Neue Erkenntnisse zur WM 2006: Die Vertuscher vom DFB
In der Affäre um die WM 2006 tauchen weitere Vorwürfe auf. Zahlungen nach Afrika und an eine unbekannte Person werfen Fragen auf.
Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ist derzeit einiges in Bewegung. Seit Oktober des vergangenen Jahres muss der größte nationale Sportverband der Welt eine schwere Krise bewältigen, deren Ausmaße immer weiter wachsen. Es geht um den Verdacht, dass die Weltmeisterschaft 2006 womöglich gekauft worden ist, es geht um eine seltsame Zahlung von 6,7 Millionen Euro des DFB an den Weltverband Fifa und es geht um das Verhalten des ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach sowie seiner Vertrauten. Und mittlerweile geht es noch um viel mehr.
Um all die Vorgänge zu untersuchen, hat der DFB die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer beauftragt. Aufgrund ihrer internen Ermittlungen sind Schriftstücke aufgetaucht, die Niersbach zwangen, von seinem Posten zurückzutreten. Und die Anwälte, mittlerweile sind mehr als 30 mit den Ermittlungen beschäftigt, finden offenbar immer mehr Hinweise auf mysteriöse Vorgänge beim DFB. Vieles deutet daraufhin, dass im Verband jahrelang Dokumente verheimlicht worden sind, die auf Korruption hindeuten.
Der offizielle Freshfields-Bericht soll zwar erst am 4. März vorgestellt werden, der Süddeutschen Zeitung, dem NDR und dem WDR liegen jedoch bereits Informationen über die Ermittlungen vor, unter anderem zitierte die SZ aus den Vernehmungen Niersbachs und des früheren stellvertretenden DFB-Generalsekretärs Stefan Hans. Demnach soll Hans von einem „Hochreck“ der Verschleierung gesprochen haben, insbesondere in Bezug auf die 6,7 Millionen Euro an die Fifa. Hans hat allerdings einen besonderen Grund, die DFB-Führung so hart zu attackieren. Der Verband hatte ihm gekündigt, weil das Präsidium davon ausgeht, dass vor allem Hans in der Affäre wichtige Informationen nicht an die anderen Mitglieder des Präsidiums weitergeleitet hat – sondern nur an Niersbach.
Eine Zahlung nach Afrika wirft Fragen auf
Freshfields hat noch weitere brisante Dokumente entdeckt. Dazu gehört eine Zahlung von sieben Millionen Euro als Hilfe für Afrika, die die Fifa vom DFB gefordert hatte. Unterlagen deuten daraufhin, dass die sieben Millionen eine Art Ausgleich für die Südafrikaner sein sollten, weil sie die Abstimmung um die WM 2006 verloren hatten und dann erst die nächste WM austragen konnten. Laut Hans’ Aussage sollten mit dem Geld Bolzplätze finanziert werden. Das habe aber „wohl nicht sieben Millionen Euro gekostet“. Wer den Betrag schließlich gezahlt hat, konnte Hans aber nicht sagen.
Außerdem gerät Niersbach weiter unter Druck. In seinem Vorzimmer fanden die Freshfields-Ermittler eine abgeheftete Schmiergeldliste des ehemaligen Fifa-Marketingpartners ISL. Die ISL hat jahrelang zahlreiche Fußball-Funktionäre bestochen. Dabei interessieren sich die Freshfields-Anwälte vor allem für eine Überweisung von 250 000 Euro, die die ISL einen Tag vor der WM-Vergabe an Deutschland an eine unbekannte Person mit dem Kürzel „E 16“ getätigt hatte. Niersbach konnte nichts zur Klärung beitragen. Bei anderen früheren Funktionären des DFB und des WM-Organisationskomitees für die WM 2006 gehen die Ermittler davon aus, dass sie noch viel mehr beitragen könnten. Doch viele schweigen.
Spricht man beim DFB mit Angestellten, erwarten einige noch weitere Enthüllungen, die den Verband belasten. Die Folgen könnten dramatisch sein. Denn mittlerweile befassen sich mit dem Fall auch die Frankfurter Staatsanwaltschaft und Ermittlungsbehörden in der Schweiz und der USA. In dieser Krise wird also noch mehr in Bewegung geraten beim Deutschen Fußball-Bund.
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