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Auch bei den Füchsen Berlin hält sich der Andrang bisher in Grenzen.
© Andreas Gora/dpa

„Der Gelegenheitsfan hat sich das vielleicht abgewöhnt“: Die Teamsportarten müssen um ihre Zuschauer kämpfen

Trotz reduzierter Hallenkapazitäten werden viele Klubs im Handball, Basketball, Volleyball und Eishockey ihre Tickets nicht los. Die Schwankungen sind groß.

Die Teamsportarten kämpfen um ihre Fans. Zwar sind die Zuschauer in den Handball - ,Basketball-, Volleyball- oder Eishockey-Hallen nach Monaten der Corona-Pandemie mit leeren Rängen wieder zurück. Doch die ersten Spieltage der neuen Saison haben gezeigt: Leicht ist es nicht, die Arenen wieder zu füllen. Selbst begrenzte Kapazitäten werden oft nicht ausgeschöpft.

„Wir sind noch weit weg vom Normalzustand. Aber alles andere wäre auch überraschend gewesen“, sagt Bob Hanning, der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten Füchse Berlin: „Man merkt deutlich, dass die Leute zum Teil den Aufwand noch nicht betreiben wollen und dass auf der anderen Seite gerade ältere Fans noch spürbar verunsichert sind.“

Die Tendenz zieht sich durch die verschiedenen Ligen, betrifft etliche Klubs und bereitet finanzielle Sorgen. In der Handball-Bundesliga (HBL) steht die Zuschauer-Rückkehr und der erhoffte Weg zur Vollauslastung als wichtiges Thema auf der Agenda einer Klausurtagung für Mitte November.

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Füchse-Macher Hanning beschwichtigt zwar, die nicht vollständige Auslastung sei „für uns gerade relativ unproblematisch“, weil noch Staatshilfen fließen. Der HBL-Präsident klingt besorgter: „Ja, im Moment ist noch alles ok“, sagt Uwe Schwenker: „Aber natürlich muss es jetzt langsam wieder Richtung Vollauslastung gehen. Einige Klubs sind mehr zufrieden, andere dagegen weniger.“

In der Basketball-Bundesliga war es am vergangenen Wochenende in Ulm (4898) und Bonn (4765) fast voll. Andere Klubs sind weit davon entfernt. Insgesamt ging es aufwärts: Erstmals besuchten wieder mehr als 30.000 Zuschauer die neun BBL-Spiele - gut 5000 mehr als am Spieltag zuvor. „Wir haben Standorte, da kommen die Zuschauer nahezu vollzählig - das sind aber leider noch die Ausnahmen“, sagt BBL-Geschäftsführer Stefan Holz.

In der Deutschen Eishockey Liga (DEL) schafften es bislang beispielsweise selbst die Adler Mannheim nicht, die maximal erlaubte Kapazität von 9500 Zuschauern zu erreichen. „Natürlich haben wir uns einen höheren Zuschauerschnitt erhofft“, räumt Geschäftsführer Matthias Binder ein: „Wir dürfen aber nicht meinen, alles sei wieder wie vor Corona. Das wäre ein großer Fehler und eine naive Denkweise.“ Binder sagt: „Das Konsumverhalten hat sich verändert.“

Ein geringeres Zuschauer-Interesse in der DEL zum Saisonbeginn ist allerdings ein Stück weit normal. Das Interesse wächst mit dem Saisonverlauf. Doch die Zahlen hinken hinterher. Im Vergleich zu „normalen Jahren“ liegen sie bei „etwa 70 Prozent“, sagt DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke und erklärt sich „noch zufrieden“.

Bei den Eisbären Berlin war es schon wieder recht voll, ausverkauft war die Halle zuletzt trotzdem nicht.
Bei den Eisbären Berlin war es schon wieder recht voll, ausverkauft war die Halle zuletzt trotzdem nicht.
© imago images/Andreas Gora

Ein Außenseiter wie Schwenningen kommt im Schnitt auf 3024 beim maximal 5000 zugelassenen Fans und liegt in der Zuschauer-Tabelle in der unteren Hälfte. Zuschauerprimus Köln konnte schon einige Male die maximal zugelassenen 11.400 Besuchern begrüßen. In der sportlich enttäuschenden Saison 2019/2020 waren es durchschnittlich 13.333.

Vor Jahresfrist hatte die DEL den Start einer letztlich stark verkürzten Saison mehrfach verschoben und das damalige Defizit wegen des Zuschauerverbots während des Lockdowns auf rund 60 Millionen Euro beziffert. Die finanzielle Abhängigkeit von den Zuschauereinnahmen ist hoch. „Vor Corona waren im Schnitt etwa 60 Prozent der Erlöse spieltagsbezogen. Bei einigen Klubs bis zu 80 Prozent. Die Etats sind dementsprechend derzeit reduziert“, sagt Tripcke nun. Auch an die DEL-Clubs werden noch Staatshilfen ausgezahlt. Die Planung ist aufgrund der nach wie vor unsicheren Lage generell schwierig.

In der BBL kalkulierte mancher Klub lediglich mit 30 bis 35 Prozent Auslastung. „Damit kann man dauerhaft nicht sinnvoll überleben“, warnte der Geschäftsführer der Fraport Skyliners aus Frankfurt, Yannick Binas.

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Auch im Volleyball sind die Sorgen erheblich. Die finanziellen Einbuße seien für die Vereine „nur schwer zu kompensieren“, sagt die Geschäftsführerin der Volleyball-Bundesliga, Julia Retzlaff. Nach Angaben der Liga ist bei den Männern im Schnitt nur etwa jeder fünfte Platz besetzt - statt jeder zweite wie 2018/19.

Ob geimpft, genesen oder getestet - für den Hallen-Eintritt müssen die Zuschauer Nachweise erbringen. Die Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken, sei es nicht, vor der die Menschen hauptsächlich zurückschrecken, schildert der Fan-Beauftragte der Adler Mannheim, Patrik Löffel, seine Eindrücke aus dem Eishockey.

Ihn überraschen die kleineren Kulissen nicht. „Man hat sich in der langen Zeit ohne Eishockey daran gewöhnt“, sagt der Angestellte der Adler. „Es gibt den harten Kern, der kommt zum großen Teil noch. Der Gelegenheitsfan hat sich das vielleicht abgewöhnt, für seine Familie 120 Euro auszugeben für ein Eishockeyspiel, wenn er eineinhalb Jahre gemerkt hat, dass er das gar nicht so braucht.“ Adler-Geschäftsführer Binder drückt es so aus: „Fakt ist, dass wir um jeden einzelnen Adler-Fan kämpfen müssen, ihn wieder zurückgewinnen müssen.“ (dpa)

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