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Zähne zeigen. Barças Luis Suarez schüchtert Juve vorab schon mal ein.
© REUTERS

Champions-League-Finale in Berlin: Die Nacht der spitzen Zähne

Dominik Bardow hat vor dem Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona an der Kabinentür von Juventus Turin gelauscht und herausgefunden, wie die Italiener sich vor Luis Suarez schützen wollen.

Freitagabend in Berlin, im Olympiastadion brennt noch Licht. In der Kabine von Juventus Turin kritzelt Trainer Massimiliano Allegri mehrere X und Pfeile auf eine Tafel. Er streicht drei X in einer Reihe durch und nickt zufrieden. Es klopft.

ALLEGRI: Si?

Giorgio Chiellini öffnet von außen die Tür.

ALLEGRI: Ah! Ciao Giorgio, komm herein. Ich feile gerade an unserer Taktik.

CHIELLINI: Trainer, ich fühle mich schlecht, weil ich morgen im Finale nicht spielen kann.

Der Verteidiger reibt an seiner Schulter.

ALLEGRI: Ja, schade. Wie geht’s der Wade?

Chiellini fasst sich schnell an den Unterschenkel.

CHIELLINI: Ja, genau, die Wade. Schlecht. Ich will da nichts riskieren, da könnten alte Wunden aufreißen.

ALLEGRI: Giorgio, was ist denn das da an deiner Schulter? Die zwei Punkte?

CHIELLINI: Ich weiß auch nicht. Ich muss vorhin eingeschlafen sein auf der Massagebank, gleich neben Barcelonas Kabine. Als ich aufgewacht bin, zwickte es am Hals. Gibt es Moskitos in Berlin?

Patrice Evra betritt die Kabine, in einem knallbunt gefleckten Batik-T-Shirt.

ALLEGRI: Patrice, was zum Teufel trägst du denn da?

EVRA: Ich habe nachgedacht, Trainer. Luis Suarez hat mich mal rassistisch beleidigt, ich ihn. Unser gestreiftes Trikot, das steht doch genau für dieses veraltete Schwarz-Weiß-Denken. Ich möchte im Spiel das Shirt hier tragen, ein Zeichen setzen für mehr Vielfalt. Unser alter französischer Nationaltrainer Raymond Domenech wird vor dem Spiel eine Erklärung verlesen, ich habe ihm einen Zettel geschrieben. Oh, hier hängt ja auch einer!

Der Franzose reißt einen Zettel von der Tür ab und reicht ihn dem Trainer. Er liest.

ALLEGRI: Sieht aus wie eine Speisekarte. Auf Spanisch, aber für ein italienisches Menü. Bonucci al dente, dazu ein Viertelliter Marchisio. Chiellini sei aus, steht hier.

CHIELLINI: Trainer, ich habe Angst.

ALLEGRI: Das sind nur Psychospielchen von Barcelona. Lasst euch nicht einschüchtern. Denkt daran, was wir trainiert haben. Wenn euch im Spiel ein Spanier zu Nahe kommt...

Allegri lässt sich theatralisch nach hinten sinken, den Handrücken an der Stirn.

EVRA: Ich weiß nicht, Trainer, ich bin vorhin an Barcelonas Kabine vorbeigekommen, die Tür zum Klo stand offen. Da stand Suarez und putzte sich die Zähne...

ALLEGRI: Ja, und?

EVRA: ... mit einer Feile!

Auf dem Flur ein rumpelndes Geräusch. Chiellini versteckt sich hinter der angelehnten Tür, der Trainer blickt heraus.

ALLEGRI: Stellt euch nicht so an. Das ist nur Messi, der mit dem Ball jongliert.

Das Licht fällt in der Kabine aus. Evra hält im Halbdunkel ein zerrissenes Kabel hoch.

EVRA: Jemand hat es durchgebissen!

Chiellini schreit und sprintet hinaus.

ALLEGRI: Von wegen, die Wade...

Gianluigi Buffon und Andrea Pirlo kommen plaudernd zur Tür herein.

PIRLO: Weißt du noch, Gigi, 2006?

BUFFON: Ah, Berlino... Warum ist denn hier das Licht aus, Trainer?

ALLEGRI: Suarez! Wenn das so weitergeht, zwickt allen meinen Spielern vor dem Anpfiff plötzlich die Wade...

BUFFON: Ich habe eine Idee. Wir brauchen einen Mentalcoach. Ich kenne da wen. Er zückt sein Handy. Ciao, Marco? Du bist in Berlin? Komm mal kurz ins Stadion.

ALLEGRI: Materazzi? Was soll der uns schon erzählen, was gegen Suarez hilft?

PIRLO: Er soll ja nicht mit uns reden, sondern mit Suarez. Hat bei Zidane geklappt.

Eine halbe Stunde später betritt Marco Materazzi die Turiner Kabine. In seiner Brust stecken 32 lose Zähne.

MATERAZZI: Ich habe mit Suarez gesprochen. Von dem habt ihr nichts mehr zu befürchten.

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