels, die nach ihrer Reizung jetzt mindestens so tiefenentspannt ist wie der Bundestrainer.

Worauf muss sich die Mannschaft einstellen?

Der passionierte Volkskundler Oliver Bierhoff hat dieser Tage von seinen positiven Erfahrungen mit den Menschen aus Argentinien berichtet. In seiner Karriere als Fußballer hat der heutige Manager der Nationalmannschaft mit einigen von ihnen zusammengespielt. Neben dem Platz waren die Argentinier überaus freundliche Zeitgenossen – aber wehe, sie haben den Rasen gerochen. Dann hatten sie das „Feuer in den Augen“, sagt Bierhoff, der 2006, in der Schlägerei nach dem Viertelfinale, am eigenen Leib erfahren hat, welche Urkraft in den „Gauchos“ (Heribert Faßbender) steckt.

Vermutlich wird auch das Finale eine harte Auseinandersetzung, unabhängig davon, ob es mit Fäusten oder mit den Füßen entschieden wird. „Wir dürfen uns nicht provozieren lassen und nicht von unserer Linie abkommen“, sagt Bierhoff. Wobei er weiß, dass die Argentinier einen Stil pflegen, der den Deutschen nicht sonderlich behagt. Die Mannschaft ist nicht nur zweikampfstark und stets aggressiv am Mann, sie verteidigt generell gut organisiert, steht eng beieinander und lässt dem Gegner dadurch wenig Raum zur Entfaltung. „Die Mannschaft ist sehr viel besser organisiert und defensiv sehr viel stärker als 2010“, sagt Löw. Damals gewannen die Deutschen im Viertelfinale 4:0. So viele Gegentore haben die Argentinier diesmal im gesamten Turnier noch nicht kassiert.

Was sagt die Statistik?

Einen Titel haben die Argentinier schon jetzt sicher: Sie dürfen sich ab sofort Deutschlands Rekord-WM-Gegner nennen. Zum siebten Mal treffen beide Länder bei einer Weltmeisterschaft aufeinander, zum dritten Mal im Finale – auch das ist Rekord. Nach Endspielen steht es 1:1. Das 2:3 im Finale 1986 in Mexiko war allerdings die einzige Niederlage der DFB-Elf. Dazu gab es ein Unentschieden (1966) und vier Siege (1958, 1990, 2006, 2010). Selbst die DDR schaffte 1974 in der zweiten Finalrunde ein 1:1 gegen die Südamerikaner.

Wer hat Angst vor Messi?

Thomas Müller nicht, wobei sich seine Zuversicht auf falsche Tatsachen stützt. Als er jetzt voller Stolz verkündete, noch nie gegen Messi verloren zu haben, musste sich Müller prompt vom Faktenchecker Philipp Lahm korrigieren lassen. Müller hat schon zwei Länderspiele gegen Messi verloren, im März 2010 und im August 2012. Immerhin: In Pflichtspielen ist Deutschland gegen Messi noch ungeschlagen – dank kollektiver Abwehrarbeit. Wer von Messi ausgespielt worden sei, müsse sich gleich wieder hinten anstellen, empfiehlt Thomas Müller, „und schon hat man den Ball erobert“. Das allein aber wird nicht reichen, fürchtet Bundestrainer Löw: „Diese Mannschaft ist nicht nur Messi.“

Was macht Andreas Brehme?

Genießt vermutlich seinen Ruf, der bisher letzte Spieler zu sein, der die Deutschen zum WM-Titel geschossen hat. Am 8. Juli 1990 war das, als Eisvogel Brehme in Rom ein paar Minuten vor dem Ende einen Elfmeter zum 1:0 verwandelte. Die Analogien zu 1990 sind in den vergangenen Tagen ein wenig arg strapaziert worden – daher nur diese noch: Der Gegner vor 24 Jahren hieß, richtig, Argentinien. Damals hatten sich die Deutschen mit einer überzeugenden Turnierleistung in eine derart klare Favoritenrolle gespielt, dass ihr, zugegeben stark ersatzgeschwächter, Finalgegner eigentlich nur ein einziges Ziel verfolgte: sich irgendwie ins Elfmeterschießen retten. Heute im Maracana könnten die Rollen beim Anpfiff ähnlich verteilt sein, nachdem die Deutschen sich mit einem 7:1 gegen Brasilien fürs Endspiel qualifiziert haben. „Wir gehen in das Spiel nicht als Underdog“, sagt Manager Bierhoff. Die Überzeugung, das Finale für sich zu entscheiden, verbindet die aktuelle Generation mit ihren Großonkeln Matthäus, Augenthaler und Brehme. „Diese Entschlossenheit ist da“, hat Bierhoff festgestellt. „Ich habe den Eindruck, dass die Mannschaft mittlerweile gnadenlos ist.“

Ein Wort zum deutschen Kapitän…

Als Kapitän hat Philipp Lahm immer auch das große Ganze im Blick – und diese Verantwortung würde für ihn nicht mit dem Gewinn des goldenen Pokals enden. Für den Fall, dass der Mannschaft tatsächlich der große Wurf gelänge, hat Lahm bereits verfügt, dass es in 20 Jahren im Campo Bahia ein großes Ehemaligentreffen der 2014er Weltmeister geben wird. Vielleicht sind dann auch die sieben Container mit den Gartenmöbeln eingetroffen, die immer noch irgendwo in Brasilien unterwegs sind.

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