1. FC Union und Rafal Gikiewicz: Die Trennung ist schade, aber konsequent
Monatelang zog sich der Poker zwischen Torwart und Verein. Nun steht die Trennung fest – sie ist folgerichtig. Ein Kommentar.
Welche Sprengkraft die Personalie Rafal Gikiewicz birgt, wissen sie beim 1. FC Union vermutlich bestens. Deshalb hat der Fußball-Bundesligist am Donnerstagmittag eine Mitteilung verschickt, die Klarheit brachte: "Der 1. FC Union Berlin und Torhüter Rafal Gikiewicz gehen nach der Saison getrennte Wege." Der Klub, heißt es weiter, biete dem 32-Jährigen keinen neuen Vertrag mehr an, nachdem dieser das Angebot des Vereins nicht angenommen hatte.
Das ist schade, aber konsequent. Schade, weil Gikiewicz mit seiner offenen und ehrlichen Art den Berlinern gut tat. Neben dem Feld gefiel er mit pointierten Aussagen, trug auch mal Meinungen vor, die schmerzen konnten. Auf dem Feld überzeugte er sowieso; als reaktionsschneller Torwart, als Führungspersönlichkeit, als ehrgeiziger Antreiber.
Am Ende ging es nur ums Geld
Auch für die Fans ist es schade, dass die Ära Gikiewicz nach zwei Jahren enden wird. Sie verlieren eine absolute Identifikationsfigur, die maßgeblich am Aufstieg beteiligt war, ebenfalls an der bisher so starken Erstliga-Saison. Und im Stadtduell gegen Hertha BSC hielt der Torwart sogar den Rasen sauber - sonst hätte das Derby wohl einen veritablen Platzsturm erlebt.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Die Fans verehren Gikiewicz auch deshalb, weil er im besten Sinne positiv verrückt ist, ein Profi mit Ecken und Kanten, aber immer hochprofessionell. Auf alkoholischen Genuss verzichtet er gänzlich, zwischen Trainingseinheiten schläft er, um zu regenerieren. Dem Erfolg ordnet Gikiewicz alles unter.
Trotz aller Meriten, die sich Unions Nummer 1 erwarb, ist die Trennung konsequent. Lange vor der Winterpause lag das Vertragsthema bereits auf dem Tisch, die Parteien diskutierten, zockten, ruhten, dann begann das Spielchen wieder von vorn. Gikiewicz verwies auf seine Situation, die ihm nun einen letzten lukrativen Profi-Vertrag ermöglichen müsse, Manager Oliver Ruhnert auf die beschränkten finanziellen Möglichkeiten.
Dem oftmals sehr bürokratisch wirkenden Ruhnert darf man unterstellen, dass er in den Verhandlungen alle Optionen ausgelotet hat. Am Ende, als es nur noch ums Geld ging, zog der 1. FC Union den Stecker. So tief in die Tasche greifen, wie von Gikiewicz gewünscht, das wollten die Berliner nicht. Mag diese Entscheidung noch so unpopulär sein, Ruhnert beweist damit Stärke, er sendet ein Signal: Kein Spieler ist größer als der Verein, auch nicht Rafal Gikiewicz.
Der Vorgang zeigt, in welche Richtung der Profifußball künftig gehen könnte. Wünschenswert wäre es ja, dass die Vereine wieder mehr Souveränität erlangen, mehr Macht ihrem kickenden Personal gegenüber. Und wenn die monetären Forderungen den eigenen Etat sprengen, dann trennt man sich eben – wie im Fall Gikiewicz nun geschehen.