Druck im Profifußball: Die starke Schwäche des Per Mertesacker
Der ehemalige Fußball-Nationalspieler gibt ein bemerkenswert offenes Interview zu Druck, Ängsten und Gebrechen im Profifußball. Das hat Respekt verdient. Ein Kommentar.
Per Mertesacker ist ein Kerl wie ein Baum. Schlappe zwei Meter hoch, Fußballprofi seit 15 Jahren, zehn Jahre lang Nationalspieler, 104 Länderspiele, Weltmeister von 2014. Er wird geschätzt und geachtet in der Branche, sein Wort hat Gewicht. Im Sommer wird er als Kapitän des FC Arsenal seine Spielerkarriere beenden.
Jetzt hat der 33-Jährige im „Spiegel“ von seinen Ängsten gesprochen, von seinen Gebrechen, dass es im Fußballgeschäft „null mehr um Spaß geht, sondern dass du abliefern musst, ohne Wenn und Aber“. Sein Körper habe auf die hohen Erwartungen vor jedem Spiel mit Brechreiz und Durchfall reagiert, zum Kotzen sei ihm gewesen. Es sind bemerkenswerte und mutige Sätze. Umso mehr, als sie die üblichen Reflexe einstiger Größen hervorrufen. „Er hätte ja aufhören können“, dröhnte Lothar Matthäus.
Als Matthäus noch spielte, war die Fußballwelt längst nicht mehr heil – und doch eine andere. Es gab noch jede Menge von den Medien und der Öffentlichkeit unausgeleuchtete Räume. Dieses tägliche Vermessenwerden hat heute einen fast schon unappetitlichen Dreh erreicht. Wenn Spieler als eine Art Volksgut gelten, an denen man sich abarbeiten kann, die man in der Anonymität der sozialen Medien beschimpfen und beleidigen kann.
Nach dem 0:6 des abstiegsbedrohten HSV sind am Zaun des Trainingsgeländes in Hamburg elf Kreuze aufgestellt worden. Dazu stand geschrieben: „Eure Zeit ist abgelaufen! Wir kriegen euch alle!“
Was ist hier zum Kotzen, wer ist schwach? Respekt, Herr Mertesacker, für Worte zum Innehalten und Nachdenken.
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