Hund biss Baby tot: "Die Verletzungen sind unvorstellbar"
Ein Husky hat in Cottbus den Kinderwagen eines acht Wochen alten Mädchens umgestürzt und das Baby durch Bisse getötet. Gegen die Eltern wird ermittelt. Ob der Hund eingeschläfert wird, ist noch unklar.
Freundliche Menschen, kinderlieb und Tieren zugetan – so beschreiben Bekannte die Saspower Familie, die seit Samstagabend mit einer schrecklichen Tragödie leben muss. Binnen weniger Minuten wurde ihr Alltag vom Tod ihrer acht Wochen alten Tochter überschattet, die einer der drei Familienhunde totgebissen hatte. Letzte Zweifel räumte am Montag die gerichtsmedizinische Obduktion des Kindes aus. Polizeisprecher Berndt Fleischer berichtet: „Die Spuren weisen eindeutig auf tödliche Hundebisse hin.“ Horst Nothbaum, Sprecher der Staatsanwaltschaft, bestätigte ebenfalls das Ergebnis: "Die Verletzungen sind unvorstellbar.“
Dies ist der aktuelle Stand der Ermittlungen durch Polizei und Staatsanwaltschaft: Nach einer Party gingen die Eltern des Mädchens gegen 22 Uhr nur kurz ins Haus, während der Kinderwagen noch auf der Terrasse stand. In diesem Augenblick warf der Husky-Schäferhund-Mischling offenbar den Wagen um, dann biss er zu. Die Eltern konnten nur noch den Notarzt alarmieren, der im Carl-Thiem-Klinikum den Tod des Babys feststellte. Polizei und Staatsanwaltschaft haben zunächst beschlossen, die Eltern von Vernehmungen fernzuhalten. „Schließlich befindet sich die Familie derzeit in einem psychischen Ausnahmezustand“, sagt Polizeisprecher Berndt Fleischer. „Darauf wollen wir Rücksicht nehmen.“ Zu fragen sei, ob sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben und wie lange der Hund mit dem Kind allein war. Unklar ist bislang, ob das Tier in der Vergangenheit bereits Auffälligkeiten und Aggressionen zeigte. Bei fahrlässiger Tötung müssten die Eltern mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren beziehungsweise einer Geldstrafe rechnen.
Der Hund wurde vier Stunden nach der Attacke in der Nacht zum Sonntag in einem Zwinger des Cottbuser Tierheims untergebracht. Karin Schönfeld, Vorstandsmitglied des Tierschutzvereins, erklärt: „Eine Tierpsychologin hat den Mischling bereits beurteilt.“ Demnach verhält sich der Hund ruhig, er lässt sich anfassen, weist keine Zeichen von Aggressivität auf. Nach Informationen der "Lausitzer Rundschau" war er auf dem Saspower Grundstück gemeinsam mit den anderen beiden Familienhunden artgerecht gehalten worden – mit Möglichkeiten zum Auslauf auf einer großen Fläche.
Diese Aspekte werden wohl in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft einfließen. Denn wenn bei dem Hund bisher kein auffälliges Verhalten vorlag, dürfte sich das Argument erhärten, dass die Familie auch vom Angriff auf das Kind nichts ahnen konnte.
Das Tier muss nicht zwangsläufig eingeschläfert werden
Der Husky-Schäferhund-Mischling befindet sich seit der Nacht zum Sonntag im Tierheim in so genannter befristeter Isolierung. Das Tier muss trotz des Unglücks nicht zwangsläufig eingeschläfert werden, stellt Amtsgerichts-Direktor Wolfgang Rupieper klar. Entscheidend sei, "ob der Hund schon einmal auffällig geworden ist.“
Auch Hans-Ulrich Hausten von der Interessengemeinschaft „Pro Hund“ gibt zu bedenken: „So furchtbar schrecklich dieser Vorfall auch für die Familie ist – im Grunde gilt ein Husky-Schäferhund-Mischling nicht als aggressives Tier, wenn es unter artgerechten Umständen gehalten wird.“ Zu diesen Umständen zählen nach Haustens Worten zehn bis 20 Kilometer täglicher Auslauf. „Schließlich ist der Husky grundsätzlich für das Ziehen von Schlitten gezüchtet worden“, sagt Hans-Ulrich Hausten. „Auch der Schäferhund ist eine leichte und schnelle Rasse, die viel Bewegung benötigt.“
Diese Bedingungen für die vernünftige Hundehaltung seien in der jüngeren Vergangenheit häufig ignoriert worden – da es offenbar in Mode gekommen war, Huskys zu einem geringen Preis aus Ungarn einzuführen. „Ich weiß von Fällen, in denen Huskys in Cottbus tagsüber bis zum Abend in Wohnungen eingesperrt waren, während die Besitzer ihrer Arbeit nachgingen“, sagt Hausten. „Da muss man sich nicht wundern, dass manche Tiere verhaltensauffällig werden.“ Anlässlich des Saspower Unglücks könne er aber nur sein tiefes Bedauern gegenüber der betroffenen Familie ausdrücken. „Ich halte es es sogar für möglich, dass der Hund dem Baby nur helfen wollte, als es aus dem Kinderwagen gefallen war – diese Tiere entwickeln bei artgerechter Haltung durchaus einen Beschützerinstinkt, der sich in solchen Fällen auch in sein Gegenteil verkehren kann.“
In Brandenburg wurden nach Angaben des Innenministeriums im vergangenen Jahr 523 Beißvorfälle mit Hunden gemeldet. 279 Menschen wurden dabei verletzt. 2005 gab es mehr als 700 Fälle mit rund 470 Verletzten. Personen kamen nicht ums Leben.
René Wappler
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