Ermittlungen in Affäre um WM 2006: Die Schweizer haben sich zu viel Zeit gelassen
Die Schweizer Bundesanwaltschaft gibt bei den Ermittlungen um die Sommermärchen-Affäre keine gute Figur ab. Ein Kommentar.
Die Zeit drängt. Nur noch acht Monate haben die Ermittler der Schweizer Bundesstaatsanwaltschaft Zeit, damit die Sommermärchen-Affäre um die WM 2006 nicht verjährt. Deshalb haben sie am Dienstag Anklage gegen die ehemaligen DFB-Funktionäre Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt sowie den früheren Fifa-Generalsekretär Urs Linsi erhoben. Deshalb haben sie im Juli das Verfahren gegen Franz Beckenbauer abgetrennt. Nun lieferten sie dafür auch erstmals die offizielle Begründung: den schlechten Gesundheitszustand des damaligen Chefs des WM-Organisationskomitees.
Hätte Beckenbauer nicht vor Gericht erscheinen können, wäre bis April 2020 kein erstinstanzliches Urteil möglich – und die gesamten Ermittlungen wären für die Katz. Trotzdem ist der Zeitplan eng. Und so verfestigt sich der Eindruck: die Schweizer Bundesanwaltschaft gibt in dieser Affäre keine gute Figur ab. Sie hätte die Ermittlungen, die bereits seit November 2015 laufen, schneller vorantreiben müssen. Schon in den ersten Jahren wurden die meisten Hauptfiguren befragt – bis auf den früheren Fifa-Funktionär Mohamed bin Hammam aus Katar. Dann wäre auch eine Anklage gegen Beckenbauer möglich gewesen und das Verfahren gegen ihn hätte nun nicht abgetrennt werden müssen. Zuletzt gab es eigentlich wenig Neues, was die Ermittlungen dramatisch verändert hätte.
Dass sich die Schweizer Bundesanwaltschaft so viel Zeit gelassen hat, passt in das schlechte Bild, das die Behörde in Zusammenhang mit ihren Fußball-Ermittlungen abgibt. Bundesanwalt Michael Lauber steht extrem in der Kritik, weil er sich heimlich mit Fifa-Präsident Gianni Infantino traf. Mögliche Einflussnahme ist ein Vorwurf. Wenn nun das Verfahren gegen Zwanziger und Co. noch platzen sollte, ist klar, wer dafür verantwortlich ist.