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Rafael Nadal hat die French Open seit 2005 neunmal gewonnen.
© Max Rossi/Reuters

French Open in Paris: Die Rückkehr der Naturgewalt Rafael Nadal

Rafael Nadal spielt vor den French Open so dominant wie zu besten Zeiten. Er könnte beim wichtigsten Sandplatzturnier zum zehnten Mal triumphieren.

Rafael Nadal kommt über die Tenniswelt wie eine Naturgewalt. Als der Spanier 2005 die French Open gewinnt, ist er zwei Tage zuvor gerade 19 Jahre alt geworden. Mit seinen mächtigen Oberarmen, die er dank seines Ausrüsters unverhüllt präsentieren darf, vollführt er Schläge, die es so im Stade Roland Garros noch nicht gegeben hatte. Nadal verlässt Paris damals als der König der Sandplätze, auch wenn er mit seinen langen Haaren und dem schüchternen Gesichtsausdruck eher wie ein Jüngling wirkt.

Zwölf Jahre später ist Rafael Nadal zurück an dem Ort, an dem seine große Karriere ihren ersten Höhepunkt erlebte. Bei seinem ersten Training vor den diesjährigen French Open trägt er am Donnerstag auf dem Court Philippe Chatrier wieder ein grünes Muskelshirt. Die Arme sind immer noch beeindruckend kräftig, die Haare aber trägt der Spanier mittlerweile unter einer Kappe versteckt, es sind auch längst nicht mehr so viele wie einst als Teenager. Dafür ist das Ziel das gleiche wie einst: Nadal ist in Paris, um das wichtigste Sandplatzturnier der Welt zu gewinnen. Zum zehnten Mal, oder wie es kurz und prägnant heißt: La Decima.

Dabei war vor einem Jahr noch nicht einmal sicher, dass Nadal überhaupt noch einmal als Spieler zu den French Open zurückkehren würde. Zu seinem Drittrundenmatch konnte er 2016 wegen einer Handgelenksverletzung nicht antreten. Wieder einmal hatte ihn sein Körper ausgebremst. Heute sagt er: „Ich bin einfach dankbar, dass ich wieder dieses gute Tennis spielen kann – ohne gesundheitliche Probleme, ohne Zweifel und Sorgen.“

Dass dies keine Floskel ist, beweist der Blick auf Nadals Ergebnisse in diesem Jahr. Im Vorfeld des Grand Slams von Paris konnte er bereits die Turniere in Monte Carlo und Barcelona zum zehnten Mal gewinnen. Dazu triumphierte er auch noch in Madrid, ehe er nach 17 Siegen in Serie dann in Rom dem Österreicher Dominic Thiem unterlag.

"Riesensaison auf Sand"

„Es ist die härteste Sache im Tennis, ihn auf Sand zu besiegen“, glaubt John McEnroe. Der Altmeister, der selbst nie in Paris gewinnen konnte, analysiert das Tennisgeschehen bei Eurosport. So wie der US-Amerikaner denken viele. Dominic Thiem glaubt gar, dass Nadal so gut spielt wie zu seinen besten Zeiten. Vor seinem Sieg bei den Italien Open hat der Sandplatzspezialist zwei Finals gegen Nadal verloren. Wer also sollte es besser wissen?

Da wäre Roger Federer zu nennen. Der Schweizer, der im Januar sensationell die Australian Open im Finale gegen Nadal gewann, prophezeite seinem Lieblingsrivalen vor einigen Wochen eine „Riesensaison auf Sand“. Wenig später erklärte Federer gleich komplett seinen Verzicht auf die Sandplatzsaison, womöglich weil er sich gegen den wiedererstarkten Nadal auf dessen Lieblingsbelag keine Chancen ausrechnete.

Nadal selber äußerte sich gewohnt zurückhaltend über seine Aussichten auf den Ausbau seines Paris-Rekords. „Ich denke, dass ich bereit bin für Roland Garros. Ich habe gut gearbeitet in den vergangenen Monaten und jetzt kommt der Moment, den letzten Schritt zu gehen.“ Seine Zuversicht dürfte vor allem wegen seines Sieges über Novak Djokovic in Madrid noch einmal gewachsen sein. Gegen den Serben hatte er zuvor drei Jahre nicht gewinnen können und 15 Sätze in Folge verloren.

Nadal gewann im Vorfeld Turniere

Doch der Titelverteidiger hat genauso mit Formschwäche zu kämpfen wie der Weltranglistenerste Andy Murray oder Stanislas Wawrinka, der Champion von 2015. Die Gunst der Stunde nutzte in dieser Saison zunächst Roger Federer mit drei Turniersiegen auf Hartplätzen. Anschließend war es dann Nadal, der auf Asche dominierte. Einzig der Deutsche Alexander Zverev konnte neben den beiden Altmeistern in diesem Jahr mit dem Sieg beim Masters-Event in Rom einen bedeutenden Titel gewinnen.

Djokovic hatte derweil vor allem mit sich selbst zu tun. So entließ er in dieser Saison fast sein komplettes Trainerteam, nach seiner Finalniederlage von Rom gegen Alexander Zverev überraschte er dann mit der Ankündigung, sich bei den French Open von Andre Agassi betreuen zu lassen. „Er hat all das durchgemacht, was ich gerade durchmache“, begründete der Serbe seine Wahl.

Agassi hatte 1999 in Paris gewonnen, als kaum einer mehr mit ihm rechnete. Anschließend ging es mit der Karriere des US-Amerikaners wieder richtig bergauf, er holte noch vier weitere Grand- Slam-Titel. Auf eine ähnliche Trendwende hofft nun auch Djokovic, sie müsste allerdings schnell kommen. Schon im Viertelfinale könnte er auf Thiem treffen, danach steht womöglich im Halbfinale das Spiel des Turniers gegen Rafael Nadal an. Dass der sich im Duell mit dem Serben noch einmal so vorführen lässt wie vor zwei Jahren, erscheint derzeit nicht sehr wahrscheinlich. Denn Nadal auf Sand – das ist auch 2017 immer noch eine Naturgewalt.

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